WAZblog Waz man seinen Lesern eigentlich nicht zumuten sollte …

31. Juli 2009

Erbitterte Optimisten verhageln Start in den Wahlkampf

Filed under: Allgemeines — Xanadu @ 20:12

Wer ist erbittert? Gegner, zum Beispiel. Oder Rivalen. Die kämpfen dann auch schon mal erbittert. Aber was nun wirklich überhaupt gar nicht mit „erbittert“ zusammenpasst, finden wir heute im Seite-2-Kommentar: „Wunder werden auch erbitterte Optimisten unter den Sozialdemokraten von dem ‚Team Steinmeier‘ nicht erwarten.“

Noch ein bisschen schlimmer wird’s im nebenstehenden Artikel: „Vor einem Jahr an einem anderen brandenburgischen Gewässer präsentierte Frank-Walter Steinmeier sich selbst als Kanzlerkandidat …“ Wann endlich wird man bei der WAZ anfangen, sich mit deutscher Deklination anzufreunden? Steinmeier präsentiert sich als wen? Als den Kandidaten, zum Teufel!
Und dass im nächsten Absatz „die Angelegenheit den Start in den Wahlkampf verhagelt“, will mir auch nicht recht einleuchten, da dies laut Redensart einzig der Petersilie vorbehalten ist. „Was hat dir denn die Petersilie verhagelt?“ fragt man, wenn man jemandem mit offensichtlich schlechter Laune begegnet. „Nein, nicht die Petersilie“, würde Steinmeier antworten, „mir ist nur ein Start verhagelt!“ Und man könnte antworten: „Mach dir nix draus, du kannst immer noch Kommentator bei der WAZ werden!“

Auf der Rhein-Ruhr-Seite „thronte Mark Spitz wie eine Gebirge der Selbstherrlichkeit auf seiner Leistung und verlor nie den Glauben an sich.“ Was nicht nur ein falsches grammatikalisches Geschlecht beinhaltet, sondern auch als Sprachbild äußerst gewagt ist.

Im Essener Lokalteil finden wir dann noch „die Textil-Warenkette ‚C&A'“, die ja eigentlich eine Warenhauskette ist, aber da wir erbitterte Optimisten sind, glauben wir fest daran, dass uns das nicht die Lektüre unserer Tageszeitung verhagelt und wir auch fürderhin wie ein Gebirge der … äh … Selbst … äh … herrlichkeit auf … äh … irgendwas sitzen werden. Jawoll!

30. Juli 2009

Ein Jahr WAZblog und Ulla Schmidt im Fuhrpark

Filed under: Allgemeines — Xanadu @ 18:26

Heute begehen wir ein kleines Jubiläum: Ein Jahr WAZblog. Am 30. Juli 2008 war es, als wir mit einem Artikel starteten, der sich über eine „Bewährungsstrafe … mit 5 Jahre“ lustig machte.

Und wie begeht die WAZ diesen Tag? Zum Beispiel mit einem Kommentar des Chefredakteurs, in dem wir solch blumige Sätze finden wie diesen hier: „Dass nun aber unentschlossene Wähler scharenweise loslaufen, um an den noch vergitterten Türen der Wahllokale zu rütteln, ist kaum zu erwarten.“ Hier ist nun einiges durcheinander geraten: Nur, weil Gerhard Schröder seinerzeit am Gitter des Kanzleramts gerüttelt hat, muss nun nicht jeder Wahlwillige ebenfalls an Gittern rütteln. Außerdem sind unsere Wahllokale gar nicht vergittert. Und die Türen schon gar nicht. Und selbst wenn: Warum „noch“? Werden die Gitter am Wahltag abgebaut? Und unentschlossene Wähler sind, wie der Name schon sagt: unentschlossen. Warum die loslaufen sollten, und gar scharenweise, um an Gittern zu rütteln, wüsste vermutlich nicht einmal der SPD-Kanzlerkandidat.
Da muss man doch davon ausgehen, dass sich der Chefschreiber anlässlich dieses Tages schon mindestens ein Gläschen gegönnt hat, oder?

Und wie der Herr, so’s Gescherr. Und schon geschehen (laut Politik-Seite) merkwürdige Dinge mit unserer Gesundheitsministerin: „Irgendwann in den nächsten Tagen wird der Wagen wohl wieder im Fuhrpark des Gesundheitsministeriums stehen. Zweifel, ob dies auch für Ulla Schmidt gelten würde, lösten sich erst am Abend auf.“ Demnach steht also Frau Schmidt im Fuhrpark, oder?

29. Juli 2009

Deutsch-Banker schlagen ins Kontor

Filed under: Allgemeines — Xanadu @ 20:15

Was sind Deutsch-Banker? Gibt es auch Englisch- oder Französisch-Banker? Kommt mir irgendwie spanisch vor. Vielleicht sollten wir den heutigen Aufmacher einmal lesen, dessen Headline lautet: „Deutsch-Banker können sich auf höheren Bonus freuen“. Und schon stellen wir fest, dass es sich da um Angestellte der Deutschen Bank handelt. Jetzt kann man ja der Deutschen Bank eine Menge vorwerfen, aber dass ihre Mitarbeiter „Deutsch-Banker“ sein sollen, das geht nun doch ein bisschen zu weit.

Mit allzu viel Genitiv kann man sich schon mal verheddern. Wie hier auf der Rhein-Ruhr-Seite: „Schon die Effektivität der normalen Grippe-Impfung sei medizinisch umstritten, zudem rufe sie schwere Nebenwirkungen bei unter Asthma oder Multipler Sklerose leidender Patienten hervor …“ So gehören wir zu den unter falschen Deklinationen leidenden Lesern.

Und der Konjunktiv ist auch nicht mehr, was er mal war: „Für sie ständen nicht der Preis, sondern der ‚Frischeaspekt‘ … im Vordergrund“, kann man auf der Seite „Wirtschaft & Verbraucher“ lesen. Und für uns Leser stünde die korrekte Form im Vordergrund.

Im Artikel am Fuß der Seite finden wir dann noch Folgendes: „Die norddeutsche Variante – zubereitet mit Majonäse oder Salatcreme – schlägt deutlicher ins Kontor.“ Wohin bitte schlägt die? Man kennt einen „Schlag ins Kontor“, das ist eine unangenehme Überraschung, aber dass Majonäse da irgendwo reinschlagen könnte, und dann auch noch deutlicher, ist ein bisher unbekanntes Phänomen.

28. Juli 2009

Aufstehen und das Ruder an sich reißen!

Filed under: Allgemeines — Xanadu @ 15:25

Im Seite-2-Kommentar schlägt der Chefredakteur wieder einmal zu und schreibt in Bezug auf Ulla Schmidts Dienstwagengeschichte, „dass fast alles, was schiefgeht, sowieso herauskommt“. Was ist das denn für eine Lebensweisheit? Dass alles schiefgeht, was schiefgehen kann, ist eines von Murphys Gesetzen. Dass es dann auch noch „herauskommt“, ist eine neue Ableitung.
Auch, dass „das Lebensgefühl mäandert zwischen Urlaub und Schweinegrippe“, wie man im nächsten Absatz lesen kann, ist eine eher überraschende Erkenntnis.

Zur Dienstwagenaffaire hat die Politik-Seite ebenfalls etwas beizusteuern. Hier erfahren wir, wie es zu dem Diebstahl kommen konnte: “ Weil es so heiß war, ließ der Fahrer eine Wohnungstür aufstehen.“ Die muss also vorher gelegen oder gesessen haben, ansonsten hätte er sie offen stehen lassen müssen.

Schön ist auch die heutige Kulturseite, wo „powackelnd einschlägige Verkehre simuliert“ werden und nicht zuletzt die Seite „Hören und Sehen“, wo „Kommunisten den Plan haben, das Ruder an sich zu reißen“.
Vermutlich wollten sie ans Ruder kommen, was ein bildlicher Ausdruck für „die Macht übernehmen“ ist, und wahrscheinlich hat aber vorher jemand das Ruder herumgerissen, um die diese Entwicklung zu stoppen.
Und das „trotz des Versuchs, alle
‚Jugendtrends sozialistische zu kanalisieren'“, wie es ein paar Zeilen später heißt.

Das lässt einem irgendwie die Augen und den Mund aufstehen …

27. Juli 2009

Tonart und Fehltritt

Filed under: Allgemeines — Xanadu @ 20:10

Immer mal wieder trifft man auf Formulierungen in der WAZ, die bei ersten Lesen nicht besonders auffallen. Aber dann merkt man, das da irgendwas nicht stimmt. Wie dies hier auf der 2: „Die in Umfragen stabil katastrophal zurückliegenden Sozialdemokraten wollen in Hannover auf einem Treffen mit allen Bundestagskandidaten und ab Mittwoch bei einer zweitägigen Klausurtagung bei Potsdam die Tonart für die heiße Wahlkampfphase anstimmen.“
Moment! Was wird hier angestimmt? Eine Tonart? Wie soll das gehen? Und plötzlich wird klar, das ist Quatsch. Eine Tonart kann man gar nicht anstimmen. Aber was macht man denn damit? Es gibt eine Redensart, wonach man doch, bitte schön, eine andere Tonart anschlagen möge. Und es gibt eine andere, wonach es keinen Sinn hat, Klagelieder anzustimmen. Nun kann man natürlich beides zusammen schmeißen und schon hat man mal wieder einen wunderschönen doppelten WAZberger, der eine Tonart anstimmt.

Eine Seite weiter begegnen wir einem weiteren Fehltritt. Normalerweise versteht man darunter zumindest einen Fauxpas, zumeist aber Fremdgehen. Nur ist das hier ausnahmsweise gar nicht gemeint: „Als Luca Toni vom Platz muss wegen wichtiger Termine und der Kaiser nach einem Fehltritt beim Aufwärmen humpelt …“
Und es gibt noch weitere Fehltritte sprachlicher Art: „Er sagte das auf Schalke, wo er außerdem erwähnte, dass der Fußball sonst ‚komplett humorfrei‘ sei, Samstag aber Spaß.“
Oder dies hier: „Und jetzt ist sie da gegen Oliver Pocher und seine Sportfreunde auf’m Platz, für van Gaal wohl weder wichtig noch witzig, der kennt ja nicht mal Elton!“ Toll, nicht? Sternstunden der deutschen Sprache!
Es geht noch besser: „Mario Basler im verzweifelten Bemühen, die Sache allein zu retten, der kleine Häßler, und Komödiant Cantz, der kann’s.“ Mario Basler ist also der kleine Häßler? Und Cantz, der kann’s! Haha!
Da möchte man doch eher die Tonart für die Fehltritte anstimmen!

25. Juli 2009

Zweimal Jenseits und zurück

Filed under: Allgemeines — Xanadu @ 19:11

Dass sich das Jenseits in der WAZ steigender Beliebtheit erfreut, durften wir schon mehrfach dokumentieren.
Heute haben wir es gleich doppelt, in beiden Kommentaren auf der Seite 2. Im oberen steht: „Doch jenseits des üblichen, reflexhaften politischen Gezänks um Rücktrittsforderungen …“
Und in dem darunter: „Prägend ist ein Menschenschlag, dem schon beim Aufstieg in den Parteigremien das Denken und Handeln jenseits des Mittelmaßes ausgetrieben wurde.“ Jenseits des Gezänks und jenseits des Mittelmaßes – wo mag das bloß sein?

Ein weiterer Ausdruck, der in letzter Zeit immer wieder gerne genommen wird, ist die „geordnete Insolvenz“. Die haben wir heute gleich dreimal. Einmal im Bericht über unseren smarten Wirtschaftsminister auf der Politik-Seite und dann noch zweimal auf der Wirtschaftsseite, in der Unterzeile und im Artikel: „FDP-Mann Pfeil für eine geordnete Insolvenz“. Leider hat uns noch keiner gesagt, was man sich darunter vorstellen darf und ob es vielleicht auch irgendwo die ungeordnete Insolvenz gibt. Möglicherweise im Jenseits.

24. Juli 2009

Auf der Erfolgspur (mit Schafkäse) extra verlieren

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 19:43

Extra. Das bedeutet in erster Linie: „besonders, außergewöhnlich, außerhalb“ und dergleichen. Was soll uns dann diese Headline von der Titelseite sagen: „Carstensen verliert extra“? Ok, ok, „extra“ kann auch die Bedeutung von „absichtlich“ annehmen, was hieße, dass er absichtlich verlor. Das allerdings funktioniert auch nicht, da man eine Wahl eben nicht absichtlich verlieren kann (sonst könnte man sie ja auch absichtlich gewinnen, das würde der SPD momentan ganz gut in den Kram passen). Auch dann nicht, wenn Journalisten nicht müde werden, das immer wieder zu behaupten, wie dann auch später auf der Politik-Seite: „Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) hat im Landtag gestern wunschgemäß per absichtlich verlorener Vertrauensfrage (37 Nein, 1 Ja, 28 Enthaltungen) die Voraussetzungen herbeistimmen lassen, um das Parlament aufzulösen.“ Jetzt sogar wunschgemäß per Absicht!

Nicht-wunschgemäß und eher unabsichtlich dürften jedoch die folgenden Missgeschicke auf der Rhein-Ruhr-Seite passiert sein. Im ersten Satz gibt es einen Kommafehler: „Nach dem Großbrand in einem Iserlohner Chemiewerk, (Komma falsch) sind die Flammen auf dem Unglücksgelände gestern erneut ausgebrochen.“
Danach einen Trennfehler: „… die Feuerwehrleute im Märk- (Trennung)
ischen Kreis …“
Ja, und dann folgt etwas, von dem man nicht weiß, ob es nur ein Tippfehler ist oder ob der Satz komplett in die Hose gegangen ist: „Das Gewerbegebiet im großräumig abgesperrt und teilweise evakuiert.“ Aber eigentlich will ich es gar nicht wissen.

Dafür wüsste ich gern, warum das „S“ immer mehr aus der Mode kommt. Hat es uns was getan? Ist es als Laut zu zischig? Gerade der Genitiv leidet darunter, insbesondere, wenn da schon irgendwo ein „S“ oder ähnlicher Zischlaut im Spiel ist: „Der Vorsitzende des Haushaltsauschuss“ wird z.B. gern gesagt und geschrieben, oder es heißt in einer idiotischen Werbung für ein Hygieneprodukt, es „begünstigt die Auflösung des Ohrenschmalz“. Ahrggg! In der Werbung gehen die Schafsköpfe – pardon: Schafköpfe – noch einen Schritt weiter und reden von „Schafkäse“ und „Schafmilch“. Kein Wunder, dass man heute auf der Wirtschaftsseite in einer Subline lesen muss: „Der Sauerländer brachte Porsche in die Erfolgspur.“ Wobei man sich außerdem noch darüber streiten könnte, ob er Porsche nicht eher auf die Erfolgsspur gebracht hat.

Ein doppelter Genitiv galt schon immer als schlechter Stil. Insofern haben wir dann auf der „Menschen“-Seite einen dreifachen Rittberger, der jeder DDR-Nachrichtensendung („Vorsitzender des Zentralkomitees der Soundso-Partei der DDR“) alle Ehre gemacht hätte: „… stellvertretender Leiter der IT-Abteilung der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Uni Münster“, so wird auf der „Menschen“-Seite der Vorsitzende der Piratenpartei vorgestellt.

23. Juli 2009

Erneuter Gefechtsnebel, diesmal umfeuert

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:10

Und weil es so schön war, gleich noch einmal: Der Gefechtsnebel ist wieder da. Heute legt er sich auf einen Bericht zum Koalitionsbruch im Norden (Seite 2): „Von Kritik derart umfeuert, bewegen sich Carstensens Hoffnungen auf eine schwarz-gelbe Mehrheit nach Neuwahlen momentan in dichtem Gefechtsnebel.“ Supiee! Was für eine klare und informative Aussage: Da sind zunächst die von Kritik umfeuerten Hoffnungen. Umfeuert? Was soll das denn sein? Aber selbige bewegen sich auch noch im Gefechtsnebel. Selbst, wenn keiner weiß, was das ist. Naja, es bleibt halt ein bisschen nebulös!

Im Kommentar nebenan wird darüber nachgedacht, „wie Obama dieses heiße Eisen managt …“ Verständlich, da heiße Eisen allenfalls angepackt werden, wenn es nach der Redensart geht. Doch vielleicht ist das ja nicht innovativ genug für eine moderne Tageszeitung. Also: Wir müssen die heißen Eisen endlich … hm … managen!

Auf der Rhein-Ruhr-Seite „sind 9000 in Kurzarbeit“, auf der Sportseite ist ein Komma zu viel: „Nach dem Fischzug bei den Olympischen Spielen in Peking, (Komma falsch) wirft sie das Netz in Rom aus …“

Beides will ich nicht weiter kommentieren, denn ein Satz im Wirtschaftsseiten-Kommentar bringt mich ins Grübeln: „Der Einwand aus Union und FDP, jede Steuererhöhung sei Gift, ist eine denkbar reflexhafte Plattitüde.“ Nun frage ich mich: Was ist diese Plattitüde? Denkbar reflexhaft, im Sinne von: „denkbar schlecht“? Also: Reflexhafter geht es nicht? Aber dann: Was ist reflexhaft und was ist die Steigerung davon, die man nicht erreichen kann? Wenn man einem Reflex folgt, kann es noch reflexhaftere Reaktionen geben? Also denkbar reflexhaftere?
Oder war es nur ein Tippfehler und es ist eine denkbare reflexhafte Plattitüde? Aber wieso dann reflexhaft? Und gibt es noch andere reflexhafte Plattitüden, wenn das eine davon ist? Welche könnten das sein?
„Meine Sorgen möcht’ ich haben“, hat schon Tucholsky gesagt. Ich eigentlich nicht, damit sich meine umfeuerten Hoffnungen nicht im Gefechtsnebel bewegen, bevor alle heißen Eisen gemanagt sind.

22. Juli 2009

Gefechtsnebel ist nur eine Option

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 18:41

Undurchsichtiges heute im Seite-2-Kommentar: „Wenn der Gefechtsnebel sich legt, der den Bruch der Koalition und die Entlassung der SPD-Minister umhüllt …“
Hier ist mal wieder einiges durcheinander geraten: Normalerweise umhüllt Nebel nicht, sondern er verhüllt. Außerdem lichtet er sich später und legt sich nicht. Was sich wiederum gerne legt, das ist der Pulverdampf, der in diesem Fall als Sprachbild auch angebracht gewesen wäre, denn was Gefechtsnebel ist, weiß sowieso niemand. „Gefechtslärm“ hätten wir da noch anzubieten und die Tatsache, das möglicherweise etwas vernebelt werden soll. Nun gut, wenn man das alles zusammen mixt, dann kann daraus vielleicht ein sich legender Gefechtsnebel werden.

Im Kommentar zur Rentendiskussion müssen wir Formulierungen hinnehmen wie: „Die Zukunft der gesetzlichen Rente gehört eindeutig nicht zum Kerngeschäft der Bundesbank.“ Ich wüsste nicht, dass die die Zukunft von irgendwas je zum Kern- oder auch sonstigen Geschäft von irgend jemandem gehört hätte.
Oder solche: „Dennoch trägt die einhellige Empörung von Politik, Gewerkschaften und Verbänden Züge von Heuchelei“ Wie soll das gehen? Was sind Züge von Heuchelei und wie kann die Empörung derlei tragen?
Auch „dass den Jungen Überforderungen drohen“, mag man in diesem Zusammenhang nicht recht glauben, da solche selten etwas mit finanziellen Forderungen zu tun haben. Ich bin z.B. oft überfordert, wenn ich angesichts solcher Schreibereien ruhig bleiben soll.
So geht es mir dann auch, wenn Peer Steinbrück „… die Rentengarantie seines Ministerkollegen Olaf Scholz als ‚grenzwertig‘ bezeichnet“.
Was ist heutzutage nicht alles „grenzwertig“! Und was soll das eigentlich sein? Für die Luft oder Nahrungsmittel werden für bestimmte Giftstoffe Grenzwerte bestimmt. Was über diesen Werten liegt, gilt als gefährlich. Und was knapp darunter ist, ist dann grenzwertig? „Wir haben eine ganz schön grenzwertige Luft heute“, sagt der Umweltschützer, wenn er die Staubbelastung gemessen hat. Oder wie?
Was der Duden dazu sagt: „… gerade noch im Bereich des Positiven, Erträglichen o. Ä. liegend“, klingt recht einleuchtend, macht es aber nicht besser. Für mich bleibt der Gebrauch dieses Wortes weiterhin … äh … grenzwertig!
Nach diesem ganzen Zeugs tut der kleine Rechtschreibfehler am Ende des Artikels fast schon gut: „Die Angst der Politik hat etwas würdeloses …“, was man hätte groß schreiben müssen, da es sich um eine Substantivierung handelt.

Fast etwas Würdevolles hat dagegen der Opel-Interessent RHJ, der laut Wirtschaftsseite „garantiert, dass keine Rückkaufoption mit GM vereinbart ist, sondern dies nur eine Option sei.“ Janee, iss klar!

Und schließlich versucht man noch auf der Politik-Seite, „Worms’ Zurückhaltung und Bescheidenheit ins richtige Licht zu rücken.“ Nur geht das leider nicht, da es auch kein falsches Licht gibt. Man versucht, jemanden oder etwas ins rechte Licht zu rücken, damit es besser dargestellt und gesehen werden kann.
Oder damit es nicht im Gefechtsnebel umhüllt und damit zur grenzwertigen Option wird.

21. Juli 2009

Jetzt können wir auch Bären

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:11

Wenn irgendein WAZ-Autor Unsinn verzapft, kann man sicher sein, dass es ihm bald darauf ein anderer nachtun wird. So war es auch nur eine Frage der Zeit, dass diese merkwürdige Ausrufungszeichen-Komma-Kombination, die wir nun schon mehrfach in Reportagen erleiden mussten, nun auch anderswo auftaucht. So steht heute im Seite-2-Kommentar: „Peter Harry Carstensen macht es wie Gerhard Schröder 2005. Er stellt im Parlament eine Vertrauensfrage. Und hofft, Achtung!, sie zu verlieren.“ Anstatt dass mal jemand die Kollegin von der Reportage darauf angesprochen hätte, auf diese schräge Interpunktion zu verzichten, wird ’s auch noch nachgemacht. Nach dem Motto: „Wenn wir’s schon mal so gedruckt haben, dann wird es schon richtig sein!
Es folgt eine „Hintertürchen-Masche im parlamentarischen Räderwerk“, und das ist eine Formulierung, bei der zwar nichts zusammenpasst, die wir aber demnächst vermutlich auch wieder an anderer Stelle werden lesen müssen.

Auf der Rhein-Ruhr-Seite wurde eine „Infektion … positiv bestätigt“, und das ist natürlich besser, als wenn sie negativ bestätigt worden wäre. Anschließend noch ein kleiner Komma-Fehler: „Sechs Wittener … haben sich vermutlich in Lloret de Mar an der Costa Brava, (Komma überflüssig) angesteckt.“

Nach dem Umblättern zur Politik-Seite kann man den bemerkenswerten Satz lesen: „Dass eine so ehrbare Tradition immer wieder mit Störmanövern überzogen wird, ist absurd und so nur in Deutschland möglich, wo die gleichgültige bis moralinsaure Distanz zur Armee tief verwurzelt ist.“ Tja, es ist ja wirklich nicht ganz einfach, eine Tradition mit Störmanövern zu überziehen. Eher wäre denkbar, dass eine Traditionsveranstaltung von Störmanövern begleitet wird, aber hier will ich dem Autor nicht reinreden. Dafür möchte ich aber wissen, was eine gleichgültige Distanz von einer normalen Distanz unterscheidet, von der moralinsauren ganz zu schweigen.

Die Krone – im wahrsten Sinn des Wortes – setzt dem Ganzen heute aber ein Zahnarzt auf, über den auf der Gesellschaftsseite berichtet wird: „Denn der Dentist hat ja eigentlich Menschen gelernt …“ Mann-O-Mann, wo soll diese Art des Schreibens noch hinführen? Geradewegs hierhin: „… riesige Fangzähne im aufgerissenen Löwenmaul und hinten noch mehr Hauer, mit denen die Raubkatze ‚Gulasch macht‘, sagt Loose. Der mittlerweile auch Bären kann.“ Und ich kann Journalisten. Und zwar hassen oder am liebsten mit dem Setzkasten erschlagen, wenn sie einen derartigen Stuss schreiben. Ist es nicht schlimm genug, dass jemand „nur Qualität kann“? Oder gar „Kanzler“? Das hier ist noch einen Umdrehung mehr. Der Arzt kann mittlerweile auch Bären behandeln! Was ist so toll daran, ein Hilfsverb zum Verb hoch zu stilisieren?
Am Ende des Artikels dann das totale Chaos: „Kaputte Zähne hat er gesehen, von Zuckerwasser ausgetrocknet, das Tanzbären tranken, hat ganze Löcher im Kiefer plastisch verfüllt, von Eisenringen gerissen. In Afrika behandelte er eine Löwin mit spitzen Eckzähnen: abgefressen vom Hunger bis fast auf den Nerv.“ Was ist dem armen Doktor demnach so alles passiert: Erst wurde er vom Zuckerwasser ausgetrocknet, dann wurde er von Eisenringen gerissen und zu guter Letzt noch abgefressen bis auf den Nerv.
Da möchte man wirklich kein Zahnarzt sein, der Menschen gelernt hat und nun auch Bären kann. Da sehe ich zu, dass ich eine moralinsauere Distanz dazu kriege und suche mir eine Hintertürchen-Masche im Räderwerk aus. Und hoffe, dass ich nicht von Störmanövern überzogen werde.

20. Juli 2009

Unerwarteter Abgang droht zu erschüttern

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 19:45

Ist das nicht schön? Heute haben wir alle einen Abgang! Und zwar schon auf der Titelseite: „Bei Arcandor traf sich nach dem unerwarteten Abgang des Sanierers Horst Piepenburg der Gläubigerausschuss, hieß es im Konzernumfeld.“

Nun, wir wollen nicht weiter auf die Gründe des vorzeitigen Abgangs eingehen und uns lieber mit der nächsten Idiotie beschäftigen. Die folgt bereits nach dem Umblättern, denn: „das gesamte Gesellschaftssystem droht zu erschüttern …“ So zumindest werden dort die 7 Mitgliedsstädte der „Arbeitsgemeinschaft Bergisch Land“ zitiert. Es wird allerdings nicht geklärt, wen das Gesellschaftssystem erschüttern wird. War vielleicht gemeint, das das Gesellschaftssystem selbst erschüttert werden könnte? Dafür gibt es im Deutschen eine eigene Form: Das Passiv. Und wenn es angebracht ist, sollte man sie auch benutzen, um Missverständnisse zu vermeiden.
Darum gibt es wohl auch „für den aktuellen und parteiübergreifenden Alarmismus gibt es tatsächlich reichlich Anlass“. Das finde ich auch, selbst wenn mir diese Wort neu ist.
Auf jeden Fall ist mein Sprachgefühl hochgradig alarmiert, wenn ich am Ende des Artikels lesen muss: „Schließlich sei die ‚Explosion der sozialen Kosten eindeutige das gravierendste Problem‘ – etwa der Anstieg der Hartz-IV-Kosten, auf die allein die Kommunen sitzen bleiben …“
Denn dann bleibe ich auf die ganzen Fehler sitzen und drohe total zu erschüttern.

18. Juli 2009

Natürlich ist draußen besser

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 17:00

So steht es heute auf der Rhein-Ruhr-Seite, und sogar zweimal: In der Zwischenüberschrift und auch später im Text, als Zitat einer Erzieherin. Und dann ist das Ganze auch als Brief an die Kinder abgefasst. Und was lernen sie so? Falsches Deutsch! Denn entweder ist es draußen besser, oder es handelt sich um eine Substantivierung und dann ist Draußen besser. Natürlich.

17. Juli 2009

Komasaufen als Unterrichtsfach und Zahlen über den Grat im Graben

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 18:09

Darauf hat die Welt gewartet: „Komasaufen soll Thema im Unterricht werden“. So heißt es zumindest in einer Headline auf der Titelseite. Auch wenn am Ende des Artikels ein Verbandsfunktionär mit den Worten zitiert wird: „Wir brauchen nicht für jedes gesellschaftliche Problem ein neues Unterrichtsfach“, stellt sich doch die Frage: Warum eigentlich nicht? In diesem Sinne: Prost!

Zumal auch die folgende Formulierung auf der Rhein-Ruhr-Seite nur unter Alkoholeinfluss entstanden sein kann: „Auf einigen dieser Autos liegt wiederum eine Schicht von Staub, die es nicht lohnen würde, täglich zu entfernen.“ Denn tatsächlich geht es ja um eine Staubschicht, bei der sich eine tägliche Entfernung nicht lohnen würde. So einfach könnte das sein. Und das Beste: Man muss sich nur an die Regeln des Satzbaus halten!

Aber selbst dann kann noch einiges schief gehen: „Auf einem schmalen Grat zu wandern, erfordert besonders viel Geschick, wenn man sich zwischen zwei Parteigräben bewegt und politischen Wurfgeschossen von beiden Seiten ausgesetzt ist.“ Diese mehr als blumige Formulierung finden wir auf der Politik-Seite. Zwischen zwei Parteigräben auf schmalem Grat wandern, das ist schon eine Herausforderung! Zumal man schon gar nicht weiß, was das überhaupt ist, ein Parteigraben. Ist das eine Art Schützengraben? Und dann sind zwei davon so eng nebeneinander, dass nur noch ein schmaler Grat dazwischen stehen bleibt? Könnte schon sein. Aber dann darauf wandern, wie muss man sich das vorstellen? Hinzu kommen noch die politischen Wurfgeschosse, und die auch noch von beiden Seiten.
Kaum haben wir diesen Einstieg überstanden, müssen wir dies lesen: „Seine Erfahrungen im Gratwandern wird Steg mutmaßlich gebrauchen können, wenn er in den Parteigraben der SPD steigt.“ Was als Bild auch ein bisschen schwer rüber kommt, weil man beim Herabsteigen in einen Graben selten auf einem Grat wandert. Und noch immer ist ungeklärt, was eigentlich ein Parteigraben ist.
Es sollte uns nicht weiter belasten, denn „umso erleichterter ist die SPD, den Strategen fest auf ihrer Seite zu wissen, in ihrem Graben also. In diesem gilt es für Steg zunächst ebenfalls, einen Grat zu bewandern.“ Jetzt ist der Parteigraben auf einen einfachen Graben geschrumpft, dort drin befindet sich aber immer noch ein Grat, und diesmal muss Herr Steg nicht nur auf ihm wandern, er soll ihn stattdessen bewandern! Damit er vielleicht im Gratwandern bewandert ist?
Da wundert es nicht, dass „Steg gern mit einem neutralen Kopfnicken bei gefalteter Stirn“ reagiert. Es wundert höchstens, dass es keine gerunzelte Stirn ist, weil es etwas schwierig ist, eine Stirn zu falten, selbst wenn man sie in Falten legen kann.

Damit könnte man eigentlich zum Ende kommen, aber wir haben noch etwas über: „Zahlen über wirklich exzessiven Alkoholmissbrauch“ im Seite-2-Kommentar. Die Universalpräposition schlägt wieder zu. Zahlen über etwas gibt es nicht. Vielleicht gibt es welche zu einem Thema.

Aber bevor Sie mit gefalteter Stirn reagieren, denken Sie daran, welch schmalen Grat wir hier bei exzessiven Alkoholmissbrauch bewandern mussten, den es nicht lohnen würde, täglich zu entfernen.

16. Juli 2009

Der Kapitalismus enthauptet sich und Niki Lauda gibt sich selbst das Fläschchen nebst Windel

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:21

„Es ist viel geschrieben worden“, liest man heute im Seite-2-Kommentar, „über die Krise der Marktwirtschaft, über den Kapitalismus, sich angesichts von Gier und menschlichen Entartungen selbst enthauptet.“
Sich selbst enthaupten, das ist schon mal schwierig. Wenn man es genau überlegt, so hat es noch keinen Selbstmörder gegeben, dem das je gelungen ist. Man müsste sich dazu ja auch selbst auf den Richtblock legen und sich an schließend mit dem Beil den Kopf abschlagen. Reife Leistung.
Aber warum sollte der Kapitalismus, selbst wenn er dieses Kunststück beherrschte, es ausgerechnet angesichts von Gier und menschlichen Entartungen tun? Das werden wir, fürchte ich, auch wieder nicht klären können.
Ein paar Zeilen tiefer geschieht ebenfalls Merkwürdiges: „Arbeit wandert aus.“ Ah, ja! Und wenn die „die, die jahrzehntelang arbeiten … allzu schnell in Abhängigkeit fallen“, dann fragt man sich ebenfalls, wie das wohl funktionieren soll.

Auf der Wirtschaftsseite wird dann dem Chef von Trigema Unrecht getan. Aber wirklich! „Der Mann, dessen drahtiger Körper vom maßgeschneiderten Anzug eingeschlossen wirkt wie von einer Rüstung, ist ein Kontrollfreak. Aber auch ein Patriarch (hier fehlt das Komma!) wie es nur wenige noch gibt.
Der uns empfängt, ist tatsächlich dieser Affe.“ Das ist gemein! Das hat der Firmenchef nun wirklich nicht verdient!
Selbst dann nicht, wenn der gegen Ende des Artikels sagt: „Wir können Qualität“ – und damit eine Sprachmode mitmacht, die außerordentlich ärgerlich ist. „Können“ ist ein Modalverb, es hilft einem anderen Verb, sich darzustellen. „Wir können Qualität herstellen„, müsste es daher heißen. Oder, was ich auch noch zulassen würde: „Wir können kein Deutsch.“

Auf der „Menschen“-Seite schließlich müssen wir über Niki Lauda lesen, „dass er sich künftig auch Fläschchen geben und Windeln wechseln werde“. Ja, ist es denn schon so weit mit ihm gekommen? Nun gut, dass er sich hin und wieder ein Fläschchen reinzieht, das wollen wir ihm nachsehen, denn das tun offenbar viele WAZ-Redakteure auch. Aber dass er sich auch die Windeln wechseln will, das musste man uns nun wirklich nicht zumuten!
Aber bevor wir uns enthaupten, geben wir uns lieber das Fläschchen, um das alles zu ertragen. Und Gott sei dank gibt es ja auch inzwischen die 4-Liter-Windel.

15. Juli 2009

Frischgebackene Frau manipuliert den Geldautomat

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:59

Wenn jemand „frischgebacken“ ist, dann ist er neu in einer bestimmten Funktion oder Rolle. So kennen wir den frischgebackenen Vorsitzenden, die frischgebackenen Weltmeister oder die frischgebackene Ehefrau. Nur das hier, auf der heutigen Gesellschafts-Seite, ist ein bisschen ungewohnt: „Ein 23-jähriger Türke hat seine frischgebackene Frau einen Tag vor der geplanten Hochzeitsfeier beim Firsör sitzen gelassen.“ Wie kann man frischgebackene Frau werden? Am wahrscheinlichsten durch eine Geschlechtsumwandlung.

Für die totalen Ohrenschmerzen sorgt aber heute eine Headline auf der Rhein-Ruhr-Seite: „Betrüger manipulieren Geldautomat“. Dabei wissen sie’s doch besser! Im Artikel selbst steht, dass die Betrüger „mit Hilfe eines manipulieren Geldautomaten“ das Geld erbeutet haben. Und ein paar Zeilen weiter steht, dass die Täter „ein Aufsatzgerät an einem Automaten“ angebracht hatten. Müssen wir’s noch mal üben? Der Automat, des Automaten, dem Automaten, den Automaten! Und um welchen Fall handelte es sich? Richtig! Um der Akkusativ! Und darum auch um der Automat. (Aaaahhhrrgg!)

14. Juli 2009

Wie wäre es denn mal mit dem Konjunktiv?

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 19:31

Eigentlich gar nicht so schwer. So steht heute auf der Titelseite: „Unternehmen könnten durch eine Nennung einen unverhältnismäßig großen wirtschaftlichen Schaden erleiden oder ‚Betriebsgeheimnisse‘ veröffentlicht werden.“ Nur der Satzbau geht hier daneben: Denn das Subjekt des Satzes ist „Unternehmen“. Und so könnten die Unternehmen – gemäß dieser Formulierung – Betriebsgeheimnisse veröffentlicht werden. Und das ist natürlich ziemlicher Humbug.

So richtig schief geht’s mit dem Konjunktiv dann allerdings auf der Seite „Hören und Sehen“: „Was wäre, wenn die weltweite Energieversorgung nach einem Terroranschlag auf die wichtigsten Öl-Raffinerien zusammenbräche, wenn in Deutschland die Rechten erstarken und die Linken sich abspalten, wenn Bürgerkrieg droht?
Und dabei hatte es noch so gut angefangen! Hier hätte man nur weitermachen müssen: Wenn die Energieversorgung zusammenbräche, wenn die Rechten erstarkten, die Linken sich abspalteten und wenn Bürgerkrieg drohte.
Ja, so einfach wäre es gewesen. Wäre! Im Konjunktiv.

13. Juli 2009

Gänsefüßchen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:30

Wörtliche Rede, Zitate und dergleichen werden normalerweise mit Anführungszeichen, auch „Gänsefüßchen“ genannt, gekennzeichnet. Wenn man aber tolle Reportagen schreibt und sich atemlos durch den Text hechelt, kann man sich nicht um alles kümmern. Und dann können die Strichelchen schon mal auf der Strecke bleiben. So auch heute wieder einmal auf der Rhein-Ruhr-Seite. Es ist ein bisschen schwierig, das hier im Blog darzustellen, darum werden hier nun keine zusätzlichen Zitat-Anführungszeichen gesetzt, sondern nur die, die im Original vorhanden waren – oder eben auch nicht, was die ganze Geschichte eben so verwirrend macht:

Was willst du von mir„, herrschte er seine Frau an, wenn sie wagte zu sagen: Du bist krank. „Ich mach doch alles!“ Er ging sogar arbeiten, meistens jedenfalls, und wenn nicht, ließ er die Gattin anrufen: Mein Mann fühlt sich nicht wohl.“ Feige, sagt er, feige seien Leute wie er auch noch.
Nur zu sich selbst hat er zuweilen gesagt: Vielleicht ist es etwas viel, aber er hatte ja keine Beschwerden. Solange er genug Stoff hatte, um zu funktionieren„. Alkoholismus, sagt Heinz, ist eine Krankheit, die sich selbst verleugnet und alles andere auch, und so hat er die Augen davor verschlossen, dass sie auch eine Familienkrankheit ist: Die Anderen litten mit.

Soweit also die zitierten Zitate. Aber wer hat da eigentlich was gesagt und was wurde im Artikel als wörtliche Rede zitiert und was nicht? Das Doofste hier ist noch, dass der Heinz wohl zu sich selbst gesagt hat: „Vielleicht ist es etwas viel, aber er hatte ja keine Beschwerden.“
Kaum zu glauben, aber es geht noch doofer: „Zehn Tage Entgiftung und viele eindringliche Sätze seines Arztes, der an den Großvater appellierte: ‚Das hat wehgetan.'“ An den Großvater von Heinz? Und wer hat gesagt, dass es weh getan habe, der Arzt?

11. Juli 2009

Felsklüfte

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:13

Wir kennen die Kluft zwischen Arm und Reich. Und auch eine Kluft im Sinne von „Felsspalte“ oder „Schlucht“ ist nicht unbekannt. Aber nun wird’s schwierig. Denn heute lesen wir auf der Rhein-Ruhr-Seite in einem Bericht über einen Erdeinbruch: „Da waren vielleicht Sand und Felsklüfte darunter …“ und sind verwirrt. Was mag das nur sein? Sand und mehrere Felsspalten? Oder Sand mit vielen Schluchten? Wie passt das nur zusammen?

Auch ein paar Absätze vorher passt etwas nicht zusammen: „Ein Tagesbruch!, wird schon in der Nacht aufgeregt gemeldet …“ Das ist wieder einmal die kreative Zeichensetzung , die wir schon einmal hatten: Ausrufungszeichen Komma, das mag innovativ sein, passt aber einfach nicht zusammen, und wenn es noch so oft wiederholt wird.

10. Juli 2009

Brutalstbeste Proliferanten sollten den kühlen Kopf nicht verlieren

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 18:49

Schon auf der Titelseite, im Kommentar, haben wir es mit einer merkwürdigen Person zu tun, denn „… der Favorit ist keinesfalls ein weißer Ritter, sondern eher ein undurchsichtiges Konglomerat, das den Opelanern nichts schenken wird.“ Hm, na ja, wer will auch schon, dass ein weißer Ritter durch ein Konglomerat ersetzt wird?

Besser wird es aber auf der 2, denn hier erzählt uns Friedrich Merz (CDU) über sein Verhältnis zu Kanzlerin: „Wir haben nur wenige Sätze zusammen gesprochen.“ Da er wohl kaum im Sprechchor mit ihr aufgetreten ist, sollte man davon ausgehen, dass er und sie nur wenige Sätze miteinander gesprochen hätten. Und so jemand ist, wie man im nächsten Absatz lesen darf: „mehrfacher Rhetorikpreisträger“! Wie wird man so was? In dem man „guten Tag, Frau Bundeskanzlerin“ fehlerfrei aufsagen kann?

Eine Seite weiter haben wir dann „die brutalstbeste Steilvorlage für Globalisierungskritiker.“ Oh, Koch, was hast du uns mit der brutalstmöglichen Aufklärung nur angetan? Warum müssen wir nun dauernd irgend einen brutalstmöglichen Blödsinn lesen?
Gegen Ende des Artikels finden wir dann diese komischen Lieferanten, aber ohne „ie“. Hier lesen wir: „… die G 8-Gipfel sind ebenfalls zuverlässige Proliferanten.“ Merkwürdige Typen. Das Problem ist: Die gibt’s gar nicht. Weder im Duden noch sonstwo. Einzig eine „Proliferation“ ist bekannt.

In der „Verlagssonderveröffentlichung“ haben wir dann noch eine schöne Unterzeile: „Den ganzen Vormittag nichts oder nur wenig trinken – das keine Ausnahme“.

Und den ganzen Tag nichts oder nur wenig Sinnvolles zu Papier bringen – das ebenfalls keine Ausnahme!

9. Juli 2009

Chome und Autragsvergaben in harten Zahlen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:53

Man kennt harte Fakten. Dass sich „diese Entwicklung in harten Zahlen bemerkbar“ macht, wie heute auf der „Rhein-Ruhr“-Seite zu lesen ist, ist eher ungewöhnlich. Zumal man ja auch von weichen Zahlen noch nicht so oft gehört hat.
Im nächsten Absatz geschieht dann noch Ungewöhnlicheres. Denn dort werden Jugendliche „immer jünger, immer öfter und – wenn sie älter sind – auch immer weiter.“ Kann mir das mal jemand erklären? Vor allem bitte, wie die Jugendlichen, die immer jünger werden, immer weiter werden, wenn sie älter sind?

Auf der Wirtschaftsseite erfahren wir von dem neuen Betriebssystem „Chrome OS“, das Google auf den Markt bringen will. Man wundert sich nur, dass es im Kommentar dann plötzlich umbenannt wird: „Chome OS muss erst mal beweisen, ob es wirklich so einfach läuft, (Komma überflüssig) wie angekündigt.

Kein Grund, ins Choma oder Komma zu fallen (wenn ich hier mal ein bisschen kalauern darf), „angesichts der Autragsvergaben an Konkurrenten …“, wie man im Lokalteil lesen darf.

8. Juli 2009

Der Popkönig

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:37

Man kann ja über Michael Jackson durchaus geteilter Meinung sein. Aber aus dem „King of Pop“ einen „Popkönig“ zu machen, wie das die WAZ heute in schreiend großer Headline auf der “Rhein-Ruhr”-Seite tut, nein, das geht nun wirklich ein bisschen zu weit.
Noch zuweiter, wenn man das mal so sagen darf, geht der Verzicht auf das Genitiv-S beim Zitat von Liz Taylor: „Ich kann nicht Teil dieses Tamtam sein.“ Dieses Tamtams!!!

Darüber könnte man fast vergessen, dass auf der Titelseite eine merkwürdige Aufforderung steht: „Matsch Spaß“! Wie soll ich Spaß matschen? Oder sollte etwa „Matsch-Spaß“ gemeint sein? Dann hätte man aber eben auch einen Bindestrich setzen müssen und kein Deppenleerzeichen.

7. Juli 2009

CD passt, keine Hitsammlung

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 19:00

Titelseite und Seite 2 ist heute voll von der „Super Nanny“, obwohl es doch die „Super-Nanny“ ist, wie es dann plötzlich in einem anderen Artikel auf der Seite auch tatsächlich geschrieben steht. (Weiteres zu dem Thema der verlorenen Bindestriche hier.)

Und auf der „Rhein-Ruhr“-Seite haben wir es wieder mit dem atemlosen angeblichen Reportage-Stil zu tun: „Michael dagegen, wie oft hat der geweint auf der Bühne!, erinnert sich Monika, nun weinen seine Fans, und sie singen seine Lieder, jeden Abend in Köln“, wobei auch hier die besonders kreative Zeichensetzung zu beachten ist: Ausrufungszeichen Komma, das ist wirklich innovativ!
Zwei Absätze weiter wird es noch schlimmer: „Auch in Köln kommen sie ja jeden Abend mit den kleinen Plastiktütchen, in die genau eine CD passt, keine Hitsammlung, die sie am Dom nicht spielen.“ In die Plastiktütchen passt eine CD und keine Hitsammlung. Ach nee, das war ja ganz anders gemeint. Warum kann man da nicht einfach zwei Sätze draus machen? Sind zwei Sätze weniger Reportage?

6. Juli 2009

Das Schiff gegen die Wand fahren

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:08

Wasser hat ja bekanntlich keine Balken. Oder doch? Zumindest Wände, wenn man unserem Bundespräsidenten folgt. Der erklärt heute auf der Seite 1, „die Banken und Manager hätten ‚Schiff gegen die Wand gefahren‘ und von den Notenbanken viel Geld erhalten.“ Bekanntermaßen kann man unserem Bundesköhler nicht vorwerfen, ein besonders guter Redner zu sein. Aber dass man den Karren an die Wand fährt und das sinkende Schiff verlässt, das hätte er doch so gerade noch hinkriegen können, oder?

Auf der Politik-Seite wird heute geheiratet, und zwar „… unmittelbar vor der Hochzeit des Bundestagswahlkampfes.“ Aber wer sind die Glücklichen? Vielleicht waren die auf dem Schiff, das gegen die Wand gefahren ist …

4. Juli 2009

Des Blutdopings überfährt

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:16

Eine etwas rätselhafte Äußerung tut heute auf der Wirtschaftsseite ein Beauftragter des Karstadt-Insolvenzverwalters: „Das Unternehmen hat sich toll geschlagen und verhindern können, dass man trotz der Insolvenz in die roten Zahlen gerutscht ist.“ Versteh ich nicht. Ich dachte immer, eine Insolvenz muss angemeldet werden, eben wenn man in die roten Zahlen gerutscht ist. Wie soll man also verhindern, dass man trotz Insolvenz in rote Zahlen rutscht? Das hieße ja anders herum, dass man ohne Insolvenz zwangsläufig in rote Zahlen rutscht bzw. dass die Insolvenz ein Super-Mittel ist, um einen vor roten Zahlen zu bewahren, man aber trotzdem in rote Zahlen rutschen kann, wenn man nicht irgend etwas ganz Tolles unternimmt, um das zu verhindern. Mir schwirrt der Kopf, das ist mir zu viel Negatives. Minus mal Minus gibt Plus, aber noch mal Minus offenbar rote Zahlen.

Dafür wird es dann auf der Sportseite umso klarer: „Deutschlands erfolgreichste Winter-Olympionikin des Blutdopings überfährt.“ Und das noch in einer Headline.

Und auf der „Menschen“-Seite fährt – pardon: führt – das von mir schon vor ein paar Tagen beklagte atemlose Aufzählen zu wunderschönen Beziehungsfehlern: „Die kleine Sonnenuhr da vorn, zwischen Brunnen und Bienenhotel: Sie geht eine Stunde vor, überhaupt rast ja die Zeit in so einem Garten, eben blühte noch die Rose an der Pergola in sieben Farben, die Beeren sind reif, so viel Salat haben sie noch nie gegessen, und nun sind schon wieder drei Lilien verwelkt …“ Demnach habe sich die Beeren von Salat ernährt, wirklich ein interessanter Garten!
Auch im nächsten Absatz geht es schief: “ … aber so sind sie, die Gärtner. Lieben die Blumen, machen sie wachsen, stellen dann tönerne Täfelchen dazwischen: ‚Gärtnern ist die einzige Philosophie, von der man satt wird.‘ Müde auch, aber was kümmert’s die Deutschen bei ihrem liebsten Hobby, nach dem Auto vielleicht.“ Ja, was kümmert’s uns nach dem Auto vielleicht?
Hauptsache, wir werden nicht überfahren, ob des Blutdopings oder des Salats, wenn der mal wieder die Beeren gefressen hat. Oder war’s andersherum?

3. Juli 2009

Gezielt

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:21

… und doch ganz schön daneben sind die heutigen Formulierungen in der WAZ. Es beginnt mit dem Seite-2-Kommentar: „Gezielter Terror“, lautet die Überschrift. Da wüsste man gern, was ungezielter Terror ist.
Und im Text heißt es dann: „Islamistische Terroristen verfolgen die politischen Debatten in Deutschland und versuchen gezielt, die Bevölkerung zu verunsichern.“ Auch das ist ungezielt schwer vorstellbar: Wir versuchen völlig ungezielt, unsere Leser mit unreflektiertem Gewäsch abzuspeisen.

Ich fand ja schon immer diese Apothekenwerbung total idiotisch, die uns auffordert, „gezielt“ nach der „Apotheken-Umschau“ zu fragen. Der Artikel nebenan kann das noch toppen: „Um die gezielte Vermeidung des Wortes „Krieg” kreisen inzwischen auch Diskussionen über die mangelhafte Ausstattung der deutschen Soldaten.“ Jetzt kann man nicht nur gezielt fragen, sondern auch noch gezielt vermeiden. Und die Diskussion kreist drum herum.

Da müssen wir sofort ungezielt vermeiden, auf eine fast ebenso daneben liegende Formulierung der Rhein-Ruhr-Seite hinzuweisen: „Die Japaner beschwerten sich bei der Polizei, die daraufhin den Laden ohne großes Federlesen dicht machte.“ Tja, knapp vorbei ist auch daneben! Denn die Redensart lautet, etwas ohne viel Federlesens zu tun. Also retten wir mal des Genitivs, wo dem Dativ oder den Akkusativ nicht angewendet werden kann. Aber bitte gezielt!

2. Juli 2009

Ein Vertrag ist ein Vertrag ist ein Vertrag

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 19:51

… und das erklärt uns heute schon der Titelseiten-Kommentar: „Ein Vertrag ist ein Vertrag, und wenn der so ausgestaltet ist, dass ein Manager trotz schlimmen Versagens diesen ganz oder teilweise ausbezahlt bekommt, dann muss ein solcher Vertrag auch Bestand haben.“

Wem das zu verzirkelt ist (wie mir), für die hält die WAZ auf der Rhein-Ruhr-Seite wieder dieses atemlos-abgehackte Neusprech bereit, das sie dort seit einiger Zeit für Reportage-Stil halten: „Die Kleinen jedenfalls haben das getan in der 5E der Maria Sibylla Merian-Gesamtschule in Wattenscheid, wie aufgeregt die sind an diesem Mittwochmorgen!, kaum zu halten auf den Stühlen, Velina sitzt sogar schon auf dem Tisch.“
In der übernächsten Spalte: „In der letzten Reihe treffen sie sich zum Hühnerhaufen, Dean hat zwei Fünfen, Jana fast überall Zweien, Tamara ist die Beste, ‚guck mal‘!“ Und: „Lachende Gesichter gibt es, Umarmungen, Knutscher und ganz viele ‚Ich-freu-mich’s. Jana ist ’so stolz‘, Tamara ’sehr glücklich‘ und Michelle erst: Die hatte der Mama versprochen, besser zu werden – geschafft!“
Und zum Schluss: „Sie packen die Zeugnisse, in Klarsichthüllen, in Mathehefte oder mit der blanken Faust, sie schieben sich aus den Klassenzimmern und schleppen, als hätten sie schon den Reisekoffer in der Hand: all die Hefte und Bücher und selbstbemalten Steine aus dem Kunstunterricht! Bloß weg hier!“
Das finde ich allerdings auch und beeile mich, viel Raum zwischen mich und diesen Artikel zu bringen.

1. Juli 2009

Sich teils bestätigt fühlen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:18

Wenn ich mal wieder Recht behalten habe, darf ich mich bestätigt fühlen. Wenn ich aber nicht vollständig Recht bekommen habe? Dafür hat die WAZ auf der heutigen Politik-Seite auch einen Ausdruck gefunden: „Die Kläger … dürfen sich teils bestätigt fühlen.“ Das versuche ich demnächst auch, fürchte aber, dass mir das nicht ganz gelingt.

Powered by WordPress