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24. Juli 2009

Auf der Erfolgspur (mit Schafkäse) extra verlieren

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 19:43

Extra. Das bedeutet in erster Linie: „besonders, außergewöhnlich, außerhalb“ und dergleichen. Was soll uns dann diese Headline von der Titelseite sagen: „Carstensen verliert extra“? Ok, ok, „extra“ kann auch die Bedeutung von „absichtlich“ annehmen, was hieße, dass er absichtlich verlor. Das allerdings funktioniert auch nicht, da man eine Wahl eben nicht absichtlich verlieren kann (sonst könnte man sie ja auch absichtlich gewinnen, das würde der SPD momentan ganz gut in den Kram passen). Auch dann nicht, wenn Journalisten nicht müde werden, das immer wieder zu behaupten, wie dann auch später auf der Politik-Seite: „Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) hat im Landtag gestern wunschgemäß per absichtlich verlorener Vertrauensfrage (37 Nein, 1 Ja, 28 Enthaltungen) die Voraussetzungen herbeistimmen lassen, um das Parlament aufzulösen.“ Jetzt sogar wunschgemäß per Absicht!

Nicht-wunschgemäß und eher unabsichtlich dürften jedoch die folgenden Missgeschicke auf der Rhein-Ruhr-Seite passiert sein. Im ersten Satz gibt es einen Kommafehler: „Nach dem Großbrand in einem Iserlohner Chemiewerk, (Komma falsch) sind die Flammen auf dem Unglücksgelände gestern erneut ausgebrochen.“
Danach einen Trennfehler: „… die Feuerwehrleute im Märk- (Trennung)
ischen Kreis …“
Ja, und dann folgt etwas, von dem man nicht weiß, ob es nur ein Tippfehler ist oder ob der Satz komplett in die Hose gegangen ist: „Das Gewerbegebiet im großräumig abgesperrt und teilweise evakuiert.“ Aber eigentlich will ich es gar nicht wissen.

Dafür wüsste ich gern, warum das „S“ immer mehr aus der Mode kommt. Hat es uns was getan? Ist es als Laut zu zischig? Gerade der Genitiv leidet darunter, insbesondere, wenn da schon irgendwo ein „S“ oder ähnlicher Zischlaut im Spiel ist: „Der Vorsitzende des Haushaltsauschuss“ wird z.B. gern gesagt und geschrieben, oder es heißt in einer idiotischen Werbung für ein Hygieneprodukt, es „begünstigt die Auflösung des Ohrenschmalz“. Ahrggg! In der Werbung gehen die Schafsköpfe – pardon: Schafköpfe – noch einen Schritt weiter und reden von „Schafkäse“ und „Schafmilch“. Kein Wunder, dass man heute auf der Wirtschaftsseite in einer Subline lesen muss: „Der Sauerländer brachte Porsche in die Erfolgspur.“ Wobei man sich außerdem noch darüber streiten könnte, ob er Porsche nicht eher auf die Erfolgsspur gebracht hat.

Ein doppelter Genitiv galt schon immer als schlechter Stil. Insofern haben wir dann auf der „Menschen“-Seite einen dreifachen Rittberger, der jeder DDR-Nachrichtensendung („Vorsitzender des Zentralkomitees der Soundso-Partei der DDR“) alle Ehre gemacht hätte: „… stellvertretender Leiter der IT-Abteilung der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Uni Münster“, so wird auf der „Menschen“-Seite der Vorsitzende der Piratenpartei vorgestellt.

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