WAZblog Waz man seinen Lesern eigentlich nicht zumuten sollte …

3. März 2009

Wir fallen uns in die Arme

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:29

Wenn man sich in die Arme fällt, dann hat man sich lieb. Was anderes ist es, wenn man jemandem in den Arm fällt – z.B. um zu verhindern, dass er was Schlimmes tut. Ein feiner, aber deutlicher Unterschied. Der im heutigen Kommentar leider total in die Binsen geht: „Es solle Spitzenmanager geben, die sich darüber wundern, dass man ihnen beim … gemeingefährlichen Zocken nicht längst in die Arme gefallen ist.“ Ich wundere mich weniger, weil ich mir nicht vorstellen kann, das irgendjemand die gemeingefährlichen Zocker so lieb hat, dass er ihnen in die Arme fällt.

2. März 2009

Fast fehlerfrei

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:44

Aber eben nur fast. Denn wenn man nix findet, ist meistens was über. Diese WAZ-Regel bewahrheitet sich auch heute. Und zwar schon auf der Titelseite. Dort verkündet eine fette Überschrift: „Unzufriedenheit über Opel-Konzept“. Die Universalpräposition hat wieder zugeschlagen und dann ist auf einmal die Unzufriedenheit mit dem Opelkonzept über.

Und außerdem haben wir noch ein paar interessante Formulierungen im Kommentar auf Seite 2: „Die allzu frühen Willensbekundungen … haben längst den Charakter von Festlegungen bekommen.“ Okay, das ist nicht besonders falsch, aber schon irgendwie schräg.
Oder das hier: „…keiner kann einfach zusehen, wie Werke, an denen tausende Beschäftigte hängen, den Bach runtergehen.“ Tut mir leid, aber ich stelle mir das immer bildlich vor: Tausende Beschäftigte hängen an Werken, die den Bach runter gehen! Das kann doch keiner wirklich schreiben! Oder klingt das nur in meinen Ohren komisch? Ich finde, da muss man einfach kichern, und so wird es dem Ernst der Lage nicht gerecht.
Und der Satz direkt danach: „Inzwischen aber hat sich die Kakofonie der politischen Unternehmensretter derart hochgedreht, dass ein Stopp zum Crash für die Kommunalwahlkämpfer im Lande NRW geriete.“ Eine Kakofonie ist ein Missklang und meinetwegen kann man das auch im übertragenen Sinne für die Missverständnisse und -stimmigkeiten in der Koalition benutzen, aber wie soll sich da irgendwas „hochdrehen“, und dann auch noch bei politischen Unternehmensrettern?
Und gegen Ende des Kommentars haben wir noch das „Risiko Nr. 2: Die Politik hat sich in die Position des Getriebenen begeben.“ Ein Getriebener, darauf hatte ich schonmal hingewiesen, ist jemand, der aus starkem inneren Antrieb handelt. Genau der ist hier aber – wie so oft – nicht gemeint, sondern wohl eher Politiker (warum werden die eigentlich in letzter Zeit dauernd als „die Politik“ bezeichnet?), die durch die Ereignisse zum Handeln gezwungen sein, anstatt selbst zu handeln. Die mögen getrieben sein, oder manch einer mag sie vor sich her treiben, damit sind sie aber noch längst keine Getriebenen.

28. Februar 2009

Mit dem Spaltpilz unterwegs

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:36

Doch zunächst, auf der Seite 2, müssen „auch die Arbeitnehmer … ihren Beitrag bringen“, und man fragt sich, warum sie ihn nicht einfach leisten, wie das sonst in solchen Fällen üblich ist. Manchmal, so scheint es, fällt einem Autor einfach das passende Wort nicht ein, und weil er wenig Zeit hat, nimmt er dann das erstbeste, das ihm gerade durch den Kopf geht. Und dabei bleibt es dann.

Doch noch merkwürdiger ist das, was die WAZ auf der Politik-Seite aus der Ruhrgebiets-CDU gehört haben will: „Da waren einige außerhalb der Ruhr-CDU mit dem Spaltpilz unterwegs“. Nun kennt man zwar den Ausdruck „Spaltpilz“ für Leute oder Dinge, die eine Gruppe oder Organisation spalten, aber wer ist damit unterwegs? Und dann auch noch außerhalb? Um innerhalb zu spalten?

Und direkt darunter eine dicke Headline: „Kritik an Bischof Mixa wegen Holocaust-Vergleich“. Man weiß ja, dass der Genitiv heutzutage Luxus ist, aber hätte man nicht hier wenigstens einmal „wegen seines Holocaust-Vergleichs“ schreiben können, schon wegen Ohrenschmerz?

27. Februar 2009

Alles strömt

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:50

Und so heftig! Das beginnt schon auf der Seite 2: „Über der nüchternen Kongresshalle in Düsseldorf schwebt ein deutlich sichtbarer Atem. Fast jeder, der die Halle betritt, nimmt ihn war. Für die einen ist es ein Atem, der ein ganz spezielles Frommsein ausströmt. Für andere strömt er ganz spezielle Werte aus.“ Was da so alles ausströmt! Nicht nur der Atem selbst, nein, auch aus dem Atem strömt was aus: spezielles Frommsein und ganz spezielle Werte! Vermutlich kann man ihn deswegen auch über der Kongresshalle schweben sehen.
Und noch bevor wir uns davon erholen können, strömen uns schon die nächsten Worte entgegen: „Und dann sagt er mit der größten Selbstverständlichkeit der Welt einen Satz, der so ungewöhnlich klingt, dass er alles Selbstverständliche aus dem Rahmen holt“. Wenn etwas nicht selbstverständlich ist, also ungewöhnlich, fällt es aus dem Rahmen. Aber wie man mit einem ungewöhnlichen Satz irgendwas aus dem Rahmen holt, und sei es das Selbstverständliche, muss man mir erst noch erklären. Wie übrigens den ganzen Satz. Oder hat ihn jemand verstanden?
Doch vielleicht muss man da esoterischer drangehen, denn „hinten, in der Kongresshalle, strömt immer noch der spezielle Atem.“
Und wer immer noch nicht kapiert hat, was das alles ist, der wird am Schluss des Artikels wie folgt getröstet: „Und da sind sie dann wieder, diese speziellen Werte, die zum Atem dieses Kongresses geworden sind.“
Und jetzt bitte aufatmen, denn der Artikel ist zu Ende.

Aber halt! Noch ist die WAZ nicht zu Ende, deshalb wird aus dem Aus- allenfalls ein Durchatmen, bevor es weiter strömt. Wie hier, auf der „Rhein-Ruhr“-Seite: „Immer wieder Opel, immer wieder Krise, ‚das hältste nicht mehr aus‘, sagt Uwe Reuter und erzählt, wie die Kollegen verstummen in der Werkstatt, wie sie nicht mehr reden wollen über ihre Angst, und er sagt einen Satz mit doppeltem Boden: ‚Die machen dicht‘. Und geben doch nicht auf.“ 1. Frage: Wer gibt nicht auf? 2. Frage: Was ist ein Satz mit doppeltem Boden?

26. Februar 2009

Eingefetteter Aal schleicht ins Kanzleramt

Filed under: Allgemeines — korrektor @ 20:26

Im Kommentar auf Seite 2 erfahren wir, „dass der CSU-Chef ankündigte, er werde nicht wie ein eingefetteter Aal zu Verhandlungen ins Kanzleramt schleichen…“ Wie schleicht ein Aal? Und seit wann werden diese Viecher eingefettet?
Das bleibt aber nicht das einzig Unverständliche, denn „allein die Diskussion über Volksentscheide würde zudem die Kanzlerin des größten Mitgliedslandes auf der europäischen Ebene bereits reduzieren.“ Hm, ja, nun.
Und wem das noch nicht reicht: „Merkels Pragmatismus setzt Seehofer seinen auch in der Darbietung gekonnten Populismus zum ständigen Vergleich entgegen.“

Die passende Bemerkung dazu finden wir auf der Kulturseite: „Das ist eine reichlich gespreizte Satzgirlande“.
Dem kann ich mich nur anschließen.

Zum Abschluss dann in einer Headline auf der Politik-Seite noch etwas Schönes zum Üben: Wie dekliniert man Kandidat? Richtig: Der Kandidat, des Kandidaten, dem Kandidaten, den Kandidaten. Wie dekliniert die WAZ? Auch richtig: „Obama mit neuem Ministerkandidat“.

25. Februar 2009

Am Aschermittwoch

Filed under: Allgemeines — Schlagwörter: — msteinmen @ 15:30

… ist nicht alles vorbei (folgt)

24. Februar 2009

Veilchendienstag

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 07:42

… und immer noch Karneval bei der WAZ.

23. Februar 2009

Rosenmontag

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 13:42

… und Karneval bei der WAZ (folgt).

21. Februar 2009

Wirklich rührend

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:15

… bemüht man sich heute wieder um Sprachbilder. Dabei kommt im Seite-2-Kommentar Folgendes heraus: „Nun wäre es allerdings ein großer Fehler, Opel und Saab in einen Topf zu rühren.“ Fänd ich auch, zumal man sie in einen Topf werfen müsste. Manchmal frage ich mich, was einen Autor dazu bringt, so etwas zu schreiben. Will er originell sein und daher vom „Üblichen“ abweichen? Allerdings ist das Problem dabei, dass Redensarten deshalb Redensarten sind, weil sie „üblich“ sind. Oder fällt ihm gerade nicht das passende Verb ein und er nimmt dann das, was ihm gerade zur Verfügung steht?
Und was er sich ein paar Zeilen weiter gedacht hat, vermag ich überhaupt nicht zu ergründen: „Im schlimmsten aller Szenarien könnte das auch im Falle eines Staatsengagements bei Opel der Fall sein. Davor sind allerdings die guten Nachrichten.“ Wovor? Vor dem schlimmsten aller Szenarien? Oder vor dem Staatsengagement?“ Und was soll dieser Satz eigentlich?
Und weiter geht’s: „Immerhin ist das eine Chance, die alle Kraft verdient hat.“ So, so.
„Es drängt sich schon sehr der Eindruck auf, dass hier mancher Politiker versucht, mit der Opelkrise am eigenen Profil zu polieren“. Mir eher nicht. Ich hätte gedacht, dass die Poltiker ihr Image polieren oder ihr Profil schärfen wollen, aber wer weiß, vielleicht rühre ich hier zwei Sachen in einen Topf, wo die guten Nachrichten davor sind. Und ich weiß nicht, ob ich damit einer Chance die verdiente Kraft gebe oder nur mein Profil poliere…

20. Februar 2009

Heute ist ein Prozess über

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 22:19

Und wie so oft liegt das nur an der falschen bzw. überflüssigen Universalpräposition. Heute tritt sie auf der Politik-Seite wie folgt auf: „Die Geschworenen in Moskau haben die Beweisführung der Anklage im Prozess über die ermordete Journalistin Politkowskaja mit einem Freispruch quittiert.“ Das Schlimme dabei: Es klingt schon fast normal. Aber normal ist das nicht: Der Prozess über. Denn ein Prozess wird wegen etwas geführt und gegen jemanden! Im konkreten Fall war es der Prozess wegen des Mordes an einer Journalistin. Warum kann man das nicht einfach so schreiben, anstatt uns Leser in Selbst- und andere Zweifel zu stürzen?

Kommen wir zum Ende. Und davon haben wir sogar einige auf der Titelseite: „Zugleich rücken die Studier-
(neue Zeile) endenpolitisch mehr nach rechts.“ Und damit wollen wir es jetzt wirklich beenden.

19. Februar 2009

Und wieder harte Schnitte

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:56

Wohl mit weichen Messern. Oder so. Oder wie muss man sich das vorstellen, was heute im Kommentar auf Seite 2 steht: „Das Unternehmen steckt in einer Konjunktur- und Strukturkrise. Letztere erfordert harte Schnitte. Die sind nicht zu meistern, wenn Länder sich beteiligen.“ Gibt es weiche oder harte Schnitte? Und wie meistert man selbige? Kommt ein Land nach Hause und sagt: „Verdammt, heute musste ich wieder viele harte Schnitte meistern!“
Woraufhin der WAZ-Redakteur sagt (in diesem Fall ein paar Zeilen davor): „Also Staat, Finger raus aus den Unternehmen“, von denen der doch eigentlich die Finger weg lassen sollte.

18. Februar 2009

Wieder schweres Fahrwasser

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 22:18

Schweres Wasser wird bekanntermaßen in Atomkraftwerken benutzt. Dass man darin auch fahren kann, mag uns überraschen, steht aber heute im Kommentar auf Seite 2: „Doch die Prima-Klima-Koalition von Rüttgers gerät nun in schweres Fahrwasser, teils ohne eigenes Verschulden, teils durch eigene Fehler.“
Gemeint ist wohl eher schwere See oder im günstigsten Fall gefährliches Fahrwasser; wobei die Redensart ursprünglich ohnehin nur bedeutete, dass man jemandem kritiklos folgt, wenn man sich in seinem Fahrwasser befindet. Nur scheint das Fahrwasser inzwischen so beliebt zu sein, dass es auch laufend für andere Zwecke genutzt wird. So befindet man sich manchmal in gefährlichem Fahrwasser und findet dann vielleicht in richtiges zurück. Und da mag die Zeit nicht mehr fern sein, dass es noch weiter angereichert wird und man dann auch durch Kernkraftwerke schippern kann.

17. Februar 2009

Dramatische Warnungen, die bis in Rom zu hören waren

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 22:02

Der heutige Aufmacher (Titelseite) versetzt uns direkt in die richtige Stimmung, denn „die Europa-Betriebsräte des angeschlagenen US-Autokonzerns General Motors (GM) schlagen mit dramatischen Warnungen Alarm.“

So dramatisch alarmiert gewarnt oder dramatisch gewarnt alarmiert lesen wir im nebenstehenden Kommentar: „die europäischen Arbeitnehmervertreter … haben die ganz große Keule aus dem Sack geholt.“ Wohl, weil sie den Knüppel, der da entsprechend der Redensart seit dem Märchen vom „Tischlein-deck-dich“ drin ist, in der Eile nicht gefunden haben. Eine Keule kann man zwar auch irgendwo rausholen oder besser auspacken, aber eher nicht aus dem Sack.

Dass man bei der WAZ mit Präpositionen ein bisschen auf Kriegsfuß steht, wissen wir bereits, und so kann uns auch nicht über die Maßen wundern, was uns heute auf der Politik-Seite begegnet: „Das Aufatmen in der österreichischen Kirche war förmlich hörbar, es war so laut, dass es wohl bis in Rom zu hören war.“ Ach, wär‘ das Aufatmen wohl auch in Rom zu hören gewesen! Oder bis nach Rom!
Dann könnte man vielleicht auch die große Keule bis in den Sack stecken.

16. Februar 2009

Es keimt der Machtkampf

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:04

Bisher kannten wir keimende Kartoffeln oder auch Sojabohnen-Keimlinge. Dass es da aber auch noch viel mehr gibt, beweist uns heute eine dicke Headline auf der Politik-Seite: „Der Machtkampf keimt“.

Auf der Titelseite sind indes „Schalkes Trainer … und Manager … bei den Fans endgültig in Ungnade geraten.“ Das ist jetzt nicht gerade falsch, aber warum sind sie nicht, wie es die Redensart vorsieht, in dieselbe gefallen? Man wundert sich immer wieder, dass feststehende Redewendungen und Begriffe sozusagen im letzten Moment falsch abbiegen.
Ist das der Wunsch nach mehr Originalität? Oder schlichte Unkenntnis?

14. Februar 2009

Zum Wegschmilzen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 19:32

Kleine Headline über der Karikatur auf Seite 2: „Die Vorräte schmilzen“. Ja klar: Ich schmelze, du schmilzt, er, sie, es schmilzt und weil wir gerade so schön mit dem „i“ dabei sind, schmilzen eben auch wir und sie. Und allgemein bekannt ist ja auch die jährliche Schneeschmilze. Nicht zu vergessen der Schmilzkäse, das Bleischmilzen zu Silvester und der Ohrenschmilz. Da möchte man vor Rührung direkt wegschmilzen.

13. Februar 2009

Heute müssen wir einiges verkrampften

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 22:11

Wieder ein Highlight journalistischer Schreibkunst. Heute auf der Sportseite: „Sie verkrampfte und musste obendrein den Krebstod ihres Vaters verkrampften.“ So traurig das ist: Da könnte sich doch vor Lachen mein Bauch verkrampften!

12. Februar 2009

Er fochte desöfteren öffensichtlich

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:19

Kicher! Das stand heute wirklich drin! Und zwar im Artikel „Ausgebremst“ auf Seite 2. Hier erfährt man, was der gerade zurückgetretene Landesverkehrsminister bisher Gutes für das Land getan hat: „Doch Wittke fing sich, arbeitete eifrig … für mehr Flüge in Düsseldorf, für mehr Straßensanierungen, kämpfte erfolgreich für die Renovierung der Bahnhöfe, fochte für den Rhein-Ruhr-Express …“ Janee, iss klar! Wenn er kämpfte, dann ist klar, dass er auch fochte.
Im nächsten Absatz „schüttelte Rüttgers desöfteren den Kopf über seinen jungen Minister…“
Desweiteren finden wir dann noch eine interessante Formulierung: „Statt sich dann öffensichtlich nur zu entschuldigen, verhedderte sich Wittke…“ Auch wenn sich hier der Autor ein bisschen in der Wortwahl verheddert hat: Welch schöne Mischung aus „öffentlich“ und „offensichtlich“ ist dabei herausgekommen! Solche sprachlichen Innovationen sollten prämiert werden!
Dafür fochte ich schon immer. Sogar öffensichtlich!

11. Februar 2009

Über und über

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:48

Wieder mal die Universalpräposition, und diesmal besonders kreativ: „… die seit 13 Jahren als NRW-Datenschutzbeauftragte arbeitende frühere Richterin Bettina Sokol ist über das Ausmaß der Vorfälle schockiert“, heißt es auf der Seite 2. Und während ich noch von dieser Aussage schockiert bin, muss ich im selben Artikel lesen: „Zudem fehle eine Kennzeichnungspflicht über die Herkunft von Daten“.
Dass man eine Pflicht über etwas haben könnte, ist mir jetzt wirklich total neu, ich hätte eher gedacht, man habe die Pflicht, etwas zu tun oder zu lassen und im konkreten Fall die Herkunft von Daten zu kennzeichnen.
Und dass im weiteren Verlauf des Artikels Daten von Bürgern „ohne Anlass und im voraus“ erhoben werden, vermag mich kaum noch zu schockieren, weil sie nicht im Voraus erhoben wurden.

Vielmehr schockiert mich, was ich auf der Politik-Seite lesen muss. Und zwar nicht nur, dass die Union „Michael Glos … dort (Wirtschaftsministerium, d.Verf.) gegen dessen Willen eingewiesen hatte…“ sondern auch das Folgende: „Steinbrücks Kompetenz zweifeln auch politische Gegner intern nicht an, und rhetorisch kann der 62-Jährige bezwingen.“ Wen oder was kann er bezwingen? Was ist das nur für eine idiotische sprachliche Mode, die sich da wieder einmal zeigt? Es fing an mit: „Das gefällt nicht!“ Wem gefällt es nicht? Mir? Dir? Onkel Theobald? Und nun auch noch so was! Er kann bezwingen! Onkel Theobald kann verlassen. Ich kann bewältigen. Aber so’n Zeugs nicht mehr, tut mir leid!

10. Februar 2009

Die Heimsuchung

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 22:28

„Wenn Michael Glos an diesem Dienstag in die Freiheit entlassen wird, hat die Republik ein politisches Abenteuer erlitten, dessen Ausmaß womöglich nicht absehbar ist“, müssen wir heute im Kommentar auf Seite 2 lesen. Vor allem ist nicht absehbar, was die Sprache dadurch erleidet, denn Abenteuer werden normalerweise erlebt und nicht erlitten. Indes kann man durchaus einen Herzanfall oder ein Schädel-Hirntrauma erleiden, doch was eine Republik so alles erleiden kann, entzieht sich momentan leider meiner Kenntnis, nur: ein Abenteuer kann es nicht sein.
Ein paar Zeilen weiter lesen wir von „staunenden Weltgästen“ und staunen selbst, was das für merkwürdige Besucher sein sollen, weil es dieses Wort bisher noch gar nicht gab.
Dafür haben wir dann im nächsten Absatz das hier: „Die Welt wird sich nicht lange mit dem Gedanken aufhalten, dass es in Deutschland zugehe wie in einem Käfig voller Narren. Die Union aber schon.“ Wenn wir das einmal übersetzten, dann heißt das, dass sich die CDU lange mit dem Gedanken aufhalten wird, dass es in Deutschland zugeht wie in einem Käfig voller Narren. Was soll uns das sagen? Eigentlich irgendwie … nichts.

Aber vielleicht sagt uns der daneben stehende Artikel mehr. Denn hier stehen solche Formulierungen wie diese: „München: CSU-Chef Horst Seehofer schildert vor Kameras mit sichtbar wachsendem Vergnügen an der Absurdität der Ereignisse, wie absurd diese sich tatsächlich ereignet haben. Samstag, er, Seehofer auf der Münchner Sicherheitskonferenz.“ Ist das Deutsch? Ist das überhaupt irgendeine Sprache?
Und dann kommt die Heimsuchung: „Ich habe die Faxe persönlich heimgesucht”, soll Seehofer gesagt haben. Kann ich mir nicht vorstellen.
Kurz danach haben wir sie wieder, „die Parteien jenseits der Union…“ Dieses Jenseits, das seinerzeit der gute Hessen-Koch beschworen hat und das seitdem alle WAZ-Redakteure irgendwie gut finden. Was es aber nicht besser macht.
Und jenseits von dem Jenseits heißt der ganze Satz: „Die Parteien jenseits der Union sind sich ausnahmsweise derart einig in der Kritik an Seehofer und Kanzlerin Angela Merkel, dass man die Äußerungen ebenfalls ausnahmsweise in einem Atemzug zusammenfassen darf…“
Darf man nicht! Auch nicht ausnahmsweise. Man darf höchstens etwas in einem Atemzug nennen. Von „Zusammenfassen“ weiß diese Redensart nix.
Gegen Ende des Artikel haben wir dann noch einige Formulierungen, die ich jetzt ohne weiteren Kommentar wiedergebe, auf dass Sie selbst entscheiden, ob man so etwas ungestraft schreiben darf: „,Sie müssen sich die Situation vorstellen.‘ Zwei Generäle zum Gespräch. Sicherheitskonferenz. Kurz vor dem Empfang des Ministerpräsidenten für 500 hochrangige Gäste. ,Dann hab ich den Michel Glos erreicht.‘ Lage geschildert. Kann Wunsch nicht entsprechen. ,Da ist die ganze Welt in der Residenz versammelt.‘ In dieser Situation. ,Des kann i net entsprechen.‘ Um halb drei nach Hause. Morgens früh angefangen zu telefonieren. Inzwischen alles gut. Sehr offenes Gespräch mit Glos geführt. ,Ich habe nicht den geringsten Groll.'“
Ich will Sie ja nicht beeinflussen: Aber das Lallen eines total betrunkenen Bierkutschers finde ich verständlicher.

Eigentlich reicht das für heute, und zwar „nicht erst, seitdem im Januar der mutmaßliche Missbrauch eines Häftlings durch seine beiden Zellengenossen öffentlich hoch gekocht ist“, wie auf der „Rhein-Ruhr“-Seite zu lesen ist. Echt interessant, was man alles so hochkochen kann, sogar Missbräuche. Und auch noch öffentlich!

Irgendwie fällt es mir schwer, das alles in einem Atemzug zusammen zu fassen, vielleicht so: Ich. Gelesen, alles. Die Absurdität absurd gefunden. Alles heimgesucht und hochgekocht.

9. Februar 2009

Bewusstsein über hat Eingang ins Bewusstsein gefunden

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 23:12

Es hat sich doch nichts geändert: Heute ist die WAZ wieder voll schlimmen Klopfern. Das beginnt schon auf Seite 2, im Kommentar: „Nun wundern sich Atomkraftgegner über diese Volten…“ Ich wette, das tun sie nicht, den die wenigsten werden dieses Wort kennen, v.a. nicht in diesem Zusammenhang. Aber Moment mal, das mit den Volten hatten wir doch erst kürzlich? Und es passte damals schon nicht, aber diesmal noch weniger, denn im gesamten Artikel findet sich keinerlei Hinweis auf Finten, Im-Kreis-Reiten oder Sonstiges. Bleibt die Vermutung, dass hier wieder einmal ein Autor von einem anderen etwas übernommen hat, was sich zwar gut anhörte, aber weder nachgeprüft noch verstanden wurde.
Dafür kommt jetzt wieder die allseits beliebt Universalpräposition zum Einsatz: „Atomenergie ist neuerdings aus ökologischen und ökonomischen Gründen salonfähig. Ökologisch, weil das Bewusstsein über das klimaschädigende Kohlendioxid dank jahrelanger Warnungen der Grünen Eingang ins weltweite Bewusstsein gefunden hat.“ Aha, jetzt gibt es also auch ein Bewusstsein über etwas. Und das findet auch noch Eingang in ein übergeordnetes Bewusstsein. Das weltweite. Na fein.
Es kann aber noch schlimmer kommen, „wenn Putin mal wieder an der Gasschraube dreht.“ Was mag das denn sein? Vielleicht eher der Gashahn? Hm, sollte vielleicht direkt die Preisschraube integriert werden?

Im nebenstehender Artikel hätte „… Michael Glos auch bei langem Nachdenken nicht ungewöhnlicher wählen können.“ Richtig, einfach deshalb, weil man ungewöhnlich leider nicht steigern kann. Ein solches „Un“-Wort bringt nun mal zum Ausdruck, dass z.b. jemand etwas nicht ist. Wenn also jemand ungewöhnlich ist oder Ungewöhnliches tut, dann ist er nicht-gewöhnlich oder oder tut Nicht-Gewöhnliches. Und noch nichter geht’s nicht.
Vielleicht folgt deshalb jetzt eine Verkleinerung: „Eine Vorabmeldung der „Bild am Sonntag” informierte eine ziemlich globale Öffentlichkeit über den Brief an Seehofer…“ Wie global ist ziemlich global?
Das werden wir wohl nicht erfahren, denn „ob Glos bis zur Bundestagswahl bleibt oder nicht… , spielt für Merkel keine tragende Rolle.“ Das leuchtet mir ein, obwohl ich glaube, dass eigentlich nur der Glos keine tragende Rolle spielte, sein Bleiben-oder-nicht konnte das schlecht übernehmen.
Rolle hin und Rolle her: „Der vorübergehenden Weigerung Seehofers, den amtstodmüden Glos gehen zu lassen, hat Merkel sich mutmaßlich mit dem Blick auf das Vorschlagsrecht des CSU-Vorsitzenden angeschlossen.“ Ich weiß nicht recht, wie das geht, sich einer vorübergehenden Weigerung anzuschließen, aber mehr interessiert mich im Moment auch, wie der Glos amtstod-müde werden konnte. Zumindest muss es sehr dramatisch gewesen sein – vielleicht ist der „Amtstod“ ja auch eine Vorstufe des Hirntodes?
Muss wohl, sonst wär‘ das Folgende kaum zu erklären: „Vor den Augen der Welt einen Wirtschaftsminister im Amt einzusperren, macht aus mehreren Gründen keinen guten Eindruck. Und den Blick einiger Augen der Welt hatte Glos mit Hilfe der Sicherheitskonferenz immerhin auf sein Schicksal gelenkt.“

Auf der Politik-Seite das Interview mit einem Mann, der mir schon früher durch sein exrem distinguiertes Deutsch aufgefallen ist („Wir haben das nicht aus dem Kaugummiautomat“): Hubertus Heil, seines Zeichens SPD-Generalsekretär.
Und schon im ersten Satz macht seinem Ruf alle Ehre: „Rüttgers ist durchsichtig.“ Nein, Heil, ist er nicht! Seine Manöver vielleicht, oder seine fadenscheinigen Argumente, aber er selbst kann höchstens leicht zu durchschauen sein. Und ein undurchsichtiger Mensch ist wieder was ganz anderes, da kann man nicht mal einfach das Gegenteil bilden!
Nur: das nehmen wir in der nächsten Stunde, jetzt kommt erst einmal die Aussage, dass die Kanzlerin „taktisch vor innerparteilichem Druck einknickt.“ Einknicken kann man – was Druck angeht – nur unter ihm, wenn man vor jemandem einknicken will, dann muss man sich dazu eine Person aussuchen, und dann bleibt immer noch ungeklärt, wie man taktisch knickt.
Und auch das hier gefällt mir nicht: „Der Vorgang wirft ein bezeichnendes Licht auf den Zustand der Unions-Schwesterparteien.“ Reicht es nicht, wenn der Vorgang nur ein Licht wirft? Oder wenn er bezeichnend für den Zustand ist? Warum muss man da ein bezeichnendes Licht draus machen?
Und da bin jetzt mit Herrn Heil einer Meinung, „…dass diese Frage zügig geklärt werden muss“, wobei mir reichen würde, wenn sie jemand beantwortete.

Auf der zweiten Politik-Seite „… stellte … Angela Merkel ihre Vorstellungen … vor“ – und das in einer reichlich großen Unterzeile. Was sollte sie auch sonst damit machen, fragt man sich unwillkürlich.
Im Artikel selbst ist dann von „Obamas Gedankenüberbringer“ die Rede, vom „kalt umstrittene(n) Raketenabwehrsystem“ und von „Merkels Vorstellungen von einer „vernetzten Sicherheit”, in der sich politische, entwicklungspolitische und polizeiliche Ansätze mit militärischen Maßnahmen zur Krisen-Bewältigung bündeln müssten…“ was ich jetzt alles einmal unkommentiert stehen lassen will.

7. Februar 2009

Wir versperren uns nicht

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 22:45

Das zumindest verspricht uns Essens Stadtdirektor heute auf der Titelseite: „Wir sagen nicht: Wir machen das – aber wir versperren uns auch nicht“. Vermutlich wollte er sich dem Wunsch nicht verschließen oder sich nicht dagegen sperren. Daraus ist dann wohl in der Hitze der Love-Parade ein Versperren geworden.

6. Februar 2009

Rätselhaft

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 12:43

… ist, was derzeit bei der WAZ passiert: Hatte ich schon am Dienstag kaum was zu meckern, war gestern so gut wie nichts zu finden (bis auf den „Dalai Lama“ auf der Politik-Seite, der ein „Dalai-Lama“ ist), so sind auch heute kaum größere Verstöße gegen Rechtschreibung, Grammatik oder Sprachgefühl zu vermelden.
Kleinere Ausrutscher wie dieser: „Merkel fremdelt mit Präsident Obama“ seien verziehen, und selbst das hier will ich mal durchgehen lassen: „Alles anderer als trittsicher bewegt sich die Kanzlerin … auf dem glatten Parkett des Nahen Ostens“. Mit „trittsicher“ ist zwar normalerweise ein Untergrund (Treppe, Leiter oder meinetwegen auch ein Parkett) gemeint, nicht derjenige, der darauf herumläuft. Insofern gewinnt die Headline des Kommentars: „Merkel ist nicht trittsicher“ noch eine ganz neue und höchst interessante Bedeutung. Aber wer außer mir wollte so etwas schon anmeckern?
Bleibt noch ein bemerkenswerter Satz am Ende: „Schade nur, dass sie … in parteitaktischen Volten Zuflucht sucht …“ In was sucht sie Zuflucht? Nun habe ich bestimmt nichts dagegen, wenn man weniger bekannten Wörtern mal eine Chance gibt oder auch Wörter in einem neuen (übertragenen) Sinn benutzt. Wenn man aber lediglich den Lesern seine Bildung vorführen will und dabei Wörter benutzt, die niemand aus dem Zusammenhang erschließen kann und die außerdem nicht passen (eine Volte ist ein Ausdruck aus dem Dressurreiten, dem Kartenspiel oder dem Fechtsport und bezeichnet im günstigsten Fall einen Ausweichschritt mit Finte, im schlechtesten eine Übung aus dem Dressurreiten, bei der das Pferd einen Kreis läuft) dann bleibt das Ganze schlicht … rätselhaft.

4. Februar 2009

Der Genitiv wird ja gar nicht mehr gern genommen…

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 18:12

So heißt es heute auf der Titelseite: „Durch die Entscheidung des Papstes und des Vatikan sei der Eindruck entstanden…“ und am Ende des Artikels noch einmal: „… das Schweigen des Vatikan während des Holocaust…“
Und selbst wenn man bei „Holocaust“ auf das Genitiv-s verzichten kann, in meinen Ohren klingt es einfach nicht gut. Aber irgendwie wird der Genitiv heutzutage gar nicht mehr gern genommen. Bei Wörtern, die auf „s“ enden, hat man sich ja schon fast daran gewöhnt: „Der Vorsitzende des Ausschuss“ oder „Preiskampf geht zu Lasten des Service“ Brrrrr!
Also bitte: des Vatikans und des Holocausts, sonst müssen wir demnächst noch lesen: „Die Entscheidung des Papst“. Tut das weh!

3. Februar 2009

Kaum was zu meckern heute

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:35

Die WAZ macht Fortschritte: Ich finde kaum was zu meckern heute. Bin daher fast geneigt, darüber hinweg zu sehen, dass die Bundesregierung „den Rettungsschirm für Banken … erst entschieden ab(lehnte), um ihn dann entschieden aufzuspannen“, wie man im Kommentar auf Seite 2 lesen kann.

Oder was mit Felix Mendelssohn-Bartholdy auf der Kulturseite passiert: „Preußens König berief ihn in repräsentative Ämter, schon als blutjunge Mann bereiste er Italien…“

2. Februar 2009

Die Untiefen deutscher TV-Gewässer

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 23:30

Mit den Untiefen ist das so eine Sache: Es sind zum einen keine Tiefen (Sandbänke und dergleichen) zum anderen aber auch furchtbar tiefe Tiefen. Die Untiefe ist also ein Antagonym, ein Wort, das gleichzeitig zwei gegensätzliche Bedeutungen haben kann.
Trotzdem fällt mir eine Interpretation des folgenden Satzes im heutigen Kultur-Kommentar schwer: „Gerade aus den Untiefen deutscher TV-Gewässer ragen die mit dem angesehenen Grimme-Preis ausgezeichneten Produktionen wie unerschütterliche Qualitäts-Solitäre heraus.“ Denn mal abgesehen von den deutschen TV-Gewässern wird mir nicht klar, ob hier besonders flache Stellen gemeint sind (schließlich spricht man ja von seichter TV-Unterhaltung) oder aber irgendwelche finsteren Tiefen, denn aus seichten Gewässern kann eigentlich alles herausragen. Dazu muss es kein Solitär sein – so bezeichnet man in der Architektur ein einzelnes freistehendes Gebäude. Inwieweit ein solches aus tiefen Gewässern herausragt, vermag sich mir allerdings auch nicht recht zu erschließen. So bleibt eine gewisse Ratlosigkeit, aber vielleicht haben wir es hier auch mit einem antagonymen Artikel zu tun…

31. Januar 2009

Mein Name ist Hase

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 22:46

… und ich weiß von nix! Jedenfalls nix von Grammatik. Anders wäre die folgende Headline auf der Rhein-Ruhr-Seite nicht zu erklären: „Karambolage wegen Hase“. Nun muss man in dem Fall glücklicherweise nicht streiten, ob nach „wegen“ der Genitiv oder der Dativ steht, zumal es in beiden Fällen „Karambolage wegen Hasen“ heißen müsste, aber eines ist klar: Der Nominativ ist in jedem Falle falsch!
Der Artikel hat zwar nur etwa 30 Zeilen, trotzdem gelingt es, auch da noch einen Fehler einzubauen: „Zum Glück verlies er das Fahrzeug sogleich …“ Zumindest, wenn man davon ausgeht, dass er das Fahrzeug nicht verlesen, sondern verlassen hat.
Und auf solche Dinge sollten man doch hin und wieder achten – schon wegen die Leser.

30. Januar 2009

Kampfkandidatin ein stückweit verloren

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 23:34

Wie weit ist ein stückweit? Nicht so weit, denn leider gibt es das gar nicht. Was die WAZ aber nicht daran hindert, immer mal wieder darauf zurück zu kommen. Heute zitiert sie auf der „Rhein-Ruhr-Seite“ eine türkischstämmige Akademikerin wie folgt: „Sie fühlen sich auch ein stückweit verloren.“ Wenn schon, dann wäre es ein Stück weit, allerdings kann ich vom Gebrauch dieser Floskel nur abraten, weil sie nicht nur nichts aussagt, sondern auch noch dämlich ist.

Aber kommen wir doch zur nächsten kreativen Wortneuschöpfung. Fett in der Headline auf der Politikseite: „Die Kampfkandidatin“! Was, bitte schön, ist das? Die Kandidatin für einen Kampf? Aber Frau Schwan, um die es in dem Artikel geht, kandidiert für das höchste Bundesamt, nicht für einen Kampf. Oder soll es vielleicht etwas mit einer „Kampfkandidatur“ zu tun haben? Von der spricht man allerdings nur, wenn es innerhalb einer Partei zu heftigen Auseinandersetzungen um ein Amt kommt. Kann also auch nicht sein.
Muss daher offen bleiben. Und warum sollten uns solch profane Dinge stören, denn „meistens bringt Gesine Schwan ihre verblichenen Freunde zu öffentlichen Auftritten mit.“ Und wer will angesichts solcher Voodoo-Fähigkeiten kleinliche Sprachkritik üben? Äh … ich!

29. Januar 2009

Betretene Mienen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 23:48

Achtung! Nicht die Mienen betreten! Nein, nein, hier handelt es sich nicht um eine falsch geschriebene Warnung in einem Kriegsgebiet. Gemeint, auf der „Rhein-Ruhr“-Seite, sind hier wirklich die „Mienen“ im Sinne von Gesichtsausruck: „Betretene Mienen“ verheißt uns schon die Zwischenüberschrift und dann geht es im Text wie folgt weiter: „Mit betretenen Mienen, wortlos, ratlos, in Gedanken schon im Frühjahr, arbeitslos, und manchmal mit Galgenhumor: ‚Da kann ich schön den Garten machen, das ist die richtige Zeit.'“ Wenn Sie das übrigens insgesamt schon unverständlich finden, wundert mich das nicht. Denn erstens ist das kein Satz und zweitens sind die Kommata falsch gesetzt, was es zusätzlich erschwert, einen Sinn in dem Geschriebenen zu entdecken.
Doch zurück zu den Mienen. Betretenes Schweigen ist bekannt. Aber Mienen? Wo kommen die her? irgendwer muss da mal betretene Gesichter draus gemacht haben. Und von da ist der Weg zu den Mienen nicht weit. Google weist über 6000 betretene Mienen auf. Ich gebe mich geschlagen.
Auch von der umgangssprachlichen Formulierung ein paar Zeilen davor: „Jetzt in aller Frühe, als grad erst auf ist und alles noch leer, stehen sie beisammen.“ Zumindest ist ja nicht vom aufen Geschäft die Rede…
Ein paar Absätze weiter lesen wir von der „Tristesse des Augenblicks, der nicht weichen will“, was auch nicht viel besser ist, weil man nun nicht weiß, ob wirklich der Augenblick nicht weichen will (warum sollte er auch?) oder ob die Tristesse gemeint war.
Und gegen Ende des Artikels tröstet der Oberbürgermeister sich und die Leser mit den Worten: „Auch wenn wir über einen stabilen Besatz an Einzelhändlern verfügen“. Müssen Politiker so reden? Dann wundert mich nicht, dass die Politikverdrossenheit zunimmt. Deutlicher kann man nicht zeigen, dass man auf einem anderen Planeten lebt.
Und nun möchte ich bei Ihnen mal eine betretene Miene sehen, Herr Oberbürgermeister!

28. Januar 2009

Harte Einschnitte

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 23:06

Das wird ja gern genommen: „Harter Schlag insbesondere für das ohnehin gebeutelte Ruhrgebiet“, beginnt der Artikel, und ich frage mich mich, warum man nicht einen schweren genommen hat.
Vermutlich, weil auch „Insgesamt … von den harten Einschnitten 520 Vollzeit-Arbeitsplätze betroffen“ sind. Auch, wenn es vielleicht eher tiefe gewesen wären.

Mit solchen Kleinigkeiten hat man glücklicherweise im Essener Lokalteil gar nichts zu tun, denn „Baumstümpfe sind ein Dorn im Auge“, heißt es da in einer fetten Headline. Und das muss erstmal einer nachmachen!

27. Januar 2009

Im angeklagten Zeitraum starrt ein Mond-äner Vamp das Gewissen an

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 22:57

Im Aufmacher auf der Titelseite kommt erneut die beliebte Universalpräposition zum Einsatz: Der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde „zeigte sich irritiert über die Diskussion“, und nicht etwa von derselben.

Im nebenstehenden Kommentar zum Urteil im Fall Zumwinkel stellt man sich die Frage, „warum er im angeklagten Zeitraum … zehn Millionen Euro zahlte“ und ich frage mich, warum anstatt des Ex-Postchefs ein Zeitraum angeklagt wurde.

Vielleicht, weil der Arme ohnehin unter großem Druck steht, wie wir auf der „Rhein-Ruhr“-Seite erfahren: „Den Blick ins große Publikum im Saal vermied der ehemalige Post-Chef, als würde ihn dort ein schlechtes Gewissen anstarren.“ Das kommt öfter vor als man denkt. Da schaut man nichts ahnend ins Publikum, und schon starrt so ein schlechtes Gewissen voll zurück!

Überhaupt, was einem in Gerichtssälen so passieren kann! Darüber klärt uns ein kleiner Hintergrundartikel auf derselben Seite auf, der das Beispiel Al Capone referiert: „Doch der Richter in Chikago ließ die bestochenen Geschworenen auswechseln. Ergebnis: Elf Jahre Gefängnis. Oder Ägypten.“ Wie, konnte Capone zwischen Gefängnis und Ägypten wählen? Lesen wir weiter: „Zur Zeit der Pharaonen ließ der Staat Steuerhinterzieher auspeitschen.“ Passt aber immer noch nicht so richtig. Nach der Zwischenüberschrift („Im alten Ägypten“) können wir dann lesen: “ Genutzt hat diese Härte wenig. Al Capone führte sein Imperium vom Knast aus weiter…“ Also. War er nun im Knast oder in Ägypten? Wir werden es wohl nie erfahren…

Also blättern wir um. Und finden auf der Welt-Seite eine interessante Beschreibung der neuen Dschungel-Königin Ingrid van Bergen: „Aber es gab Jahre, da erschien sie eher als mond– (neue Zeile) äner Vamp…“ Das muss ein Geschöpf sein, das – ähnlich einem Werwolf – nur bei Mondlicht sein Unwesen treibt. Naja, als Vamp – warum nicht?

Es gibt Schlimmeres. Davon lesen wir auf der Wirtschaftsseite: „Gebeutelt durch die Wirtschaftskrise, durch Kreditklemmen, aber auch durch Fehlentscheidungen, hängt Schaeffler-Conti jetzt am Fliegenfänger des Staates und bettelt um materielle Hilfe.“ Selbst, wenn man nicht weiß, was ein Fliegenfänger des Staates ist, ist es schon grausam genug, durch Klemmen gebeutelt zu werden.
Da möchte man schon eher das Gewissen anstarren. Oder Ägypten.

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