WAZblog Waz man seinen Lesern eigentlich nicht zumuten sollte …

9. Februar 2009

Bewusstsein über hat Eingang ins Bewusstsein gefunden

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 23:12

Es hat sich doch nichts geändert: Heute ist die WAZ wieder voll schlimmen Klopfern. Das beginnt schon auf Seite 2, im Kommentar: „Nun wundern sich Atomkraftgegner über diese Volten…“ Ich wette, das tun sie nicht, den die wenigsten werden dieses Wort kennen, v.a. nicht in diesem Zusammenhang. Aber Moment mal, das mit den Volten hatten wir doch erst kürzlich? Und es passte damals schon nicht, aber diesmal noch weniger, denn im gesamten Artikel findet sich keinerlei Hinweis auf Finten, Im-Kreis-Reiten oder Sonstiges. Bleibt die Vermutung, dass hier wieder einmal ein Autor von einem anderen etwas übernommen hat, was sich zwar gut anhörte, aber weder nachgeprüft noch verstanden wurde.
Dafür kommt jetzt wieder die allseits beliebt Universalpräposition zum Einsatz: „Atomenergie ist neuerdings aus ökologischen und ökonomischen Gründen salonfähig. Ökologisch, weil das Bewusstsein über das klimaschädigende Kohlendioxid dank jahrelanger Warnungen der Grünen Eingang ins weltweite Bewusstsein gefunden hat.“ Aha, jetzt gibt es also auch ein Bewusstsein über etwas. Und das findet auch noch Eingang in ein übergeordnetes Bewusstsein. Das weltweite. Na fein.
Es kann aber noch schlimmer kommen, „wenn Putin mal wieder an der Gasschraube dreht.“ Was mag das denn sein? Vielleicht eher der Gashahn? Hm, sollte vielleicht direkt die Preisschraube integriert werden?

Im nebenstehender Artikel hätte „… Michael Glos auch bei langem Nachdenken nicht ungewöhnlicher wählen können.“ Richtig, einfach deshalb, weil man ungewöhnlich leider nicht steigern kann. Ein solches „Un“-Wort bringt nun mal zum Ausdruck, dass z.b. jemand etwas nicht ist. Wenn also jemand ungewöhnlich ist oder Ungewöhnliches tut, dann ist er nicht-gewöhnlich oder oder tut Nicht-Gewöhnliches. Und noch nichter geht’s nicht.
Vielleicht folgt deshalb jetzt eine Verkleinerung: „Eine Vorabmeldung der „Bild am Sonntag” informierte eine ziemlich globale Öffentlichkeit über den Brief an Seehofer…“ Wie global ist ziemlich global?
Das werden wir wohl nicht erfahren, denn „ob Glos bis zur Bundestagswahl bleibt oder nicht… , spielt für Merkel keine tragende Rolle.“ Das leuchtet mir ein, obwohl ich glaube, dass eigentlich nur der Glos keine tragende Rolle spielte, sein Bleiben-oder-nicht konnte das schlecht übernehmen.
Rolle hin und Rolle her: „Der vorübergehenden Weigerung Seehofers, den amtstodmüden Glos gehen zu lassen, hat Merkel sich mutmaßlich mit dem Blick auf das Vorschlagsrecht des CSU-Vorsitzenden angeschlossen.“ Ich weiß nicht recht, wie das geht, sich einer vorübergehenden Weigerung anzuschließen, aber mehr interessiert mich im Moment auch, wie der Glos amtstod-müde werden konnte. Zumindest muss es sehr dramatisch gewesen sein – vielleicht ist der „Amtstod“ ja auch eine Vorstufe des Hirntodes?
Muss wohl, sonst wär‘ das Folgende kaum zu erklären: „Vor den Augen der Welt einen Wirtschaftsminister im Amt einzusperren, macht aus mehreren Gründen keinen guten Eindruck. Und den Blick einiger Augen der Welt hatte Glos mit Hilfe der Sicherheitskonferenz immerhin auf sein Schicksal gelenkt.“

Auf der Politik-Seite das Interview mit einem Mann, der mir schon früher durch sein exrem distinguiertes Deutsch aufgefallen ist („Wir haben das nicht aus dem Kaugummiautomat“): Hubertus Heil, seines Zeichens SPD-Generalsekretär.
Und schon im ersten Satz macht seinem Ruf alle Ehre: „Rüttgers ist durchsichtig.“ Nein, Heil, ist er nicht! Seine Manöver vielleicht, oder seine fadenscheinigen Argumente, aber er selbst kann höchstens leicht zu durchschauen sein. Und ein undurchsichtiger Mensch ist wieder was ganz anderes, da kann man nicht mal einfach das Gegenteil bilden!
Nur: das nehmen wir in der nächsten Stunde, jetzt kommt erst einmal die Aussage, dass die Kanzlerin „taktisch vor innerparteilichem Druck einknickt.“ Einknicken kann man – was Druck angeht – nur unter ihm, wenn man vor jemandem einknicken will, dann muss man sich dazu eine Person aussuchen, und dann bleibt immer noch ungeklärt, wie man taktisch knickt.
Und auch das hier gefällt mir nicht: „Der Vorgang wirft ein bezeichnendes Licht auf den Zustand der Unions-Schwesterparteien.“ Reicht es nicht, wenn der Vorgang nur ein Licht wirft? Oder wenn er bezeichnend für den Zustand ist? Warum muss man da ein bezeichnendes Licht draus machen?
Und da bin jetzt mit Herrn Heil einer Meinung, „…dass diese Frage zügig geklärt werden muss“, wobei mir reichen würde, wenn sie jemand beantwortete.

Auf der zweiten Politik-Seite „… stellte … Angela Merkel ihre Vorstellungen … vor“ – und das in einer reichlich großen Unterzeile. Was sollte sie auch sonst damit machen, fragt man sich unwillkürlich.
Im Artikel selbst ist dann von „Obamas Gedankenüberbringer“ die Rede, vom „kalt umstrittene(n) Raketenabwehrsystem“ und von „Merkels Vorstellungen von einer „vernetzten Sicherheit”, in der sich politische, entwicklungspolitische und polizeiliche Ansätze mit militärischen Maßnahmen zur Krisen-Bewältigung bündeln müssten…“ was ich jetzt alles einmal unkommentiert stehen lassen will.

6. Februar 2009

Rätselhaft

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 12:43

… ist, was derzeit bei der WAZ passiert: Hatte ich schon am Dienstag kaum was zu meckern, war gestern so gut wie nichts zu finden (bis auf den „Dalai Lama“ auf der Politik-Seite, der ein „Dalai-Lama“ ist), so sind auch heute kaum größere Verstöße gegen Rechtschreibung, Grammatik oder Sprachgefühl zu vermelden.
Kleinere Ausrutscher wie dieser: „Merkel fremdelt mit Präsident Obama“ seien verziehen, und selbst das hier will ich mal durchgehen lassen: „Alles anderer als trittsicher bewegt sich die Kanzlerin … auf dem glatten Parkett des Nahen Ostens“. Mit „trittsicher“ ist zwar normalerweise ein Untergrund (Treppe, Leiter oder meinetwegen auch ein Parkett) gemeint, nicht derjenige, der darauf herumläuft. Insofern gewinnt die Headline des Kommentars: „Merkel ist nicht trittsicher“ noch eine ganz neue und höchst interessante Bedeutung. Aber wer außer mir wollte so etwas schon anmeckern?
Bleibt noch ein bemerkenswerter Satz am Ende: „Schade nur, dass sie … in parteitaktischen Volten Zuflucht sucht …“ In was sucht sie Zuflucht? Nun habe ich bestimmt nichts dagegen, wenn man weniger bekannten Wörtern mal eine Chance gibt oder auch Wörter in einem neuen (übertragenen) Sinn benutzt. Wenn man aber lediglich den Lesern seine Bildung vorführen will und dabei Wörter benutzt, die niemand aus dem Zusammenhang erschließen kann und die außerdem nicht passen (eine Volte ist ein Ausdruck aus dem Dressurreiten, dem Kartenspiel oder dem Fechtsport und bezeichnet im günstigsten Fall einen Ausweichschritt mit Finte, im schlechtesten eine Übung aus dem Dressurreiten, bei der das Pferd einen Kreis läuft) dann bleibt das Ganze schlicht … rätselhaft.

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