WAZblog Waz man seinen Lesern eigentlich nicht zumuten sollte …

18. Dezember 2008

Verlorener Rufer hat ein Persilschein

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 16:04

Wie verliert man eigentlich einen Rufer? Ganz einfach: „… wer selbst auf die Absurdität hinwies … , war ein verlorener Rufer in der Wüste.“ Nun handelt die besagte Redensart zwar lediglich vom Rufer in der Wüste, aber seit wann muss sich eine Autor Deutschlands größter Regionalzeitung um solche Kleinigkeiten kümmern? Und wenn der Rufer allein nicht einsam genug ist, dann machen wir eben einen verlorenen daraus.

Im Artikel daneben setzt man sich großzügig über solche Kleinigkeiten wie Grammatik und Deklination hinweg: „… andererseits lehnen die Funktionäre, etwa der NPD, deren offenen Gewaltausbrüche ab.“
Und gegen Ende des Artikels steht der Satz: „Dies würde dann für die NPD ‚ein Persilschein‘ bedeuten.“ Ja, der Akkusativ ist eben nicht jedermanns Sache. Und so könnte es einen Anschein bedeuten, dass man bei der WAZ ebenfalls Probleme damit hat.

17. Dezember 2008

Gerüchte-Verteilung auf dem prominentesten roten Teppich

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 16:19

O Mann, ist das viel heute! Aber ich kann nichts dazu: Ich schreibe nur auf, was ich finde. Und das ist heute eben wieder eine ganze Menge:

Schon im Kommentar auf der Titelseite springt uns ein gleichermaßen unverständlicher wie bemerkenswerter Satz ins Auge: „Bei der Gerüchte-Verteilung spielt jeder sein eigenes Spiel, die gebotene Pflicht zur sofortigen Beweisführung gilt offenbar nicht mehr.“ Gerüchte-Verteilung! Was muss man sich darunter vorstellen? Eine Art Essensausgabe bei der Gerüchteküche? Heute werden hier 1a-Gerüchte verteilt! Aber nur, wenn wir dabei noch ein eigenes Spiel spielen dürfen! Und so gilt dann auch die gebotene Pflicht nicht mehr. Nur noch die ungebotene.

Im Artikel direkt daneben lesen wir, dass Betriebe, die Finanzinvestoren gehörten, „mangels Eigenkapital schnell in Zahlungsschwierigkeiten… “ gerieten. Wieder einmal wird der Dativ gerettet, wo er gar nicht hingehört. Aber es gibt ja immer eine Gelegenheit, ihm anzuwenden, manchmal auch mangels grammatikalischen Eigenkapitals. Oder wie die WAZ schreiben würde: „mangels grammatikalischem Eigenkapital“. Tut das weh!

Und die Schmerzen nehmen noch lange kein Ende. Im Kommentar auf Seite 2 z.B. „füllen so viele Vorschläge den öffentlichen Raum“, dass man sich fragt, wie der das aushalten soll. Zumal der öffentliche Raum der ebenerdige Teil einer Gemeindefläche ist, was schon im Artikel vom 12.12. schief gelaufen ist und weshalb an dieser Stelle die Frage erlaubt sein muss, ob wirklich jeglicher Unsinn, den ein WAZ-Autor schreibt, auch zwangsläufig von den anderen WAZ-Autoren abgeschrieben werden muss.

Da kann man nur hoffen, das das Folgende aus dem nebenstehenden Artikel keine Nachahmer findet: „Solch eine Gesprächsbitte über die Verwendung von Zuwendungen sei allerdings ungewöhnlich…“ Dies ist ein ganz besonderes Beispiel über den Gebrauch der Universalpräposition: Eine Bitte über– und sei es auch eine Gesprächsbitte – ist leider komplett unmöglich. Ein Gespräch über geht schon, aber was machen wir mit der Bitte, bitte?

Auf der Seite „Rhein-Ruhr“ finden wir auch wieder eine Menge schräger Formulierungen. Überhaupt ist die Serie „Spendenaktion für Bangladesh“ eine Fundgrube (ich habe schon mehrfach daraus zitiert). Es beginnt mit: „Wie sollten die einfachen Leute, in diesem Land am Golf von Bengalen, weit weg von Deutschland und Europa, fern von Bildung und überhaupt einer Idee von internationalen Beziehungen.“ Wie sollten die was?
Rätselhaft ist dann auch die Formulierung im nächsten Absatz, in dem von einem Besuch Christina Raus die Rede ist: „Und wenn die 52-Jährige, die selbst zwei Töchter und einen Sohn großgezogen hat, ein Kind auf den Arm nimmt oder in den Arm, dann, weil sie es meint. Und sie tut das oft.“ Was tut sie oft? Ein Kind auf den Arm nehmen? Oder oft etwas meinen?
Egal, denn sie „ist eine, die sich im Wohnheim der ungewollt schwangeren Mädchen zu den Müttern auf die Erde setzt und ihre Babys streichelt.“ Sind das die Mütter der Mädchen oder die der Babys?
Scheint nicht wichtig zu sein, „weil sich den Leuten das Gefühl vermittelt: Dieser fremden Frau kann ich vertrauen.“ Das wusste ich noch gar nicht: Ein Gefühl ist nichts, was man fühlt, nein, es vermittelt sich einem.

Auf der zweiten „Rhein-Ruhr“-Seite wird dann ein „Schlüsselwerk deutscher Literatur … aus der Taufe gehoben“, gemeint ist die Filmpremiere von Buddenbrooks. Und hier finden wir auch den „roten Teppich – übrigens einer der längsten und prominentesten, den Essen seit langem erlebte“. Wie erlebt man einen roten Teppich? Außerdem hab ich ihn mir angeschaut: Er war recht unscheinbar, und prominent waren allenfalls die Schauspieler, die darauf herum liefen…

Auf der Politik-Seite wird gefragt: „Kann Europa Wohltaten verteilen?“ Ich glaube nicht, denn Taten kann man eigentlich nur … äh… tun, wie sollte man sie verteilen?

Im Artikel darunter „… entwickelten sich nach der letzten Kommunalwahl 2004 Ratssitzungen zu Marathon-Veranstaltungen mit zweifelhaftem Wirkungsgrad, weil zehn Fraktionen, Gruppen und Einzelkämpfer um das Wort ringen.“ Das stelle ich mir schön vor, wie Fraktionen, Gruppen usw. mit zweifelhaften Wirkungsgrad, nach Worten ringend, auch noch mit einander ringen…

Auf der Kulturseite (ausgerechnet!) steht die Headline: „Maurice Jarre erhält Berliner Ehrenbär“, wären wir im zugehörigen Artikel erfahren, dass er „im kommenden Jahr mit dem Goldenen Ehrenbären ausgezeichnet“ wird. Warum nicht gleich so?

Auf der „Welt“-Seite ist der „Terrorschreck mitten im Pariser Weihnachtstrubel…“, und da „Terror“ zu deutsch „Schrecken“ heißt, haben wir es also mit einem Schreckenschreck zu tun. Vielleicht ist das sowas wie der FIlmfilm von Sat1?

Einen (Artikel) hab ich noch: Auf der Seite „Hören und Sehen“ ist zunächst die Rede von einer Heilerin, die durch dörfliches Handauflegen mehr bewirkt als die Chemo…“, was ich hier mal unkommentiert stehen lassen will, und dann von „Menschen, die auch gern mal Elmar Gunsch als Weihnachtsmann sehen würden oder Iris Berben als Osterhase“, während ich sie viel lieber als Osterhasen gesehen hätte.
Und dann haben wir in dem Artikel noch eine Schlussbemerkung, die ich gar nicht verstehe: „Die Zeit sagt man, heilt alle Wunden. Die Heilerin, sagen wir, lässt einen sich wundern, wohin die GEZ zeitverbrennende Mittel fließen lässt.“ Um so etwas zu schreiben, muss man doch schon ein bisschen zeitverbrannt sein, oder?
Aber vielleicht reicht ja auch ein Terrorschreck aus, damit eine Gesprächsbitte über den Ehrenbär nach Worten ringt und sich mir das Gefühl vermittelt, bei der Gerüchte-Verteilung im öffentlichen Raum die gebotene Pflicht… äh… Tut mir leid, den Satz kriege ich nicht mehr zu Ende. Vielleicht sollte ich bei der WAZ anfangen.

16. Dezember 2008

Neuer Besen in alten Schläuchen mit Doppelname

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 13:50

Von gestern bis heute nix gelernt! War es gestern der Bär, ist es heute der Name. Fette Headline auf der Titelseite: „Nobody mit Doppelname„.

Die Rede war vom SPD-Kandidaten in Hessen, der mitsamt seinem Doppelnamen auf der „Politik-Extra“-Seite wie folgt charakterisiert wird: „in Gestalt eines neuen Besens, der ein altes Programm unter die Wähler zu kehren hatte, welche er durch eine Brille des Schreckens hindurch schräg anblinzelte“. Das mit der Brille des Schreckens kann man gerade noch durchgehen lassen, aber das mit dem Besen… Neue Besen kehren bekanntlich gut, so das Sprichwort, doch der Rest bleibt leider dem alten Wein vorbehalten, der normalerweise in neuen Schläuchen verkauft wird. Bin gespannt, wann ich etwas über einen Politiker lesen muss, der in Gestalt eines neuen Schlauches daherkommt, um den Wählern seinen Besen schmackhaft zu machen, während er den Wein des Schreckens durch seine Brille trinkt.

15. Dezember 2008

Viele Grüsse vom Bär

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 22:32

Na gut, mit dem „ß“ geht es in letzter Zeit etwas durcheinander. Viele glauben sogar, es sei komplett abgeschafft worden und man müsse es stets in „ss“ auflösen. Das stimmt aber nicht. Und im Grunde ist es sogar ganz einfach, seit der neuen Rechtschreibung: Wird der Vokal vor dem (früheren) „ß“ kurz gesprochen, so wird es durch „ss“ ersetzt, wird es lang (oder auch als Diphthong wie in „heißt“) ausgesprochen, bleibt es.
Preisfrage: Wie lang oder wie kurz spricht man „Grüße“ aus? Wenn es nach der WAZ geht, dann offensichtlich kurz. Im Artikel über den Mordversuch der Rechtsradikalen auf Seite 2 wird einer der Täter mit den Worten zitiert: „Viele Grüsse vom nationalen Widerstand…“ Um an dieser Stelle nicht falsch verstanden zu werden: Die „Grüße“ machen die Sache zwar besser lesbar, aber nicht besser.

Nicht besser sind übrigens auch die Formulierungen im Kommentar auf derselben Seite: „Als Bürger sollte man davon ausgehen dürfen, dass die Kommunikation zwischen den Welten Politik, Wirtschaft und Finanzen auf unterschiedlichen Fachebenen längst in eine Permanenzphase eingetreten ist.“ Eine Phase ist ein Abschnitt einer Entwicklung und als solche geradezu das Gegenteil von Permanenz, welche Dauerhaftigkeit bedeutet; es befindet sich etwas also entweder in einer Phase oder aber in Permanenz, und daher kann man als Bürger keinesfalls von Permanenzphasen ausgehen, auch nicht ausgehen dürfen.
Weiter geht’s: „Man kann zwar Medien vorwerfen, dass sie eine Erwartungshaltung sowie eine riskante Fallhöhe erzeugen, aber das weiß die Gastgeberin – und lädt trotzdem ein, eben weil sie mediale Präsenz erreichen möchte.“ Ich habe ja den Medien – und insbesondere der WAZ – schon eine Menge vorgeworfen, das mit der riskanten Fallhöhe jedoch noch nie. Gleichwohl würde mich brennend interessieren, wie die das hinkriegen sollten!

Auf der „Rhein-Ruhr“-Seite haben wir es mal wieder mit den Deklinationsproblemen der WAZ zu tun. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich um „Nachrichten für Kinder“ handelt, die sollen es ja erst noch lernen und müssen dann so etwas lesen: „Dem kleinen Bär in Stuttgart geht es gut.“ Liebe Kinder, schreibt nicht alles nach, was Ihr in den Medien findet! Es heißt: „Dem kleinen Bären„!!! Also guckt lieber TV, bis Eure Augen viereckig werden, denn Lesen schadet der Grammatik!

13. Dezember 2008

Kein Grund zur Panikmache

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 22:04

„Es gibt aber keinen Grund zur Panikmache.“ Mit dieser beruhigenden Feststellung begrüßt uns die WAZ heute im Kommentar auf Seite 2. Für mich stellt sich allerdings sofort die Frage, was denn überhaupt ein Grund zur Panikmache ist, und ob denn nicht das Wesen der Panikmache daran besteht, Panik zu machen, auch wenn kein Grund zur Panik besteht.
Im übernächsten Absatz „könnte ein Aus von GM aber eine Pleitewelle ungeahnten Ausmaßes anstoßen“, was nicht so ganz einfach ist, da Wellen ausgelöst und beispielsweise (Domino-)Steine angestoßen werden.

Auf der Rhein-Ruhr-Seite werden hingegen „Neider in anderen Regionen Deutschlands geweckt“. Ich weiß nicht, ob und warum Neider in anderen Regionen Deutschlands schlafen, gehe aber davon aus, dass hier nur der Neid von bestimmten Personen geweckt oder aber Neider plötzlich aufgetaucht sind.

12. Dezember 2008

Drohungen im öffentlichen Raum und der Klimakredit

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 23:49

Was macht man mit einem Fazit? Man zieht es. Jedenfalls normalerweise. Nicht so bei der WAZ. Im Kommentar auf der Titelseite wird folgendermaßen damit umgegangen: „Die soziale Herkunft ist entscheidend, lautet das Fazit, das über all diese Pisa-Vera-Iglu-Studien gelegt werden kann.“ Von jetzt ab also wird ein Fazit nicht mehr gezogen, sondern drüber gelegt.

Und was machen wir mit Geschichten? Wir lesen sie oder lassen sie uns erzählen. Was machen Geschichten mit uns? Sie beeindrucken uns, lassen uns kalt, rühren uns an, ergreifen uns und dergleichen. Die WAZ findet im Kommentar eine ganz neue Variante: „In den Augen des Zuschauers wird das Schicksal Ewerts zur Geschichte. Die mag einen aus Betroffenheit angehen oder abstoßen.“ Das müsste ich eigentlich in meinen aktiven Sprachschatz übernehmen: „Ey, deine Geschichte geht mich jetzt echt an. Aus Betroffenheit oder so.“ Aber glücklicherweise geht mich das nichts an.
Um so mehr das Folgende: „Es laufen jeden Tag barbarischere Bilder im Fernsehen: Spektakulär inszenierte Tode in Spielfilmen, die zu Nachahmungen anregen könnten.“ Wer weiß, nachher werde ich noch von Toden zur Nachahmung angeregt. Oder von Spielfilmen.

Auf der Seite 2 spricht aber auch der Bundesumweltminister, und hoffentlich regt er nicht zur Nachahmung an: „Wer mit faulen Krediten handelt, verliert am Ende Billionen Euro und Dollar. Und der faulste Kredit, mit dem wir weltweit handeln, ist der Klimakredit.” Toll, Gabriel! Super den Bogen geschlagen von der Finanzkrise zum Klimawandel! Ich wüsste da noch ein paar schöne Wörter, die man zusammenpappen kann, um nichtvorhandene Zusammenhänge herzustellen: Wie wäre es denn mit „Finanzwandel“, „Krediterwärmung“, oder – ja, jetzt hab ich’s! – das wird Furore machen: Der Klimaschirm!

Wo wir gerade bei Politikern sind: Der Seehofer kann laut WAZ (Politik-Seite) auch was Tolles: „Danach stellte er die Drohung in den öffentlichen Raum…“ Das muss ihm erst mal einer nachmachen, denn der öffentliche Raum ist eine ziemlich klar definierte Gegend in Städten und Gemeinden. Da hinein Drohungen zu stellen, ist gar nicht so einfach. Aber vielleicht stellte er seine Drohungen auch einfach nur in den Raum, wie es die Redensart empfehlen würde, selbst dann, wenn er es öffentlich tat.
Doch Seehofer kann noch mehr: „Zeitgleich biss der CSU-Chef in einem Zeitungsinterview zu, in dem er die Kanzlerin zu einem größeren Konjunkturpaket zu nötigen suchte…“ Neben den vielen „zus“ interessiert mich dabei, ob er zubiss, indem er zu nötigen suchte, oder ob er in dem Interview zubiss.

Aber auch andere Politiker können was. Unser Ministerpräsident zum Beispiel: „Rüttgers könnte auch Bundeskanzler“, verrät uns eine fette Headline. Nach meinem Dafürhalten fehlt jetzt noch ein Verb. „Sein“ fiele mir da ein, oder auch „spielen“. Ja, selbst „beißen“ oder „anmalen“ würde ich billigend in Kauf nehmen, ginge doch bloß der Satz sinnvoll zu Ende. Aber nichts dergleichen. Selbst im laufenden Text gibt es keine Aufklärung: „Er könnte auch Bundespräsident oder Bundeskanzler.“ Ja, sagt man denn so was heutzutage? Dann könnte ich glatt Journalist!

11. Dezember 2008

Die Kanzlerin sägt an Klimazielen, die Gefährten sind nicht auszuweiden und der Rettungsschirm hält nicht, was man sich erwartet hat

Filed under: Allgemeines — Schlagwörter: — msteinmen @ 22:03

Wahrhaft merkwürdige Dinge geschehen heute! Auf der Seite 2 bereits, in einer fetten Überschrift, „sägt die Kanzlerin an jenen Klimazielen…“ Nun kann man ja an vielem sägen, und in solchen Fällen zumeist an dem Ast, auf dem man sitzt, aber wie sägt man an Zielen?

Auch im nebenstehenden Kommentar gibt es wieder schräge Formulierungen. So „würde die Kanzlerin mindestens seltsam neutral auf Frauen wirken.“ Wie wirkt man neutral auf Frauen? Wie seltsam neutral? Und wie mindestens seltsam neutral? Und warum muss ich mir solche Fragen stellen?
Aber trösten wir uns: „Positionen werden nicht deshalb falsch, weil ihr Inhaber betroffen ist. Auch Westerwelles Position ist nicht deshalb falsch, weil er mit einem Mann zusammenlebt, sondern weil er vielleicht kein hervorragender Außenminister wäre.“ Also, meine Position ist nicht falsch, weil ich betroffen bin. Und ich bin ziemlich betroffen. Und Westerwelle hat auch Glück: Seine Position ist nur falsch, weil er vielleicht kein hervorragender Außenminister wäre. Wenn er einer wäre. Da er aber keiner ist, auch nicht vielleicht nicht hervorragend, ist jetzt seine Position …? Das ist mir zu kompliziert!
Vielleicht erfahren wir im nächsten Satz mehr. Tun wir nicht, denn der lautet: „Als Oppositionsführer profiliert Westerwelle sich derart scharf konturiert gegen die Große Koalition, dass man manchmal den Eindruck hat, er male im nächsten Moment die Innenwände des Bundestages schwarz und weiß an.“ Irgendwie leuchtet mir das nicht ein: Warum sollte er Wände anmalen, wenn er sich profiliert? Und warum im nächsten Moment? Zugegeben: Auf irgend eine Weise hat das mit dem scharf konturierten Profilieren etwas mit schwarz und weiß zu tun, aber was? Das erfahren wir nicht.
Stattdessen das Folgende: „Auch eine wertegebundene Außenpolitik kann nur dann funktionieren, wenn man Zugang zu den Ländern behält, denen man Werte vermitteln will.“ Was ist das für eine Politik, die da funktionieren soll? Ich hab im Duden nachgeschaut: „wertegebunden“ existiert nicht. Aber weil hier viel von „Werten“ die Rede ist, sollte man vermuten, es sei eine Politik, die sich bestimmten Werten verpflichtet fühlt.
Da sind dann die „mit Geld unterlegten Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei“ schon fast verständlicher.
Aber auch der amtierende Außenminister hat es nicht leicht: „Frank-Walter Steinmeier suchte das Gespräch über Tibet und Menschenrechte hinter verschlossenen Türen.“ Vielleicht hätte er es gefunden, wenn er es hinter offenen Türen oder geschlossenen Fenstern gesucht hätte.
Ein paar Zeilen später erfahren wir, was wichtiger ist als wichtig: „zwei weltwichtige Regierungen“.
Und am Ende es Kommentars erfahren wir endlich, warum Guido Wände anmalt: „Allerdings steht auch ein Oppositionsführer in der Pflicht, Bürgern graue Positionen dort zu erklären, wo Schwarz und Weiß eine gefährliche Illusion sind.“ Das neue Rätsel ist jetzt nur, was graue Positionen sind.

Kommen wir zur „Rhein-Ruhr“-Seite und damit zum „Rinnstein der Gesellschaft“, wie uns die Headline in mindestens 60 Punkt verkündet. Was das allerdings sein soll, erfahren wir nicht, stattdessen ist im Artikel von den „Absteigen im Rinnstein der Haupstadt„, was aber auch nicht verständlicher ist, zumal es wenigstens die Hauptstadt sein sollte. Wo und inwiefern man dort im Rinnstein Absteigen findet, wird leider nicht weiter ausgeführt, sondern das Folgende: „wo die wohnen, die noch ärmer sind als die Armen und noch ärmer dran.“
Um so etwas zu schreiben, muss man ja total arm dran sein, sozusagen Arm ab (haha!).
Es geht aber noch schlimmer weiter: „Das hier sei ’schlimmer als alles‘, hieß es eben noch, aber was ist nun schlimmer: eine armselige Hütte oder gar keine?“ Ich glaube, am schlimmsten ist dieser Sprachstil, der Sprache zerhackt, zerstückelt und dann die Einzelteile zu neuen Sprachgebilden recycelt.
Und nun folgen Zeilen sinnfreien Gefasels, und ich kann nun wirklich nicht mehr auf alles eingehen: „Die Straßen der Städte sind verstopft, die Flüsse nicht minder, beide mit Gefährten, die nicht einmal mehr auszuweiden wären auf dem Schrott, und dann: überall Leute, überall Lärm. Schon jetzt beschäftigen sich die Gerichte zu 80 Prozent mit Streitigkeiten um Grund und Boden. Um Grund, der feucht ist, salzig und wenig Ernte bringt. Um ein Stück trockenen Lehms oder eine Pfütze, über denen der saure Geruch verrottenden Abfalls liegt. Über Flecken wie dem, auf dem Parveen wohnt, die Feuerholz verkauft, Ashma, die 17-Jährige, die ihrem Vater hilft, einem Scherenmacher, und Piyara, die stolz ist auf ihr ‚Transportunternehmen‘: Sie besitzt einen brüchigen Handkarren.“ Entschuldigung, hier stimmt einfach nichts mehr: Weder die Semantik, noch der Satzbau, noch die Aussage; hier geht alles komplett schief.
Ich würde mich jetzt noch gern über die Gefährten aufregen, die nicht auszuweiden wären, aber eigentlich bin ich nur noch müde…
Aber es gibt noch mehr Unsinn: „Sie geben sich gegenseitig winzige Kredite, für Mehl, um daraus Kuchen zu verkaufen…“ Aus Mehl Kuchen verkaufen!
Und dann wieder zeilenweise Gefasel: „Gerade sitzen die Frauen wieder zusammen und diskutieren: ‚Unsere Brüder haben immer das bessere Essen gekriegt.‘ – ‚Mädchen bringen einer Familie nichts ein.‘ Es ist viel, dass sie das sagen können: Vor wenigen Monaten noch hätten sie es nicht einmal zu denken gewusst. Und jetzt erleben sie, dass die paar gesparten Taka, über die sie penibel Buch führen in rosa Kassenheftchen, die Familie ernähren.“ Das ist doch kein Deutsch, das ist schlicht unerträglich! Und das Schlimmste: Bei der WAZ scheint man zu glauben, dass man so eine Reportage schreiben muss! (Egon Erwin würde sich im Grabe umdrehen!)

Und nun muss ich mich auch noch mit dem Rettungsschirm beschäftigen. Den finden wir heute mal wieder auf der Wirtschafts-Seite. „Rettet den Rettungsschirm“, heißt da die Headline über dem Kommentar, und ich vermag mich dieser Forderung ganz und gar nicht anzuschließen. Denn eigentlich gibt es dieses Ding gar nicht. Der Duden zumindest kennt es nicht und ich wüsste auch nicht, jemals so etwas gesehen zu haben. Es tritt ja auch erst seit der Finanzkrise auf, und seitdem vermehrt. Allerdings gab es ursprünglich einen Schutzschirm und ein Rettungspaket – und ich vermute, dass irgendein aufgeregter Reporter daraus einen Rettungsschirm gebastelt hat. Nur: Warum alle das ohne Überlegung nachplappern, ist mir unerklärlich. Nun gut, die WAZ ist halt für jeden Blödsinn zu haben, selbst für die folgende Aussage: „Ganz offensichtlich hält das vor sechs Wochen allseits gefeierte Rettungspaket nicht, was man sich erwartet hat.“ Vielleicht wollte der Autor ursprünglich schreiben: „… was man sich darunter vorgestellt hat“ und ist im letzten Moment auf „erwartet“ umgestiegen, wir werden es nie erfahren…

Zum Abschluss noch ein paar Politiker-Zitate von der Politik-Seite, um die WAZ-Autoren ein bisschen zu entlasten. Alle drei aus einem Artikel. Zuerst die SPD. Sie spricht von einer „faustdicken Panne“, während man höchstens die faustdicke Lüge kennt. Sodann die Grünen, die nicht verstehen, „dass ein Richter keine Klarheit über Fristen hat“. Ich verstehe daran vor allem den Gebrauch der Präposition „über“ und die merkwürdige Satzkonstruktion nicht. Und schließlich die CDU, bzw. ihre Justizministerin, die meint, es sei nichts passiert, „was auch nur entfernt an einen Skandal erinnern könnte“. An welchen Skandal sollen wir uns da erinnern?
Solange die Politiker soviel Unsinn reden, muss man bei der WAZ nicht fürchten, dass „Deutsch als Sprache“ ins Grundgesetz geschrieben werden kann.

10. Dezember 2008

Die Kanzerlin klettert aus dem Wrack, der Staat nimmt Schulden auf und überall kommt noch eine Dunkelzifferhinzu

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:31

Es scheint eine neue Funktion in unserem Staat zu geben, denn im Seite-1-Kommentar steht: „Da rauscht die Große Koalition in Sachen Pendlerpauschale mit Ansage und Vollgas gegen die Wand, woraufhin die Kanzerlin fidel aus dem Wrack klettert und das Konjunkturprogramm beklatscht, welches die Reparatur auslösen könnte.“ Warum auch nicht? Wir hatten einen Kanzler, jetzt haben wir halt die Kanzerlin. Welche aus einem Wrack klettert. Dabei beklatscht sie ein Konjunkturprogramm. Soweit, so unverständlich. Aber wie löst ein Programm eine Reparatur aus? Und was eigentlich wird da repariert? Die Koalition? Das Wrack? Kann man Wracks überhaupt reparieren?
Die Frage muss offen bleiben, es gibt Schlimmeres: „Jetzt so zu tun, als sei kein Schaden entstanden, ist nicht nur gegenüber den Steuerbürgern eine Frechheit, denen zeitweise Geld zu unrecht entzogen worden ist.“ Zumal es Steuerbürger gar nicht gibt, und wenn es sie gäbe, wäre ihnen das Geld zu Unrecht entzogen worden.

Vielleicht muss der Bund auch deshalb „neue Schulden aufnehmen“, wie man in der nebenstehenden Headline lesen kann. Ich nehme allerdings eher an, dass der Bund neue Schulden macht, indem er Kredite aufnimmt, aber mich fragt ja keiner …

Dafür erfahren wir auf der Rhein-Ruhr-Seite (im Artikel über Waffen und Waffenbesitzer) mal echt Überraschendes: „Auch das weit verbreitete Altern spielt eine Rolle“. Wer hätte das gedacht! Altern ist weit verbreitet!
Und der Artikel endet mit ähnlich überraschenden Erkenntnissen: „Allein in Essen sind 9000 Waffen registriert. Falls sie das für viel halten: In Duisburg sind es mehr als 23 000. Überall kommt noch eine Dunkelzifferhinzu, die man aber überhaupt nicht abschätzen kann, sonst wäre sie ja keine Dunkelziffer.“ Neben der Kleinschreibung der Anrede und der kreativen Zusammenschreibung von „Dunkelziffer“ und „hinzu“ besticht hier die klare Analyse und die scharfsinnige Beweisführung: Eine Dunkelziffer ist deswegen eine Dunkelziffer, weil man sie nicht abschätzen kann, sonst wäre sie keine. Grandios!

9. Dezember 2008

Nach Gutsherrenart auf den Boden des Alltags steigen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 23:11

Es könnte glatt ein doppelter WAZberger sein, ist aber nur ein Zitat. Der Bochumer Staatsanwalt äußert sich über einen Angeklagten auf der „Rhein-Ruhr“-Seite wie folgt: „Er hat an einem System mitgewirkt, in dem öffentliche Fördergelder nach Gutsherrenart zweckentfremdet wurden.“ Warum nur müssen immer zwei Dinge gleichzeitig ausgesagt werden? Haben wir denn alle keine Zeit mehr, eines nach dem anderen von uns zu geben? Im konkreten Fall: Er hat Geld nach Gutsherrenart verteilt (was bedeutet, dass er große Summen mit herablassender Großzügigkeit unter die Leute gebracht hat). Und er hat Fördergelder zweckentfremdet. Aber er hat sie eben nicht nach Gutsherrenart zweckentfremdet, weil man Gutsherren zwar viel nachsagen kann, nicht jedoch, das einer je öffentliche Gelder zweckentfremdet hätte.

Nun gut, das war nur ein Staatsanwalt, kein Sprach-Profi, wie es WAZ-Redakteure sein sollten. Und was schreiben die? Z.B. auf der Politik-Seite Folgendes: „Politiker können ein verbales Duell an unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten austragen. In Stuttgart hielt Kanzlerin Angela Merkel vor einer Woche eine Rede auf dem CDU-Parteitag. In Berlin fordert Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier sie am Montag beim Europa-Parteitag der SPD heraus. Nachträglich. Das verschafft ihm einen Vorteil bei der Zielgenauigkeit, weshalb er im direkten Vergleich der beiden Montagsreden besser abschneidet.“ Mal ehrlich: Ist das besser? Versteht man das? Natürlich können Politiker ein verbales Duell wann-und-wo-auch-immer austragen. Gemeint war aber, dass sie dazu nicht zur selben Zeit am selben Ort sein müssen. Aber auch diese Aussage ist eher trivial. Und was dann kommt, ist einfach nur noch schräg: Der Kanzlerkandidat fordert die Kanzlerin heraus. Und zwar nachträglich, wie es nachgeklappt daherkommt, was ihm einen Vorteil bei der Zielgenauigkeit verschafft. Hä? Und deshalb schneidet er beim direkten Vergleich besser ab. Doppel-Hä. Das ist einfach nur unverständlich.
Und im weiteren Verlauf des Artikels wird es auch nicht besser, denn: „Allmählich heiser werdend steigt der einst von vielen als Bürokrat empfundene Steinmeier auf den Boden des Alltags, auf dem er sein persönliches Konjunkturpaket II vorstellt…“ Er steigt also auf den Boden, das ist ähnlich, als wolle er ein Tal erklimmen (hatten wir kürzlich), aber nicht auf irgendeinen, sondern auf den des Alltags, um ein Paket vorzustellen und wird dabei heiser. Das ist logisch: Ich werde auch allmählich heiser, wenn ich auf irgendeinen Boden hinaufsteige. Und sei es der des Alltags.

8. Dezember 2008

Wer wem was lernt

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 22:15

Tja, mit Singular und Plural kann man schon mal durcheinander geraten. So steht heute auf der Seite 2: „Die Strom- und Wasserversorgung in dem einst blühenden afrikanischen Staat sind zusammengebrochen…“ Zugegeben: Es sind zwei Elemente, deren Versorgung zusammengebrochen ist. Trotzdem sind es keine Versorgungen, sondern es bleibt bei einer einzigen Versorgung, und weil es nur eine ist, steht diese im Singular.
Zwei Absätze weiter folgt eine grammatikalische Konstruktion, die immer wieder gerne genommen wird: „Man braucht keine Kampfjets, um dem simbabwischen Präsidenten das Fürchten zu lehren…“ Wat lernt uns dat? Also:Mir lehrt es das Fürchten vor dem Dativ in WAZ-Artikeln.

6. Dezember 2008

Der Forellen-Tartar

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 23:50

Schon auf der Titelseite „zeichnet sich ein neues mögliches Erregungsthema ab“, und wenn man im Kommentar noch ein paar Zeilen weiterliest, dann erfährt man, dass der VRR „seine Geschäftsbeziehungen mit der DB Regio … drastisch gekürzt hatte…“ Dennoch bleibt eine Frage offen: Wie kürzt man eigentlich Beziehungen?

Auf der Kulturseite erleben wir „die Geschichte eines Verfalls“, womit die Buddenbrooks-Verfilmung gemeint ist und nicht die deutsche Sprache, auch wenn man beim Lesen der WAZ genau auf diese Idee kommen könnte. Denn „plötzlich fällt ein Schaffen auf diese Routine.“
Und noch bevor wir uns von diesem ungewöhnlichen Ereignis erholt haben, müssen wir lesen, dass die Filmemacher nicht versucht haben, „die über vier Erzähl-Jahrzehnte spannende Handlung …auch nur halbwegs vollständig widerzugeben.“ Das könnte ich widerlegen, muss mich aber darauf beschränken, die über mehrere Seiten scheiternde WAZ-Sprache halbwegs unvollständig wieder zu geben.
Und abgesehen davon verwirrt mich ein Geschichtsdatum, das ich ein paar Zeilen weiter lesen muss: „die Revolution von 1948″. Nicht nur, dass dadurch die spannende Handlung auf etwa 140 Jahre ausgedehnt wird; ich wusste auch bisher nichts von der 1948er Revolution in Deutschland, oder sollte ich im Geschichtsunterricht nicht aufgepasst haben?

Auch die „Fernsehen am Samstag“-Seite überrascht mit ungewohnten Einsichten: „Eher möchte man sich die gertige Brünette als Loreley denken.“ Mal abgesehen davon, dass die Loreley die berühmteste Blondine Deutschlands ist – was, bitteschön, ist gertig?
Und da macht uns auch der nächste Satz nicht schlauer: „Geschaffen, die Männer mit den weißen Schürzen zu verwirren und erst recht Hobbyköche an den Felsen gehobener Kulinarik kentern zu lassen, bis sie den Löffel abgeben.“ Da frage ich mich, wann denn hier die Männer mit den weißen Jacken kommen, um Hobbyschreibern, die an den Felsen gehobener Sprachakrobatik gescheitert sind, die Tropfen in die Krone zu schlagen.

Das Highlight der heutigen Ausgabe finden wir allerdings im Lokalteil Essen. Und es geht sogar um Essen. In einer Bildunterschrift steht: „Der Tartar von Forelle und Lachs wird in Form gebracht.“ Der Tatar ist Angehöriger der wilden Horde Dschingis Khans, und er schreibt sich ohne „r“ in der ersten Silbe, schließlich heißt ja auch Banane und Barnarne. Der jedoch wurde mitnichten in Form gebracht, sondern das Tatar, was wiederum gehacktes Fleisch oder in dem Falle gehackter Fisch ist.
Aber vermutlich ist hier auch wieder nur ein Felsen gehobener Kulinarik im Weg gewesen…

5. Dezember 2008

Aus den Pötten, in den Quark

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 12:50

Auf der Titelseite mal wieder so ein typischer „WAZ-Nachklapp“. Da heißt es im Kommentar: „Wer liest, bringt Ruhe in sein Leben, selbst wenn die Lektion beunruhigend ist. Und Tiefgang.“ Was soll das sein? Schreibstil? Eher bringt es Unruhe in eine Sprache, selbst wenn der Artikel überflüssig ist. Und Blödsinn.
Und wie soll man so noch den folgenden Satz rechtfertigen, der ein paar Zeilen später zu finden ist: „Lesen kann eine wunderbare Alternative sein zu inhaltsleerer Ratlosigkeit“? Denn wenn ich so was lese, dann ergreift mich leider eine totale … äh … inhaltsvolle Ratlosigkeit!

Aber kommen wir doch mal endlich aus dem Quark! Bei der WAZ heißt das allerdings anders. Auf der Wirtschaftsseite schreibt man: „Wenn es um die Frage geht, wie das Ruhrgebiet aus den Pötten kommen kann…“ Dummerweise sagt die Redewendung, dass man in die Pötte kommen soll, wenn man sich mal aufraffen soll, etwas zu tun. Aber aus den Pötten, in den Quark – warum soll sich ein WAZ-Autor mit solchen Kleinigkeiten aufhalten?

4. Dezember 2008

Das Elternteil

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 22:29

Heute auf der Titelseite, im Artikel über Sorgen von Kindern: „Der Umfrage zufolge hat jedes vierte Angst, etwa durch eine Scheidung ein Elternteil … zu verlieren.“ Das wäre nur richtig, wenn es etwa das Elternteil hieße, da es aber der Elternteil ist, muss man vermuten, dass man bei der WAZ mal wieder in die Deklinationen schauen sollte: Ein Elternteil, eines Elternteils, einem Elternteil und dann, naaa? richtig: einen Elternteil.

3. Dezember 2008

Besessen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 22:21

Der „Exorzist“ mal anders: Auf der Politik-Seite behandelte die CDU den Antrag zur DDR-CDU „im nur noch locker besessenen Saal…“ Fragt sich nur, welcher Dämon den Schreiber da gerade im Griff hatte oder wovon der Autor sonst besessen war, und sei es auch nur locker.

2. Dezember 2008

Klamme Städte sorgen geschlossen für Geschlossenheit

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:40

Wenn eine Kommune kaum noch Geld in der Kasse hat, kann man sagen, sie ist klamm. Aber darf man dann auch Folgendes schreiben: „Trotz 100-Millionen-Schulprogramm halten sich klamme Städte zurück“, wie die WAZ das heute in einer Subline auf der Titelseite verkündet? Für mich klingt die klamme Stadt genauso falsch wie die aufe Tür und das zue Fenster.

Darunter im Artikel über den CDU-Parteitag benutzt der FDP-Generalsekretär ein derartig grandioses Sprachbild, er könnte glatt als Kommentator bei der WAZ anfangen: „Friedrich Merz … wirkt im Meer der taktierenden CDU wie ein Schiffbrüchiger auf einer Insel des politischen Sachverstands.“ Toll, nicht wahr?

Auf der Seite 2 will man sich an solcherlei Sprachakrobatik offenbar ein Beispiel nehmen und schwimmt daher ebenfalls in einem Meer von Stilblüten, ohne sich jedoch auf eine Insel sprachlicher Einsicht retten zu können: „Parteitagsreden bergen viele Gefahren. Sie können überladen sein, oder unterladen oder auch ausgewogen langweilig.“ Was ist ausgewogen langweilig? Kann man Langweiligkeit auswiegen? Ich kenne Reden, die ausgesprochen langweilig waren, hätte hier jedoch eher die Vermutung, dass man uns etwas über eine langweilig ausgewogene Rede berichten wollte, also eine Eede, die so ausgewogen ist, dass sie langweilt.
Im übernächsten Absatz sollen Banken veranlasst werden, „unter den Rettungsschirm zu gehen“, was mich völlig an meinem Bild von diesem merkwürdigen Schirm zweifeln lässt. Also, wie muss man sich das Ding jetzt vorstellen? Eine Art Fallschirm? Dann kann man aber nicht darunter gehen. Eine Art Regenschirm? Aber wie rettet er dann?
Vielleicht muss man sich das Ganze irgendwie geschlossener vorstellen, so etwa: „Es war verabredet, dass die Parteispitze geschlossen für Geschlossenheit sorgen werde…“ Sollte man meinen!

1. Dezember 2008

Clement entmannt und Merkel renoviert

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 19:37

Herr Clement! Sie hatten doch schon ein Sprachordnungsverfahren von mir bekommen! Und was muss ich heute auf der WAZ-Titelseite von Ihnen vernehmen? „Ich sollte unter Mitwirkung von Franz Müntefering entmannt werden.“ Mal abgesehen davon, dass einer von uns beiden einen falschen Begriff von „Entmannen“ hat (oder sollten Sie gemeint haben, dass nach der Rüge Ihre Äußerungen nicht mehr so … äh … spritzig sein würden?), ist auch der Satzbau reichlich schräg: Unter Mitwirkung von! Soll das Deutsch sein? Entweder „unter“ oder „mit“ oder „von“, alle drei Präpositionen auf einmal sind ein bisschen viel. Schon „Münteferings Mitwirkung“ hätte da einiges besser gemacht. Bleibt dann immer noch das „Unter“. Und das klingt einfach nicht gut. Aber „mit Mitwirkung“ geht natürlich auch nicht. Vertrackte Geschichte, echt! Vielleicht liegt das daran, dass das Ganze insgesamt Blödsinn ist: Jemanden unter der Mitwirkung von jemandem entmannen.
Es wird auch nicht besser davon, dass es auf der Politik-Seite noch zweimal wiederholt wird. Nein, stattdessen wird es schlimmer. Zumal Sie mit dem Satz zitiert werden, Sie wollten sich nicht „einer eingeschränkten Meinungsfreiheit unterwerfen„. Keine Sorge, das geht nämlich gar nicht: Einer Meinungsfreiheit kann man sich nicht unterwerfen, weder einer eingeschränkten noch einer uneingeschränkten. Ich vermute, Sie wollten Ihre Meinungsfreiheit nicht einschränken lassen oder aber sich nicht irgendwelchen strengen Regeln unterwerfen.
Das alles wäre jetzt genug Material, Ihnen eine weitere Sprachrüge zu erteilen, aber ich fürchte, Sie würden dann am Ende noch aus der deutschen Sprache austreten und das wäre doch – irgendwie wunderbar!

Der Chefredakteur wurde nicht entmannt, trotzdem hat er Probleme mit Beziehungen. Im Kommentar auf Seite 2 fabriziert er zwei geradezu exemplarische Beziehungsfehler: „Grund genug für Tillich, viele Jahre zu verschweigen, wie tief er sich eingelassen hatte. (Absatz) Angela Merkel hat es nicht verschwiegen. Sie war Mitglied der Freien Deutschen Jugend… “ Demnach hat sie nicht verschwiegen, wie tief sich Tillich eingelassen hat.
Im nächsten Absatz wird es dann noch schöner: „Die Akademie-FDJler beschafften Merkel eine provisorische Bude, renovierten sie und besorgten ihr auch noch die Möbel.“ Wenn die FDJler Merkel renoviert haben, wundert einen natürlich gar nichts mehr!

Das hätte jetzt ein schöner Schlusssatz werden können, aber leider steht heute noch viel mehr in der WAZ. Auf der Rhein-Ruhr-Seite übt man Rechtschreibung: Unter der Headline „Zuhause“, steht im Artikel zunächst „zu Hause“ und am Ende wieder „zuhause“. Nach der reformierten Rechtschreibreform ist jetzt zwar beides möglich, aber muss es den unbedingt in einem Text sein, damit man sich dann was aussuchen kann?
Auf derselben Seite noch eine interessante Rechtschreibübung: „… dass sich im-(neue Zeile) Laufnoch eine Patrone befand“ und auf der Rückseite in der Headline ein WAZologismus: „Großer Sehnsuchts-Stau“. Im zugehörigen Artikel eine Formulierung, die man sich wirklich mal (wie Piet Klocke so schön sagt) „auf der Zunge vorstellen“ kann: „Wer den Nervenkitzel gesucht hatte, konnte ihm deshalb in im Wortsinn geordneten Bahnen nachschmecken.“

Auf der „Menschen“-Seite wird eine „Prinzessin sieben Jahre als“ anstatt alt und auf der Politik-Seite (über Clements Entmannung) soll mal wieder „niemand auf die Idee kommen, Frau Merkel sei eine Getriebene“.

Besonders ergiebig ist heute auch der Sportkommentar. Hier ist zunächst die Rede von „hochfliegenden Ansprüchen, die von happigen Millionen-Investitionen unterfüttert wurden…“ Normalerweise werden Mäntel unterfüttert, seit Neuestem wohl auch hochfliegende Ansprüche.
Kurz danach ist die Rede davon, dass „der Uefa-Cup bereits ein kümmerliche Trostpreis“ war.
Gegen Ende des Kommentars finden wir eine total verunglückte Formulierung: „Die Zahl der Kritiker von Trainer Fred Rutten, der offenbar weder mit der Klasse noch mit dem Charisma seines Landsmanns Huub Stevens vergleichbar ist, wächst proportional mit jenen Zweiflern, die Manager Andreas Müller und seine missratene Personalpolitik mit Recht in Frage stellen.“ Puh! Was für ein Satz! Da weiß man gar nicht so recht, wo man anfangen soll. Also: zunächst mal kann man schlecht einen Trainer mit einem Charisma vergleichen (dann schon lieber die berühmten Äpfel mit den Birnen), sodann wächst eine Zahl nicht so leicht mit den Zweiflern (sondern auch eher mit ihrer Anzahl), und gar proportional mit denselben dürfte ihr noch schwerer fallen; und schließlich frage ich mich (aber nur beiläufig), warum die Zweifler die Personalpolitik nicht zu Recht in Frage stellen.
Wenn man jetzt denkt, man hätte damit das Schlimmste hinter sich, hat man den Einfallsreichtum von WAZ-Autoren unterschätzt, denn nun folgt: „Dieses Gebräu an Misshelligkeiten könnte sich zum großen Knall entladen…“
Man möchte hinzufügen: Und wer weiß, wer dadurch entmannt wird!

29. November 2008

Der vor seinem Chef eigentliche Arbeiterführer und die Treiberin

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:37

Eine schöne Wortkombination hat sich der Chefredakteur heute für den Kommentar auf Seite 2 ausgedacht und damit die Kategorie „Arbeiterführer“ um eine weitere Sparte bereichert: „Und ganz bestimmt werden nicht alle in der Union jubeln über Laumann, den noch vor seinem Chef Jürgen Rüttgers eigentlichen Arbeiterführer…“ Demnach gibt es also Arbeiterführer, eigentliche Arbeiterführer und dann auch noch vor jemandem eigentliche Arbeiterführer. Vielleicht finden wir dann morgen den neben dem noch vor jemandem eigentlichen Arbeiterführer und übermorgen den über dem neben dem noch vor jemandem eigentlichen Arbeiterführer.
Im letzten Absatz eine weitere interessante Formulierung: „Angela Merkel wirkt in diesen Tagen nicht wie eine Treiberin, sondern wie eine Getriebene.“ Was ist eine Treiberin oder ein Treiber? (Bleiben wir mal, um die Dinge nicht noch mehr zu verkomplizieren, bei der männlichen Form:) Einen Treiber kennt man z.B. von der Jagd. Da scheucht er das Wild auf, welches der Jäger dann abschießt. Eine modernere Bedeutung des Wortes hat mit der Computerwelt zu tun: Hier ist ein Treiber ein kleines Programm, das ein Peripherie-Gerät (z.B. den Drucker) für den Rechner „ansprechbar“ macht. Beides kann hier nicht gemeint sein. Was ist hingegen eine Getriebene oder ein Getriebener? Das ist jemand, der von einer Aufgabe oder Idee beseelt oder mehr noch: geradezu besessen ist. Ich z.B. bin ein Getriebener, was die Verteidigung der deutschen Sprache angeht. Und daher würde ich solche Autoren gerne vertreiben oder sie zumindest antreiben, damit sie besser schreiben lernen. Darum bin ich aber noch lange kein Treiber!

28. November 2008

Während man sich mit Schnellbooten anschleicht, haben Wurzeln Fuß gefasst (oder so)

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 22:24

Schleicherei ohne Ende! Sind wir gestern noch schleichend gelaufen, verlegen wir heute unsere entsprechenden Aktivitäten auf das Meer: „Inzwischen scheint aber klar, dass die Terroristen sich im Schutz der Nacht mit Schnellbooten angeschlichen haben.“ (Kommentar Seite 2). Vermutlich haben sie die Boote auf dem Rücken getragen, als sie sich angeschlichen haben, oder wie soll man sich das vorstellen?
Doch schon vor den schleichenden Schnellbooten geschieht Wundersames, denn „diese Gewalttaten haben die politischen Landschaft der größten Demokratie der Welt umgekrempelt„. Das würde ich zu gern einmal sehen, wie eine Landschaft umgekrempelt wird (allerdings: nachdem letzte Woche Arme aufgekrempelt wurden, warum eine Landschaft nicht um?)
Das alles war noch relativ harmlos und man könnte es als Ausrutscher eines gestressten Redakteurs abtun. Nun aber gerät der Artikel mehr und mehr aus der Kurve und ich frage mich, wie viel Alkohol ein durchschnittlicher WAZ-Kommentator so zu sich nimmt, während er einen solchen Artikel verfasst:
„Die hindunationalistische Bharatiya Janata Party will Sicherheitsprobleme und Terrorismus zum zentralen Punkt ihrer Kritik an der Kongress-Regierung machen – frei nach dem Motto: Nicht alle Moslems sind Terroristen, aber alle Terroristen sind Moslems.“ Das ist schon reichlich schwer verständlich, der Anschluss hingegen ist dann gar nicht mehr zu verstehen: „Die Geschichte Indiens beweist das Gegenteil.“ Das Gegenteil? Das hieße dann etwa so: Nicht alle Terroristen sind Moslems, aber alle Moslems sind Terroristen.
Der folgende Satz macht das Ganze nicht besser: „Dennoch“ (Wieso dennoch?) „wird die blutige Attacke von Bombay das ohnehin spröde Geflecht der Gesellschaft zum Zerreißen spannen.
Warum musste es jetzt ausgerechnet ein sprödes Geflecht sein? Spröde bedeutet nämlich soviel wie „unbiegsam, brüchig, unelastisch, zerbrechlich“, was erstens für ein Geflecht und zweitens zum Spannen außerordentlich ungeeignet sein dürfte. Aber auch sonst fällt es schwer, diesem Satz überhaupt irgendeinen Sinn abzugewinnen. Übrigens genauso wie dem nächsten, der offenbar als Erläuterung gedacht war, diesem Zweck aber leider nicht nahe kommt: „Das Land hat sich längst in eine nationalistisch gesinnte hinduistische Mittelklasse und Unterklasse auf der einen Seite und Minderheiten auf der anderen Seite gespalten.“ Auf der einen Seite haben wir also zwei Klassen, auf der anderen Minderheiten. Und alles zusammen bildet ein sprödes Geflecht, das zum Zerreißen gespannt ist, oder wie? Ich frag ja nur…
„Die Moslems“, erfahren wir weiter, „rund 130 Millionen von eine Milliarde Einwohner…“ sind aber 130 Millionen von einer Milliarde Einwohner, wenn wir es mit dem Dativ ein bisschen genauer nehmen wollen.
Und nun folgt der Satz, der meinen Verdacht erhärtet hat, dass manche Artikel unter Alkoholeinfluss geschrieben werden: „Es war deshalb wie ein Schock, als während des vergangenen Jahres deutlich wurde, dass der Extremismus längst Wurzeln in den eigenen Megametropolen Fuß gefasst hatte.“ Also: Wer hat da jetzt Fuß gefasst, die Wurzeln oder der Extremismus? Oder hat der Extremismus Wurzeln gefasst?
Jetzt könnten wir es mit diesem Kommentar gut sein lassen, leider gibt es in der Online-Ausgabe dann noch einen Aufmerksamkeit erheischenden Satz: „Der indischen Marine, die vor Somalia einen von Piraten gekaperten thailändischen Fischkutter mit Mann und Geiseln versenkte und sich nicht einmal die Mühe gab, nach Überlebenden zu suchen, erwartet schon gar nicht, dass sie zu allem entschlossene Terroristen in kleinen, schnellen Booten aufspüren kann.“ Wenn man den Satz auf das Wesentliche reduziert, steht da: „Der indischen Marine erwartet schon gar nicht, dass sie Terroristen in kleinen, schnellen Booten aufspüren kann.“ Hauchen Sie mich mal an, Herr Kommentator!

27. November 2008

Schleichend läuft der Frosch auf der Herdplatte

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:18

Konnten wir uns gestern noch über die Höhe einer Senkung wundern, so müssen wir heute ähnlich Widersprüchliches zur Kenntnis nehmen. Denn im Kommentar auf der Seite 2 „läuft die Krise jetzt schleichend durch die Realwirtschaft.“ Wie muss man sich das vorstellen? Läuft sie oder schleicht sie? Ich find’s schon komisch, mir eine durch die Realwirtschaft schleichende Krise vorzustellen, aber diese hier läuft auch noch beim Schleichen … oder schleicht beim Laufen.
Zwei Absätze davor wird es auch noch richtig gefährlich, „wenn Tag für Tag neue Krisen-Meldungen einschlagen“.
Ja, und dann der Frosch. Eigentlich ein witziges Bild: „Die Politik reagiert wie der Frosch auf der heißen Herdplatte.“ Jetzt denkt man, der hüpft herum. Tut er aber gar nicht: „Beim langsamen Erhitzen bleibt er sitzen, wirft man ihn in heißes Wasser, springt er heraus.“ Aber warum erhitzt man eine heiße Herdplatte, auf der ein Frosch sitzt, und wirft ihn dann in heißes Wasser? Und was hat das mit der Politik zu tun? Ich vermute, man wollte uns Folgendes sagen: Wenn man einen Frosch auf eine (zunächst kalte) Herdplatte setzt und diese dann langsam erhitzt, dann bleibt er sitzen, weil er die zunehmende Hitze nicht bemerkt. Wenn man ihn aber direkt auf eine heiße Platte setzt, springt er weg. Oder auch so, wenn einem das Wasser lieber ist: Werfen wir einen Frosch in kaltes Wasser und erhitzen es langsam, bleibt er drin. Werfen wir ihn direkt in heißes Wasser, springt er heraus. Und die Politiker verhalten sich ähnlich, weil sie sich nur dann bewegen, wenn plötzlich etwas Schlimmes passiert. War das jetzt so schwer? Musste man dazu den armen Frosch erst auf die heiße Platte setzen, diese dann noch erhitzen und ihn anschließend in heißes Wasser werfen, nur, um so ein völlig unbrauchbares Bild zu produzieren?

26. November 2008

Die Höhe der Senkung leidet Schaden

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:46

Wie hoch ist eigentlich eine Senkung? Gute Frage, nicht wahr? Die WAZ beantwortet sie heute auf der Titelseite mal wieder auf eigene Weise: „Zur Höhe der Preissenkung sagte Reutersberg nichts …“ Mein Freund Wilfried sagte heute dazu: „Dann lass uns doch mal das Tal erklimmen oder zum Gipfel hinabsteigen!“ Recht hat er!

Auf der Seite 2 wird gelitten. Für mich eigentlich nichts Neues, denn das tu ich ja schon sowieso schon, wenn ich das alles lese … Heute haben wir es aber mit besonderem Leiden zu tun: „Die SPD leidet Schaden, weil …“ Und dann folgt es Schlag auf Schlag, Leiden auf Leiden: „Franz Müntefering leidet Schaden …“, „Wolfgang Clement leidet Schaden …“, „Darum erleidet am meisten Schaden die Richtung, für die Clement steht“ und schließlich: „Darum leidet die SPD insgesamt Schaden.“ Nun kann man an etwas leiden (Krankheiten zum Beispiel) und auch unter etwas (Wirtschaftskrise, die wird ja gerade jetzt immer wieder gern genommen). Aber kann man Schaden leiden? Also: ich kann ihn gar nicht leiden. Vor allem aber nicht diesen merkwürdigen Gebrauch des Wortes „leiden“ durch den Chefredakteur. Und komischerweise schreibt er ja auch ein einziges Mal und richtigerweise: „darum erleidet am meisten Schaden …“ Das hätte ihm eigentlich zu denken geben müssen. Hat es aber nicht, darum leidet hier die deutsche Sprache – und vielleicht erleidet sie sogar Schaden.

Auf derselben Seite gibt es dann – im Interview mit Dortmunds Ex-OB – einen heutzutage leider sehr üblichen, aber nichtsdestotrotz falschen Konjunktiv: „Ich würde mich freuen, wenn er es sich noch einmal überlegt„. Nun gut, das war gesprochene Sprache und die hält sich nicht immer sklavisch an die Grammatik, trotzdem tut das in meinen Ohren weh und ich würde mich viel mehr freuen, wenn er es sich überlegte, oder zumindest überlegen würde. Und ich würde mich noch mehr freuen, wenn man den Konjunktiv nicht so oft unter den Tisch fallen ließe oder manchmal sogar gänzlich vergäße, sondern ihm hin und wieder eine Chance gäbe.

25. November 2008

Die Fortsetzung der fortführenden Tortur kann einem teuer zu stehen kommen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 19:47

Tja, die Pleonasmen! Wie sollte man je ohne sie redundante Informationen vermitteln? Wie die schöne Neuigkeit verbreiten, dass etwas neu renoviert oder eröffnet sei? Oder wie könnte die WAZ sonst im heutigen Titelseitenkommentar formulieren: „… und doch bedeutet die Freilassung für diese Hinterbliebenen die Fortsetzung einer fortwährenden Tortur“?

Auf der „Rhein-Ruhr“-Seite „brodelt die Gerüchteküche“ laut der fetten Headline, obwohl keine Küche brodeln kann, sondern es höchstens in ihr, aber da bei uns ja auch der Pott kocht – was er auch nicht kann, sondern nur sein Inhalt – wollen wir einmal darüber hinwegbrodeln.

Die Politik-Seite hält ebenfalls interessante Aspekte für uns bereit: „Jeder kenne in der Familie und im Freundeskreis Menschen, die aus ihrem sozialen Netz gefallen seien“. Tut mir leid, ab ich kenne keine Menschen, denen dergleichen passiert ist. Wohl aber viele, die durch das soziale Netz gefallen sind, und das ist schlimm genug! (nebenbei: ich bin fast froh, dass sie nicht aus dem sozialen Nest gefallen sind, das hätte ja nahe gelegen!)

Die Wirtschaftsseite hat dann auch noch schlimme Nachrichten für uns: „Angst vor weiteren Bankbilanzbomben …“ Welche Bomben? Was ist das denn? Noch gar nix gegen die im Artikel folgende Sprachbombe: „Der Citigroup kommt die Rettung jedoch teuer zu stehen“. Wem kommt was teuer zu stehen? Na klar! Die Citigroup! Oder warum nicht so: Der Citigroup ihre Rettung kommt ihr teuer zu stehen.

22. November 2008

Die Arme aufkrempeln

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:23

Heute habe ich Geburtstag, und die WAZ beschenkt mich mit derartig vielen sprachlichen Ausrutschern, dass ich kaum nachkomme…

Beginnen wir auf der Titelseite. Neben einigermaßen harmlosen Sachen wie: „der Sturm schaukelte den liegenden Anhänger so weit auf, dass es schien, er würde von der Brücke geschoben“, oder „… in Ruhrgebietsstädten mussten Weihnachstmärkte schließen, weil der Wind die Buden zerzauste“, finden wir im Kommentar eine Aussage, die als eine Art sprachlicher Spätzünder daherkommt. Das sind Formulierungen, deren tieferer Nicht-Sinn (oder Unsinn) sich erst nach zwei- oder dreimaligem Lesen erschließt, weil sie so haarscharf daneben sind, dass man sie beim ersten Lesen für richtig halten könnte: „Häme ist hier nicht am Platz“, ist der Kommentar überschrieben und im Text steht es dann ein bisschen verschärft noch einmal: „Häme ist hier aber nicht am Platz“.
Moment, was ist mit der Häme? Irgendwas stimmt doch hier nicht. Wieso ist die Häme nicht am Platz? Wo ist sie dann? Grübel, grübel. Aber es gibt doch eine Redensart mit „Platz“! Genau: „Häme wäre hier fehl am Platz“. Nur: Knapp vorbei ist auch daneben!
Und zwar mindestens genauso wie die Formulierung ein paar Zeilen zuvor: „Aber die Katastrophe ist handgestrickt.“ Als handgestrickt bezeichnet man mehr oder weniger schlecht gelungene Arbeiten, eine Katastrophe zählt selten dazu. Gemeint war hier wohl auch eher, dass das Trauerspiel in Essen hausgemacht war … Aber Stricken ist doch auch eine Handarbeit, also hausgestrickt hin und handgemacht her, da sind wir bei Deutschlands größter Regionalzeitung nicht kleinlich!

Und das sind wir auch nicht auf der „Welt“-Seite. Denn hier, im Artikel über Susanne Klatten, geht es um „die zentrale Frage jeglicher Zwischenmenschlichkeit„. Eine Formulierung von wahrhafter Größe!

Dahinter kann sich die Kulturseite nur verstecken: „Er hat sich auch bei wichtigen Förderern aus der Wirtschaft (…) für das Vorgehen der Stadt entschuldigte.“ Also damit kann man nun wirklich keine Furore machen und auch nicht hiermit: „Besonders im Blick auf den neuen Intendanten streckte Kaufmann die Hand aus“. Wie kommt er nun in den Blick auf den neuen Intendanten rein? Vielleicht war ja auch mit Blick auf jenen gemeint.
Mit Blicken klappt’s in dem Artikel eh nicht besonders gut: „Man wolle gemeinsam in die Zukunft blicken„. Mit einer Kristallkugel vielleicht? Ich vermute, sie wollen gemeinsam nach vorn schauen, aber sicher kann man sich da natürlich nicht sein, zumal „die unangenehme Rolle des neuen TuP-Geschäftsführers … von der Stadt bisher nicht kommentiert wurde.“ Der hat vielleicht eine undurchsichtige Rolle gespielt, wie unangenehm er auch immer aufgefallen ist.

Die schönsten Sachen stehen heute aber ohne Zweifel im Essener Lokalteil. Das beginnt noch recht zurückhaltend mit einem zurück gehaltenen Wort: „Als die beiden Frauen die Wohnung des betraten, …“ Wessen Wohnung auch immer.

Ähnlich zurückhaltend dann der Artikel über die Zeche Carl: „Damit meint er die zuletzt so verkrusteten Strukturen des soziokulturellen Zentrums, das sich zuerst als unregierbar und zuletzt als unbezahlbar erwiesen.“ Punkt.
Leider wird nun aber die Zurückhaltung aufgegeben zugunsten einer missglückten Metapher: „Der ‚Kümmerer‘ lässt beim Gang von Bord ein Schiff in deutlich ruhigerem Fahrwasser zurück als beim Dienstantritt im September.“ Das ist aber auch vertrackt mit diesem unruhigen Gewässer, das aber nichts mit einem Fahrwasser zu tun hat, in dem man sich befindet, wenn man jemandem kritiklos folgt.
Und danach wird es noch schlimmer, denn „die Lotsen … haben das Schiff über Wasser gehalten“. Vermutlich über dem Fahrwasser.
Und damit in dem vielen Wasser niemand ertrinkt, wird im zugehörigen Kommentar mit einem „kleinen Team“ gearbeitet, „um gruppendynamische Prozesse im Ansatz zu ersticken“. Leider wird das nicht funktionieren, da in einer Gruppe immer entsprechende Prozesse stattfinden, ob man sie nun im Ansatz ersticken oder im Fahrwasser ertränken will.

Das kann dem Vorstandsvorsitzenden der Essener Nationalbank nicht passieren. „In die Stimmung mischt sich immer Mehltau“, zitiert ihn die WAZ an prominenter Stelle, direkt unter der Headline. Ohne uns allerdings zu sagen, was damit gemeint ist und auch ohne diese Äußerung im eigentlichen Artikel wieder aufzunehmen. So werden wir wohl nie erfahren, wie und warum sich Mehltau (übrigens eine durch Pilze verursachte Pflanzenkrankheit) in eine Stimmung mischen kann, und dazu auch noch immer.

Den Vogel abgeschossen hat aber heute „Lupus“ (das ist eine Art feststehender Kommentar im Lokalteil), der unter der Überschrift „Schlappe für die Kulturpolitik“ fordert: „Nun müssen aber die Arme aufgekrempelt werden, denn in einem Jahr ist 2010.“
Da mischt sich jetzt sofort Mehltau in meine Stimmung und ich könnte direkt meine Ärmel aufkrempeln, wenn mir nicht schlagartig klar geworden wäre: Hier ist Häme am Platz!

21. November 2008

Ein Lied wird trompetet, ein Preis verteuert und ein Scherbenhaufen aufgetürmt

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 22:12

Kann man ein Lied trompeten? Man kann! Auch wenn Sie und Wikipedia vielleicht der Meinung sein sollten, dass Lieder gesungen werden: „Ausgerechnet die Regierung, die das Lied vom zukünftigen Spitzenreiter NRW trompetet, hat den Abstieg zu verantworten“, posaunt die Grünen-Fraktionschefin laut WAZ auf Seite 2.

Auf derselben Seite wieder mal ein unmöglicher Komparativ, also ein Wazarativ: „Ungleicher kann das Kräfteverhältnis kaum ausfallen.“ Das möchte man meinen, denn ungleich ist ungleich und ungleicher kann etwas genauso wenig sein wie gleicher; Letzteres funktioniert allenfalls in der „Animal Farm“. (Moment – das hatten wir doch schon mal?)

Auf der Politik-Seite hadern wir dann mal wieder mit der Deklination. So müssen wir in der Unterzeile des Aufmachers lesen: „Zwei Arbeitslose wollen Hartz-4-Bezieher in einem Ratgeber erklären, wie man sich auch mit wenig Geld … ernähren kann“. Wem wollen sie das erklären, wenn überhaupt? Den Beziehern! Das erläutere ich jetzt sofort die Autoren bei der WAZ!

Kommen wir zur Wirtschaft. Hier wird mal wieder „das Öl verknappt und der Preis verteuert.“ Geht aber nicht. Das Öl wird teurer und entsprechend wird der Preis erhöht! Ein Preis kann nicht teurer werden, weil niemand einen Preis kaufen will! Aus demselben Grund kann er auch nicht billiger werden, und wenn uns das die Diskounter noch so oft einreden wollen.

Kommen wir nun zu dem Scherbenhaufen, den man gestern noch zusammenkehren wollte. Heute liest sich das auf der Kulturseite wie folgt: „Der Scherbenhaufen, den die Kulturpolitik in unserer Stadt aufgetürmt hat, hätte … vermieden werden können.“
Finde ich auch, zumal er viel ungleicher ist als der von Gestern.

20. November 2008

Schlagschatten flackert auf dem Beichtstuhl auf

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:18

Mit Schlagschatten haben wir es bei der WAZ in letzter Zeit häufig zu tun, heute gibt es da eine ganz besonders interessante Variante im Kommentar auf der Titelseite: „Gleichwohl dürfte angesichts der engen Verflechtungen mit GM der Vorstoß von Solarworld nicht mehr sein als ein Schlagschatten in Zeiten der Wirtschaftskrise.“
Wie sollen wir diesen Schatten denn jetzt verstehen? Ein Schlagschatten entsteht, wenn ein Objekt plötzlich grell beleuchtet wird und vor einem hellen Hintergrund steht. Er ist daher besonders scharf und intensiv.
Welchen Schatten wirft jetzt der Vorstoß von Solarworld worauf? Irgendwie keinen auf nichts …Vielleicht war ja auch eher ein Schlaglicht gemeint? Da das aber auch nicht passt, vielleicht sonst irgendein Licht? Ein Blitzlicht? Immerhin könnte das wenigstens einen Schlagschatten erzeugen … Wie man es auch dreht und wendet: Es gibt einfach keinen Sinn, was da geschrieben steht. Auch nicht in Zeiten der Wirtschaftskrise.

Auf Seite 2 ein interessanter Kommentar: „Der Wahlkampf flackert bereits“. Geht er aus? Und wenn, wohin? Egal, zumindest flackern Kerzen, wenn sie kurz vorm Verlöschen sind. Also verlischt der Wahlkampf? Mitnichten: „In der Finanzkrise, die Zug um Zug auf die Realwirtschaft übergreift, bilden Angela Merkel und Peer Steinbrück eine Große Koalition, die den Namen verdient. Um sie herum aber flackert Wahlkampf auf“. Das hätte man wissen müssen! Denn dann hätte man zwar nicht gewusst, wie eine Finanzkrise Zug um Zug übergreift, aber man hätte wenigstens … äh … immer noch keine Ahnung gehabt, wie ein Wahlkampf „um sie herum“ aufflackern kann. Und das ist doch schonmal was, oder?
Ein paar Zeilen weiter wird ein „gewisser Unterhaltungswert erzeugt„, was wir mal unkommentiert stehen lassen wollen, aber direkt danach „fühlt sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier“ – Achtung! – „unterbeachtet“. Was ist das denn? Das Wort gab es bisher nicht, ist also ein Neologismus, oder besser: ein Wazologismus, denn es ist ein Wort, das die Welt nicht braucht. Denn man hätte einfach so etwas in der Art schreiben können: „Er fühlt sich nicht genug beachtet.“
Im nächsten Absatz wollen dann CDU-Ministerpräsidenten „einen Schutzschirm spannen.“ Das kann ja spannend werden, auch wenn nichts aufgespannt wird, zumal die CDU „mit Merkel über eine gute Projektionsfläche verfügt“ und wir völlig darüber im Unklaren gelassen werden, wer da was projiziert und warum.
Dafür erfahren wir dann auch über den Koalitionspartner so gut wie nichts: „Mangelnde Abstimmung des Führungspersonals ist eine der Ursachen, die die Sozialdemokraten von Krise zu Krise begleitet haben.“ Demnach scheint es mehrere Ursachen zu geben. Fragt sich nur wofür (vielleicht war ja die Krise gemeint; der Satzkonstruktion lässt sich das jedenfalls nicht entnehmen).

Auf der Seite „Rhein-Ruhr“ überrascht uns die WAZ heute mit einem neuen Beruf: „Wenn eine Auto-Messe … die Reifenbäcker nicht mehr anzieht…“ Was, bitte, ist ein Reifenbäcker?

Auf der Kulturseite wird inzwischen versucht, „den Scherbenhaufen so rasch wie möglich zusammenzukehren“. Was ein bisschen schwierig sein dürfte, da einen Haufen auszeichnet, dass er bereits zusammengekehrt ist. Insofern gibt es eben auch entweder den Scherbenhaufen, den irgend jemand hinterlässt, oder die Scherben, die jemand anders zusammenkehren muss.

Eine echte Innovation haben wir dann bei den Hochschulen in Essen. Auf dieser Seite gibt es einen Bericht über die Prorektorin für für Diversity-Management. Und was macht sie da? „An der Universität Duisburg-Essen hat sie nun die Unterschiedlichkeiten der Menschen im Blick“, verrät uns die Subline. Offenbar ist Diversity-Management derartig innovativ, dass man sich mit einfacher Verschiedenheit nicht mehr zufrieden geben kann und zum Wazologismus Unterschiedlichkeit greifen muss.

Bleibt für heute dann noch der beliebte Bankchef Ackermann, der ja schon vieles erdulden musste. Heute könnte ihm laut WAZ („Menschen-Seite“) auch noch Folgendes blühen: „Wird man einen Manager erleben, der sich auf den Beichtstuhl begibt?“ Okay, okay, im Mittelalter konnte man sich vielleicht noch auf Beichtstühle setzen, heutzutage sind das aber derartig sperrige Dinger, dass man sich in sie hinein begibt und nicht einmal Ackermann möchte man darauf sitzen haben. Am Ende wirft er noch einen flackernden Schlagschatten auf die Unterschiedlichkeiten der Reifenbäcker!

19. November 2008

Geldstrafen für Sprachfehler

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 22:47

Zugegeben: diese Überschrift auf der „Welt“-Seite ist reichlich verunglückt. Denn als Sprachfehler bezeichnet man normalerweise fehlerhafte Aussprache wie Lispeln, Stottern oder „Klick“ in der Stimme.
(Es sei sei denn, hier verfügte jemand über besonders schrägen Humor, aber das sollte mich bei der WAZ schwer wundern.)
Gemeint sind hier aber ganz andere Fehler: „Die Slowakei will die Reinheit ihrer Sprache mit drastischen Mitteln schützen. Bis zu 5000 Euro sollen künftig Sprachsündern drohen, die gegen die Regeln ihrer Muttersprache verstoßen.“
Da hat mich der Artikel geradezu elektrisiert. Das wäre doch mal was für uns! Da würde sich die WAZ dumm und dusselig zahlen.

Allein in dieser Ausgabe wieder: „Abgeordnete fordern schärfere Strafen“ steht auf der Politik-Seite, wo es doch härtere Strafen bei schärferen gesetzlichen Regelungen sind.

Und auf der „Rhein-Ruhr“-Seite wurden „dem Konzern … schwere Sicherheitsmängel vorgeworfen, die Thyssen-Krupp jedoch stets von sich gewiesen hat.“ Dabei wurden die Vorwürfe zurückgewiesen, nicht die Sicherheitsmängel!
Und ein paar Zeilen weiter lässt man einen italienischen Angeordneten zu Wort kommen, der gesagt haben soll: „man kann nicht Topmanager in Kriminelle verwandeln.“ Selbst, wenn mir der Originaltext nicht vorliegt und ich eh kein Italienisch kann, vermute ich, dass er gesagt hat, man solle die Topmanager nicht wie Kriminelle behandeln, denn das mit dem Verwandeln bleibt Hexen oder Zauberern vorbehalten, zumindest im Deutschen.
„Der Konzern zahlte … Entschädigung an die Familien der Stahlarbeiter, im Ausgleich verzichten diese auf Zivilklage im Prozess„, lesen wir im nächsten Absatz. Und fragen uns direkt, warum sie nicht einfach nur auf die Zivilklage verzichten, und zwar zum Ausgleich.
Tja, das wären jetzt etwa 25.000 Euro an verschärften Strafen, und wenn die bis Morgen auf meinem Konto eingehen, dann verzichte ich im Ausgleich auf eine Anzeige dieser Sprachfehler im Prozess.

18. November 2008

Dativ immer noch chancenlos, während letzte Hände Klischees brechen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:56

„Der fünftreichste Deutsche habe durch den rasanten Anstieg der VW-Aktie bis zu eine Milliarde Euro verloren“, steht in einer kleinen Meldung auf der Titelseite. Ehrlich gesagt kann ich wenig Mitleid für den armen Reichen aufbringen, der arme Dativ indes, finde ich, hätte doch mal endlich eine Chance verdient, und dann hätte der Herr auch nur bis zu einer Milliarde verloren…

Wunderliches geschieht zwischenzeitlich im Essener Lokalteil: „Letzte Hände am Weihnachtsmarkt“ verkündet uns dort eine dicke Headline. Wie müssen wir das verstehen: Sind die Hände auf dem Markt nun fast ausverkauft und man muss sich beeilen, um noch die letzten zu erwerben? Aber warum sollte man Hände kaufen wollen? Oder haben sie etwas mit dem berühmten letzten Willen zu tun? Aber was hat der auf dem Markt zu suchen? Es bleibt unverständlich. Hätte man uns stattdessen lieber nur erzählt, dass vielfach letzte Hand angelegt wird, wäre uns einiges erspart geblieben.

Nicht jedoch die folgende Headline auf der „Hören und Sehen“-Seite: „Quer denken, Klischees brechen„. Ich hab nichts dagegen, wenn mit Gewohnheiten gebrochen wird oder Klischees vermieden werden, bei dieser Überschrift fürchte ich jedoch, dass hier irgendwer seine letzten Hände im Spiel hatte.

Pisa-Studie samt Deklination, aber ohne Dativ

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 00:32

Es gibt Neues aus Pisa. Und wie immer, wenn’s um die PISA-Studie geht, geht die WAZ voran – vor allem mit schlechtem Beispiel. Denn während sie einerseits heftig die mangelnde Leistungsfähigkeit der Schulen und Schüler beklagt, liefert sie andererseits selbst genügend Beispiele für mangelnde Rechtschreib- und andere sprachliche Kompetenzen.
Die harmloseren Fälle sind da noch die Trennfehler: „Die 22 führ- (neue Zeile) enden Industrieländer“ (Titelseite); „Die KfW-Banke- (neue Zeile) ngruppe“ (Wirtschaftsseite); „Die Vielfalt an Vorn- (neue Zeile) amen…“ (Seite „Rhein-Ruhr“).
Und dieser kreative Umgang mit der Rechtschreibung ist sicher auch Pisa-würdig: „… was einem von Rechtswegen zusteht… “ (Rhein-Ruhr). Ja, ja, die Rechtswege. Die könnten einem glatt von Rechts wegen zustehen.
Und dann noch die üblichen Sprachverwirrungen. Auf der Seite 2 im Artikel über den Grünen-Parteitag finde ich einen Satz, über den ich lange nachdenken musste (mal abgesehen davon, dass Cem Özdemirs Wurzeln mal wieder „in der Türkei liegen„, anstatt sich dorthin zu erstrecken): Claudia Roth „deklinierte das grüne Glaubensbekenntnis von Atomausstieg bis Zuwanderung.“ Wie dekliniert man ein Glaubensbekenntnis? Normalerweise „das Glaubensbekenntnis“, „des Glaubensbekenntnisses“ (Achtung! Auf keinen Fall „des Glaubensbekenntnis“, wie es heutzutage gerne genommen wird). Aber das kann nicht gemeint sein, denn die Deklination soll ja irgendwie „von Atomausstieg bis Zuwanderung“ gegangen sein. Das hat nun aber nichts mit deklinieren zu tun. Aber vielleicht mit… An diesem Punkt meiner Überlegungen stutzte ich: Das kann doch nicht sein! Sollte hier ein WAZ-Autor deklinieren mit deklamieren verwechselt haben? (Passt ja auch irgendwie besser zum Glaubensbekenntnis… ) Da legt sich der Turm doch glatt noch ein paar Grade schiefer!

Doch warum auch nicht? Mit dem Deklinieren tut sich die WAZ ohnehin ein bisschen schwer. Damit kommt selbst der Chefredakteur nicht klar. Im Kommentar auf Seite 2 schreibt er: „… eine Trennung von den Amerikanern würde auch die Werke in Rüsselsheim, Bochum und Eisenach samt deren Zulieferer sichern.“ Nach „samt“ steht der Dativ, Herr Chefredakteur, und demzufolge muss es „Zulieferern“ heißen.

Der Dativ kommt heute überhaupt schlecht weg: „Das ist eine Forderung, die besonders die Bundesregierung am Herzen lag“, lese ich auf der Wirtschaftsseite. Wem, bitte, lag diese Forderung am Herzen? Richtig! Dem Dativ!

15. November 2008

Finanzkrise in den Rachen schieben

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 22:28

Jawoll! Das muss man erstmal hinkriegen. Für die WAZ kein Problem: „Da sind die Linken, die glauben, der SPD die Finanzkrise in den Rachen schieben zu können …“ Man kann ja durchaus jemandem etwas in den Rachen stopfen oder auch werfen. Wenn dieser Jemand gierig ist und man ihm etwas gibt oder geben muss, was er eigentlich nicht verdient hat. Oder man kann jemandem etwas in die Schuhe schieben, in dem Fall die Schuld an der Finanzkrise. Beides zusammen ist dann wieder einmal der „doppelte WAZberger„.
Leider geht der Satz auch noch weiter, denn die SPD (mit oder ohne Finanzkrise im Rachen) war es doch, „die in ihrer Regierungszeit die Finanzmarktregeln (Verbriefung von Kreditforderungen) gelockert und mit ihrer Agenda die Trommel zum Tanz ums goldene Kalb geschlagen habe.“ Oje oje, ich seh‘ den Müntefering gerade vor mir, wie er mit der Agenda auf die Trommel haut, während alle anderen ums goldene Kalb tanzen.
Das ist aber noch lange nicht das schönste Bild, denn „die Jagd über die Stammtische hat freilich auch die Liberalen eingeholt“. Wie muss man sich die denn jetzt vorstellen? Westerwelle hüpft als scheues Reh über die Tische in den Wirtshäusern und alle anderen Politiker hinterher?
Und überdies schaffen sie es dann auch noch, „Ohne Maß und Mitte, ohne Skrupel … mit historisch beladenen Erschreckwörtern um sich“ zu werfen.
Da gehe ich glatt in Deckung, zumal die zahlreichen Erschreckwörter und Erschrecksätze in diesem Kommentar bereits ausreichen, um zumindest mir den Rachen zu stopfen oder die Trommel in die Schuhe zu schieben…

Linkspartei erhitzt den Landtag

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 00:08

Wie das gehen soll? Das wüsste ich auch gern. Aber es steht so in der WAZ vom Freitag, auf der Politik-Seite. O.K., es mag erhitzte Gemüter geben oder gar entsprechende Debatten, aber ganze Landtage …? Wie haben die Linken denn das nun wieder angestellt?

Vermutlich mal wieder populistisch das Volk aufgehetzt. Und wo führt das hin? Es hat keinen Respekt mehr vor dem Prinzen, der sich auf der „Welt“-Seite fragt: „Habe ich das Beste aus meinem Leben gemacht?“ Und was macht das Volk? „Lauter noch bohrt sein Volk nach: Wozu ist ein alternder Prinz eigentlich gut?“ Das frage ich mich schon lange, käme dennoch nicht auf die Idee, laut nach zu bohren.
Denn da hätte ich Angst, dass es mir ergeht wie den „Fans genmanipulierter Lebensmittel“, die nämlich „macht Bio-Ritter Charles auch mal mit scharfer Zunge mundtot.“
Dabei „hat sich für ihn viel zum Guten gedreht.“ Allerdings wird es sich gewendet haben, wie ich vermute, selbst wenn ich an der Stelle nur leise nachbohren will.

13. November 2008

Mit Kanonen auf Ziele schießen und Zahlen wälzen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 22:59

Heute ist es zunächst ein Anwalt, der auf der Politik-Seite eine etwas eigenwillige Äußerung von sich gibt: „Andererseits schießt man mit diesem Gesetz mit einer großen Kanone…“ (auf Spatzen? Nein:) „auf ein zugegeben gefährliches Ziel.“ Neben der misslungenen Redewendung und diesem merkwürdigen „mit … mit“ stört mich hier auch das zugegeben Ziel, das eigentlich ein zugegebenermaßen gefährliches Ziel sein sollte. Und dass die „Streubreite der Kanone … zu groß“ ist, reicht mir auch nicht zur Verteidigung aus. Darum können Sie bei mir nicht mit einem Freispruch rechnen, Herr Anwalt!

Auf der Kulturseite indes „werden Zahlen gewälzt“. Das geht nicht, denn gewälzt werden allenfalls die dicken Bücher, in denen ggf. die Zahlen aufgeführt sind.
Und zwar selbst dann, wenn man nachweisen will, „dass die Etatlöcher … dem im Putschverfahren geschassten Intendanten … anzukreiden sind“. Nun weiß man ja, dass seit der Ablösung von Kurt Beck geputscht wird ohne Ende, dass aber dafür ein eigenes Verfahren eingerichtet wurde, war mir neu.

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