WAZblog Waz man seinen Lesern eigentlich nicht zumuten sollte …

26. November 2008

Die Höhe der Senkung leidet Schaden

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:46

Wie hoch ist eigentlich eine Senkung? Gute Frage, nicht wahr? Die WAZ beantwortet sie heute auf der Titelseite mal wieder auf eigene Weise: „Zur Höhe der Preissenkung sagte Reutersberg nichts …“ Mein Freund Wilfried sagte heute dazu: „Dann lass uns doch mal das Tal erklimmen oder zum Gipfel hinabsteigen!“ Recht hat er!

Auf der Seite 2 wird gelitten. Für mich eigentlich nichts Neues, denn das tu ich ja schon sowieso schon, wenn ich das alles lese … Heute haben wir es aber mit besonderem Leiden zu tun: „Die SPD leidet Schaden, weil …“ Und dann folgt es Schlag auf Schlag, Leiden auf Leiden: „Franz Müntefering leidet Schaden …“, „Wolfgang Clement leidet Schaden …“, „Darum erleidet am meisten Schaden die Richtung, für die Clement steht“ und schließlich: „Darum leidet die SPD insgesamt Schaden.“ Nun kann man an etwas leiden (Krankheiten zum Beispiel) und auch unter etwas (Wirtschaftskrise, die wird ja gerade jetzt immer wieder gern genommen). Aber kann man Schaden leiden? Also: ich kann ihn gar nicht leiden. Vor allem aber nicht diesen merkwürdigen Gebrauch des Wortes „leiden“ durch den Chefredakteur. Und komischerweise schreibt er ja auch ein einziges Mal und richtigerweise: „darum erleidet am meisten Schaden …“ Das hätte ihm eigentlich zu denken geben müssen. Hat es aber nicht, darum leidet hier die deutsche Sprache – und vielleicht erleidet sie sogar Schaden.

Auf derselben Seite gibt es dann – im Interview mit Dortmunds Ex-OB – einen heutzutage leider sehr üblichen, aber nichtsdestotrotz falschen Konjunktiv: „Ich würde mich freuen, wenn er es sich noch einmal überlegt„. Nun gut, das war gesprochene Sprache und die hält sich nicht immer sklavisch an die Grammatik, trotzdem tut das in meinen Ohren weh und ich würde mich viel mehr freuen, wenn er es sich überlegte, oder zumindest überlegen würde. Und ich würde mich noch mehr freuen, wenn man den Konjunktiv nicht so oft unter den Tisch fallen ließe oder manchmal sogar gänzlich vergäße, sondern ihm hin und wieder eine Chance gäbe.

9. Dezember 2008

Nach Gutsherrenart auf den Boden des Alltags steigen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 23:11

Es könnte glatt ein doppelter WAZberger sein, ist aber nur ein Zitat. Der Bochumer Staatsanwalt äußert sich über einen Angeklagten auf der „Rhein-Ruhr“-Seite wie folgt: „Er hat an einem System mitgewirkt, in dem öffentliche Fördergelder nach Gutsherrenart zweckentfremdet wurden.“ Warum nur müssen immer zwei Dinge gleichzeitig ausgesagt werden? Haben wir denn alle keine Zeit mehr, eines nach dem anderen von uns zu geben? Im konkreten Fall: Er hat Geld nach Gutsherrenart verteilt (was bedeutet, dass er große Summen mit herablassender Großzügigkeit unter die Leute gebracht hat). Und er hat Fördergelder zweckentfremdet. Aber er hat sie eben nicht nach Gutsherrenart zweckentfremdet, weil man Gutsherren zwar viel nachsagen kann, nicht jedoch, das einer je öffentliche Gelder zweckentfremdet hätte.

Nun gut, das war nur ein Staatsanwalt, kein Sprach-Profi, wie es WAZ-Redakteure sein sollten. Und was schreiben die? Z.B. auf der Politik-Seite Folgendes: „Politiker können ein verbales Duell an unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten austragen. In Stuttgart hielt Kanzlerin Angela Merkel vor einer Woche eine Rede auf dem CDU-Parteitag. In Berlin fordert Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier sie am Montag beim Europa-Parteitag der SPD heraus. Nachträglich. Das verschafft ihm einen Vorteil bei der Zielgenauigkeit, weshalb er im direkten Vergleich der beiden Montagsreden besser abschneidet.“ Mal ehrlich: Ist das besser? Versteht man das? Natürlich können Politiker ein verbales Duell wann-und-wo-auch-immer austragen. Gemeint war aber, dass sie dazu nicht zur selben Zeit am selben Ort sein müssen. Aber auch diese Aussage ist eher trivial. Und was dann kommt, ist einfach nur noch schräg: Der Kanzlerkandidat fordert die Kanzlerin heraus. Und zwar nachträglich, wie es nachgeklappt daherkommt, was ihm einen Vorteil bei der Zielgenauigkeit verschafft. Hä? Und deshalb schneidet er beim direkten Vergleich besser ab. Doppel-Hä. Das ist einfach nur unverständlich.
Und im weiteren Verlauf des Artikels wird es auch nicht besser, denn: „Allmählich heiser werdend steigt der einst von vielen als Bürokrat empfundene Steinmeier auf den Boden des Alltags, auf dem er sein persönliches Konjunkturpaket II vorstellt…“ Er steigt also auf den Boden, das ist ähnlich, als wolle er ein Tal erklimmen (hatten wir kürzlich), aber nicht auf irgendeinen, sondern auf den des Alltags, um ein Paket vorzustellen und wird dabei heiser. Das ist logisch: Ich werde auch allmählich heiser, wenn ich auf irgendeinen Boden hinaufsteige. Und sei es der des Alltags.

Powered by WordPress