WAZblog Waz man seinen Lesern eigentlich nicht zumuten sollte …

30. Mai 2009

Verkehre im Instrumentenkasten

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:35

Nein, „Verkehre lassen sich nicht beliebig verlagern.“ Das steht heute im Titelseiten-Kommentar und ist schon allein deshalb wahr, weil es keinen Plural von „Verkehr“ gibt, wär‘ ja auch noch schöner! Jedenfalls nicht im normalen Deutsch, höchstens in Fachsprachen. Aber das macht es nicht besser: Es klingt einfach dämlich.

„Eine Bürgschaft für einen Kredit ist ein Staatseingriff. Der sanfteste, den der Instrumentenkasten bereitstellt“, erfahren wir beim Lesen des Seite-2-Kommentars. Nun ist ein Instrumentenkasten ein Behältnis, das ein Musikinstrument umschließt und schützt, sei es eine Geige, ein Saxophon oder ein Cello. Mit einem besseren Werkzeugkasten, der nun eben Instrumente (im Sinne von Werkzeugen) bereithält, hat das Ganze leider überhaupt nichts zu tun.

Im Artikel daneben steht folgende interessante Erkenntnis: „Eine Insolvenz befördert den Niedergang.“ Ja, wohin denn nur, möchte man fragen. Oder ist hier am Ende doch gar keine Beförderung gemeint? Wahrscheinlich hätte es eine einfache Förderung auch getan, aber das klingt wohl in den Ohren eines WAZ-Autors nicht wichtig genug, und so wird dann eben mal schnell befördert.

Auf der Rhein-Ruhr-Seite kann man lesen, „dass der Bund zügig mit 1,5 Milliarden Euro für Opel in Vorlage geht“. Das ist wieder einer der Sätze, bei denen man erst beim zweiten Lesen merkt, was da schräg ist: Der Bund geht eben nicht in Vorlage, sondern in Vorleistung.

Ansonsten haben wir’s heute einmal mehr mit den Trennungen: Im Essener Lokalteil gibt es einen Mediziner, der „studierte in Mainz und arbeit-
(neue Zeile) ete als Professor in Berlin und Karlsruhe (Komma fehlt) bevor er 1988 dem Ruf ans Essener Klinikum folgte.“ Und im nächsten Absatz „baute er … ein großes Dialysezentrum auf und richt-
(neue Zeile) ete 2006 ein Transplantationszentrum … ein.“
Im Feuilleton gibt es den „Termin-
(neue Zeile) ator und im Artikel darunter „eine militär-
(neue Zeile) ische Formation.
Im selben Artikel „hätte das Parallelen mit dem Anfang der 90er“, obwohl die sich besser zum Anfang der 90er ziehen ließen. Aber vermutlich gab der Instrumentenkasten hier nichts Besseres her.

29. Mai 2009

Hartleibiger Nukleus, steh uns bei!

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 18:36

Wenn die WAZ Fremdwörter benutzt, geht‘s schon mal schief. Im heutigen Aufmacher liest sich das so: „In Videokonferenzen habe sich das US-Ministerium außerordentlich hartleibig gezeigt. Teilnehmer gewannen den Eindruck, dass es den USA allein darum ging, einen Nukleus für eine neue GM zu legen …“ Nun gut, „hartleibig“ ist kein Fremdwort. Ein deutsches Wort ist es allerdings auch nicht.
Kommen wir daher lieber zu dem echten Fremdwort: Ein Nukleus ist z.B. ein Atomkern. Kann aber auch ein Zellkern sein. Nur, wie man so etwas legen kann, selbst für eine neue GM, und wenn, was das Ganze soll, bleibt ziemlich schleierhaft. Also soll es offenbar nur gut klingen – bzw. Inhalt vortäuschen, wo keiner ist.

Auf der Wirtschaftsseite spricht der Bundeswirtschaftsminister, und das ist auch nicht besser: „… im Gegensatz zu Arcandor ist die Lage bei GM ein rabenschwarzes Loch.“ So, so, die Lage ist also ein Loch. Noch dazu ein rabenschwarzes. Und das im Gegensatz zu Arcandor, wo die Lage dann also vermutlich eine schneeweiße Säule ist. Interessant, mit welch minimaler Sprachbegabung man in Deutschland ausgestattet sein kann, um es dennoch bis zum Bundeswirtschaftsminister zu bringen.
Ein paar Absätze weiter taucht wieder ein bescheuerter WAZ-Lieblings-Ausdruck auf: „In dieser Gemengelage gehen die wenigen halbwegs guten Nachrichten fast unter.“ ich würde ja noch etwas dazu sagen, hab es aber schon so oft getan, dass ich fürchte, es geht in der Gemengelage unter, oder noch schlimmer: Man hielte mich für einen hartleibigen Nukleus.

28. Mai 2009

Die Spekulation schlug auf, nachdem sich die Dinge kompliziert haben

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:57

Man glaubt es nicht, aber „Mittwoch früh schlug im Opel-Aufsichtsrat die Spekulation auf …“ wie man auf der Wirtschaftsseite lesen kann. Man kann eine Seite in einem Buch aufschlagen, ggf auch ein Ei, meinetwegen mögen sogar irgendwelche skurrilen Typen irgendwo aufschlagen – die Spekulation kann höchstens eingeschlagen sein, vielleicht sogar wie eine Bombe.
Ein paar Absätze weiter ist „Bemerkenswert: Der chinesische Autobauer BAIC, der sich überraschend noch am Vortag als Interessent gemeldet hat, sitzt nicht bei Tische.“ Vielleicht war am Tisch kein Platz mehr? Oder ist den Autoren dieses Artikels vielleicht plötzlich der Struwwelpeter bzw. der Zappelphilipp in den Sinn gekommen? „Ob der Philipp heute still wohl bei Tische sitzen will“, heißt es dort, und wenn man als Kind mit solchen Versen gequält wurde, kann es durchaus sein, dass man im späteren Journalistenleben plötzlich mit solchen Erinnerungen konfrontiert wird. Doch anstatt das auf diese Weise zu bearbeiten, sollte vielleicht doch lieber um professionelle Hilfe nachsuchen.

Muss ich vielleicht auch, wenn ich weiter solches Denglisch lesen muss wie auf der Kulturseite: „Man muss später nicht mal seinen Namen erinnern.“ Hallo? Wir leben in Deutschland! Und da muss man sich an einen Namen erinnern! Hier können wir nicht einfach etwas erinnern, das kann man nur in englischsprachigen Ländern. Im Deutschen müssen wir uns, ich mich, er/sie/es und auch man sich an etwas erinnern. Bitte erinnert das beim nächsten Mal!
Und bei der Gelegenheit auch daran, dass wir ein Genitiv-S benötigen. Nun gut, bei der kleinen Überschrift im Kasten neben dem Artikel gibt es schon ein „s“: „Wenders Entdeckung“. Aber dann muss man für das weggelassene Genitiv-S wenigstens einen Apostroph setzen. Apostroph! Nehmen wir doch sonst immer so gern! Und hier könnte man ihn einmal völlig zu Recht und im Einklang mit der Rechtschreibung einsetzen! Wenders‘ Entdeckung! Geht doch! Oder hat’s weh getan?

Da tut doch weher, was auf der Seite „Gesellschaft“ über den italienischen Staatschefs zu lesen ist: „Und seit diesem Interview sind Tage vergangen, in denen sich die Dinge für den Regierungschef noch mehr kompliziert haben“. Entweder haben sich die die Dinge verkompliziert oder sie sind komplizierter geworden.
Aber möglicherweise ist ja gerade eine Spekulation aufgeschlagen und hat die Dinge kompliziert, so dass man das alles bei Tische nicht mehr erinnern kann …

27. Mai 2009

Darf der Arzt jemand sterben lassen?

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:25

Sprachlich schonmal nicht. Da könnte er höchstens jemanden sterben lassen. Dennoch finden wir im Seite-2-Kommentar den folgenden Satz: „Es hängt oft vom Kräftespiel am Krankenbett ab, ob ein Arzt jemand sterben lässt.“
Da tun einem die Ohren weh. Glücklicherweise folgen nun ein paar Sätze, die so verschwurbelt sind, dass man verzweifelt nach einem Sinn sucht und darüber alle Schmerzen vergisst: „Wenn ein Mensch festlegt, ob er behandelt werden will, sollte sein Wille zählen. Die Patientenverfügungen für alle gleich zu regeln, macht Sinn. Könnte man nicht alles offen lassen, weil nicht jede denkbare Situation vorhersehbar ist? Das ist eine Haltung, aber nicht mehr der Punkt. Die Abgeordneten sollen entscheiden. So der so.“
Wer mir diese Sätze erläutert oder in lesbares Deutsch überträgt, bekommt von mir eine Flasche Ohrentropfen gratis. Auch wenn er jemand findet, der ihm hilft. Denn das ist nicht der Punkt. So der so.

26. Mai 2009

Ein Gefälle von 54 Meter

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:00

Heute geht es ganz weit runter. Mit der deutschen Sprache. Laut Rhein-Ruhr-Seite „bleibt ein Gefälle von 54 Meter, erlaubt sind nur bis zu 42 Meter.“ Man muss sich ja schon leider daran gewöhnen, dass laufend von „200 Meter Tiefe“ oder „Staus bis zu 2 Kilometer Länge“ zu hören und zu lesen ist, so, als ob die Maßeinheit und der folgende Ausdruck eine feste Verbindung eingegangen wären, die nicht flektierbar ist. Und das tut mir schon genug weh in den Ohren. Und wie soll der Niedergang der deutschen Sprache aufgehalten werden, wenn ein solcher Satz schon für ein Gefälle von mehreren Kilometern sorgt?!!

25. Mai 2009

Vieleer läuten die große Glocke

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 22:05

Ein etwas merkwürdiges Wort findet man heute auf der „Rhein-Ruhr“-Seite: „So ähnlich ist die Lage für vieleer über 40 Familien, die derzeit im westlichen Ruhrgebiet auf den Einzug ins Eigenheim warten.“

„Barbara Rudnik läutete nie die große Glocke“ wird ein paar Seiten später gemenschelt. Was kann damit nur gemeint sein? Wenn man etwas nicht an die große Glocke hängt, will man etwas verheimlichen. Das kann es nicht ein. Mal sehen, was gibt es da noch in der Art: Vielleicht spielte sie nie die zweite Geige? Oder tanzte nie nach jemandes Pfeife? Haute nie auf die Pauke? Ja, das käme am ehesten hin: Die Pauke. Wäre jetzt aber nur ein bescheidener Vorschlag von mir, den man nicht an die große Glocke hängen sollte.

23. Mai 2009

Das deutsche Eishockey trauert, während der Fön föhnt

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 19:31

Geht das? Nun, ja, es gibt auch den „deutschen Fußball.“ Und der erlebt z.B. Sternstunden. Aber kann man deshalb schreiben, was heute in einer kleinen Meldung auf der Titelseite steht: „Das deutsche Eishockey trauert um den ehemaligen Nationaltorwart“? Eher nicht!

In der Spalte daneben spricht unser Bundespräsident über die „Eltern des Grundgesetzes“. Nun ist unser Staatsoberhaupt ja für eine gewisse Schlichtheit der Rede bekannt, aber aus den „Vätern des Grundgesetzes“ (wie man den Parlamentarischen Rat gerne nennt), zu denen sich später zwecks Gleichberechtigung auch die „Mütter“ gesellten, nun „Eltern“ zu machen, ist ein kleines bisschen verwegen.

Noch drei Spalten weiter rechts „wird die Zafira-Produktion (WAZ v. 14. 5.) ) im Ruhrgebiet Bochum konzentriert …“ Und was macht da das Ruhrgebiet Essen? Oder das Ruhrgebiet Dortmund? Und das Ruhrgebiet Rest? Sich über die doppelte Klammer wundern, oder was :-))

Nach dem Umblättern kann man im oberen Kommentar noch ein bisschen mehr über unseren Bundespräsidenten erfahren: “ … den erlernten Neoliberalismus hat er längst zu Gunsten einer mittelinken Grundmelodie abgelegt.“ Interessant, nur leider passt hier gar nichts zusammen. Wie kann man Neoliberalismus erlernen? Wie ihn zugunsten einer Melodie ablegen? Was ist eine Grundmelodie? Und eine mittelinke gar?

Im Kommentar darunter haben wir es endlich einmal nicht mit dem Jenseits zu tun: „Diesseits des Spekulativen ist eines klarer denn je …“ Das ist natürlich genauso bescheuert, weil es weder diesseits noch jenseits des Spekulativen irgendetwas gibt, das klarer denn je sein könnte. Aber außerhalb dessen gibt es eine ganze Menge.

„Erst müsse der Mutterkonzern GM entscheiden, wem es den Zuschlag gebe, erläuterte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums“ auf der Wirtschaftsseite, und drei Absätze weiter „wollen Gläubiger von GM den vorgeschlagenen Umtausch ihrer Schulden in Unternehmensteile ablehnen“, was ich gut verstehen kann, weil ich an ihrer Stelle auch lieber Anteile hätten als irgendwelche obskuren Teile. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass sie ihre Schulden in Anteile umtauschen können; es dürfte sich eher um ihre Forderungen handeln, da es den Hauptunterschied zwischen Gläubigern und Schuldnern ausmacht, dass die einen Forderungen eintreiben, hingegen die anderen Schulden begleichen.

Auf der „Gesellschafts“-Seite „verha-
(neue Zeile) spelt“ sich Heidi Klum und die Polizeibehörden haben einen Verdächtigen „lokal-
(neue Zeile) isiert“.

Trennungen sind eben nicht leicht. Vielleicht hält man daher auch so an der alten Rechtschreibung fest. Auf der „Wissen“-Seite prangt eine fette Headline: „Fönen, schrauben, puzzeln“, im Artikel darunter wird gefragt: „Was macht der Fön auf dem SPD-Plakat?“ Zumal es seit der Rechtschreibreform der Föhn ist, der dort föhnt.

21. Mai 2009

Blockade gegen Lohnwucher

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:47

Blockiere ich etwas oder blockiere ich gegen etwas, wenn ich blockiere? Und wie ist es dann mit dem Demonstrieren? Was sagt die Wirtschaftsseite dazu: „Die SPD-Chefin in NRW, Hannelore Kraft, vermutet indes eine ‚gnadenlose Blockade‘ des NRW-Koalitionspartners der Union, FDP, gegen staatliche Hilfen für Opel.“ Also: Ab morgen blockieren wir gegen Zeitungsartikel. Und zwar gnadenlos.

20. Mai 2009

Franz-Walter Steinmeier nimmt einen Schluck aus der Gießkanne

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 19:17

Wie heißt noch gleich unser Bundesaußenminister und SPD-Kanzlerkandidat? Ach ja, richtig: „Längst ist Opel zum Politikum geworden, Kanzlerkandidat Franz-Walter Steinmeier (SPD) schien die Magna-Leute zu befürworten …“ So wird er zumindest auf der heutigen Wirtschaftsseite genannt.

Im Seite-2-Kommentar finden wir dagegen einen schönen doppelten WAZberger: „Weil der interne Verteilungskampf gescheut wird, fordert man insgesamt mehr Geld, also einen neuen Schluck aus der Gießkanne.“ Wenn Gewerkschaftler Lohnforderungen stellen, dann verlangen sie häufig einen „kräftigen Schluck aus der Pulle.“ Und bei der Verteilung von Geld ist auch schon mal vom Gießkannenprinzip die Rede. Zusammengenommen ist das allerdings ein ziemlich ekliges Ereignis.

19. Mai 2009

Unglückliche Sterne mit Optimismus weggewischt

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:55

Wenn die Dinge einen unglücklichen Verlauf nehmen, dann sagt man gern, das sie unter keinem guten Stern stehen. Grund genug für die WAZ, das Ganze heute auf der Politik-Seite zu folgender Formulierung zu komprimieren: „Diesmal aber stand Schwans Nominierung, zu der sie den damaligen Vorsitzenden Kurt Beck vor einem Jahr durchaus überredete, unter unglücklichen Sternen.“
Doch bevor wir dazu kommen, diese armen unglücklichen Sterne zu bedauern, müssen wir ein paar Zeilen weiter lesen: „Schwan konnte sich nie von dem Eindruck befreien, dass ihre Kandidatur Teil der schwierigen Erbmasse Becks sei.“ Ich kann mich hingegen nicht von dem Eindruck befreien, dass hier eigentlich gemeint war, Frau Schwan konnte nichts dagegen tun, dass die Öffentlichkeit einen solchen Eindruck von Frau Schwans Kandidatur hatte. Aber bitte, vielleicht hatte ich nur einen falschen Eindruck und es ging doch um den Eindruck, den Frau Schwan hatte. Ja, es ist schon kompliziert mit Beziehungen!

Lange nichts mehr vom Rettungsschirm gehört. Dafür erfährt man heute auf der Wirtschaftsseite etwas, das mein bisheriges Bild dieses Gegenstands zum Wanken bringt: „Die Sparkassen hingegen verweisen darauf, dass sie schon 2004 die Kapitalerhöhung der WestLB getragen hätten und maßgeblich den Rettungsschirm für die toxischen Finanzgeschäfte aufgespannt hätten.“ Also doch kein Fallschirm? Und wie spannt man einen Schirm für Finanzgeschäfte auf? Bisher wurde der immer für die Banken selbst bereit gehalten …
Vielleicht bräuchten die eine größere Ration? Bitte sehr: „Am heutigen Mittag … maschieren die Mitarbeiter zu einer Demonst-
(neue Zeile) ration …“ Da haben wir sie schon!

Im Artikel darunter gibt es ein paar Formulierungen, die nicht direkt falsch, aber doch irgendwie schräg sind: „Unstrittig ebenso unvergessen ist für Piëch sicher der Quasi-Rauswurf in Stuttgart.“ Und zwei Absätze weiter: „Eine Woche zuvor hatte er bei seiner Breitseite gegen den Porsche-Vorstandsvorsitzenden Wiedeking gegen das ungeschriebene Clan-Gesetz des Schweigens verstoßen.“

Naja, vielleicht sollten wir das alles besser wegwischen. Und so lesen wir im Kommentar am Rand der Seite: „Hinweise auf die komplizierte Eigentümerstruktur … wischte er mit Optimismus weg.“ Wischt man normalerweise Einwände weg, so sind es nun wohl die Hinweise, aber wenn einem zu Wischen der Optimismus zu Verfügung steht, dann können wohl auch die Sterne endlich glücklich werden, selbst wenn sie sich nicht von dem Eindruck befreien können, dass sie unstrittig unvergessen gegen das ungeschriebene Clan-Gesetz des Schweigens verstoßen haben.

18. Mai 2009

Den Verfassungsminister, Studier-Enden und einen Durchmarsch beäugen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 09:46

Nachdem wir uns vorgestern schon mit einem neuen Ministerposten vertraut machen konnten (dem „Finanzer“), setzt die WAZ heute im Aufmacher noch einen drauf, denn dort „spricht sich der Verfassungsminister gegen einen erneuten Verbotsantrag gegen die rechtsextreme NPD aus“. Selbst wenn der Bundesinnenminister – zumindest nach eigenem Bekunden – auch für den Schutz der Verfassung zuständig ist, so ist er doch genauso wenig Verfassungsminister wie Frau von der Leyen die Babyministerin ist.

Der Artikel daneben beschert uns aufgrund eines Trennfehlers die „Steigerung der internationalen Mobilität der Studier-
(neue Zeile) enden“ und – da wir gerade beim Thema sind – erfahren wir nach dem Umblättern zur Rhein-Ruhr-Seite, dass „ein Wechsel des Studienorts sogar innerhalb einer Stadt oft kaum möglich“ sei. Das leuchtet direkt ein, ist doch Stadt und Studienort bzw. Studienort und Stadt in etwa 99% der Fälle identisch. Es sei denn, man trifft gerade auf ein Studier-Ende.

Im Seite-2-Kommentar haben wir’s dann mit den Augen: „Kaufhof äugt zu Karstadt“, heißt es es da in einer Dachzeile. Nun kann man durchaus etwas misstrauisch beäugen, auch manche Wildtiere äugen vorsichtig, bevor sie eine Lichtung betreten. Jemanden zu etwas äugen hat man überhaupt selten erlebt, weshalb ich es insgesamt als viel angenehmer empfunden hätte, wenn der Kaufhof mit Karstadt liebäugeln würde.

Beäugen wir zum Schluss noch den Durchmarsch. Wenn man damit nicht gerade den Durchfall meint, wie das umgangssprachlich durchaus möglich ist, dann ist normalerweise die rede von einem erfolgreichen Überwinden vieler Hindernisse. Insofern ist es dann schon ein bisschen merkwürdig, wenn Bochum – laut WAZ-Sonderseite zum Ruhr-Marathon – die Läufer „mit einem Durchmarsch durchs Opelwerk“ lockte.

16. Mai 2009

Kann ich Sie helfen?

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:36

Wenn es etwas zu entfalten gibt, ist man der WAZ immer wieder gerne dabei. In der Vergangenheit war das schon der Symbolcharakter, die Anerkennung und erst kürzlich die Strahlkraft. Heute ist es im Seite-2-Kommentar „das Sozialversicherungssystem, das enorme Verteilungswirkungen entfaltet.“ Es ist schon schwer genug, Wirkungen zu entfalteten, und was Verteilungswirkungen sind, weiß eh kein Mensch, entsprechend schwierig dürfte das kombinierte Unterfangen werden.

Auf der Politik-Seite finden wir einen Satz, der noch ein bisschen schwerer zu verstehen ist: „Die Opel-Krise etwa haben sie mehr oder weniger aus dem Wahlkampf heraus gehalten – jeder hatte seinen Auftritt – und wenn ihm Wirtschaftsminister zu Guttenberg die Karten zu eng an der Brust spielt, dann sagt es Steinmeier auch.“ Hoppla, was, bitte, macht der Guttenberg da? Und aus welchen Sprachbildern setzt sich das zusammen? Mit Karten gibt da so einiges: Die kann man in der Hand haben, mit offenen oder verdeckten spielen, sie neu legen oder bei jemandem in sie hineinsehen. Auch die Brust ist recht ergiebig: Auf die kann man sich klopfen, es können zwei Herzen darin schlagen und man kann eine Pistole darauf setzen. Aber die Karten drauf spielen, bzw. zu eng daran – das hatten wir noch nicht. Und wir werden es auch so schnell nicht wieder kriegen – es sei denn, der nächste WAZ-Autor ist auf der Suche nach einem unstimmigen Sprachbild und hält eng an der Brust gespielte Karten für eine geniale Formulierung. Damit müssen wir rechnen!

Zumal wir es laufend mit genialen Formulierungen zu tun haben. Die folgende gibt es auf der Rhein-Ruhr-Seite zu bestaunen: „‚Quartalsläufer‘ sind sie gewesen, wetterabhängig, hier mal fünf, da mal sechs Kilometerchen, und Peter, der 50-Jährige, hat überhaupt erst angefangen, als sein Arzt ihm freundlich sagte: ‚Sie sind extrem zu fett.‘ Da versuchte er es mit Weniger-Essen, machte weiter mit ein paar Hanteln und stieg schließlich in die Laufschuhe, falls es nicht zu nass war oder zu dunkel oder zu kalt.“ Das sind Sternstunden der deutschen Sprache!

Wir machen jetzt aber weiter mit mehr Essen, oder muss man jetzt schreiben: „Mit Mehr-Essen“? Und das finden wir im Reise-Journal. Dort heißt es in einer Bildunterschrift: „Guten Hunger! Der Berliner ist stolz auf seine Curry-Wurst, die er ab August auch mit einer eigenen Ausstellung huldigt!“ Und wenn wir die Ausstellung besuchen und der Wurst huldigen, wird er wahrscheinlich fragen: „Kann ich Sie helfen?“ Und wir werden antworten: „Nein danke, wir warten noch, bis sich die Verteilungswirkungen entfalten, weil zu Guttenberg die Karten zu eng an der Brust spielt und außerdem versuchen wir es gerade mit dem berühmten Weniger-Essen!“

15. Mai 2009

Der Inner, die Familerin und der Finanzer

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 15:38

Immer, wenn der Chefredakteur höchstpersönlich zur Feder greift, muss man sich auf eine Überraschung gefasst machen. Heute ist es eine Wortneuschöpfung. Im Titelseitenkommentar steht zu lesen: „Und weshalb spielt auch die Bundeskanzlerin diese Karte, obwohl die Naturwissenschaftlerin von den ramponierten Staatsfinanzen ähnlich viel versteht wie ihr Finanzer?“. Ein tolles Wort! Das hat uns gerade noch gefehlt. (Die einzigen, die es bisher benutzten, waren die Österreicher: Hier bezeichnet es umgangssprachlich einen Zollbeamten) Und man kann auf derselben Ebene weiter kreativ tätig sein und auch andere Minister entsprechend umtaufen: Wolfgang Schäuble wäre dann der Inner, Sigmar Gabriel der Umwelter und Frau von der Leyen die Familerin. Den besten Job bei dieser Art Aufgabenneuverteilung in der Bundesregierung hätte allerdings Wolfgang Tiefensee: Er wäre dann nämlich der Verkehrer.

14. Mai 2009

Die Bedürften lassen eine Debatte wieder aufbranden

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:48

Mit dem Aufbranden haben wir’s ja bei der WAZ, das wird immer wieder gerne genommen. Im heutigen Seite-2-Kommentar sind es „viele Abgeordnete von SPD, Grünen und Linkspartei“, die „fürchteten, mit einer Neuregelung der Spätabtreibungen werde die Debatte um den Paragrafen 218 wieder aufbranden.“ Aber Falsches wird nicht richtiger, wenn man es wiederholt. Und Debatten können weder ab- noch wieder aufbranden. Das Meer brandet auf, an Klippen oder Felsen. Das tut es grundsätzlich – und nicht etwa, nachdem es irgendwann mal abgebrandet wäre und jetzt mit voller Wucht wiederkehren würde. Und darum haut das mit der wieder aufbrandeten Debatte schon gar nicht hin.

Eine Seite weiter (Rhein-Ruhr) ist wieder Frau Politik zugange, diesmal sogar in einer fetten Headline: „Politik will Ende der ‚Ballerei‘ in Schulen“. Warum ist es nicht die Landesregierung, warum sind es nicht die Politiker? Weil es dasselbe Dummdeutsch ist wie vorgestern.

Auf der Politik-Seite „konnte der SPD-Politiker kein sozialpolitisch kitzliges Thema liegenlassen, ohne seinen Senf dazu zu geben.“ Aber nachdem er seinen Senf dazu getan hatte, konnte er es? Entweder konnte er kein Thema liegenlassen oder er muss jedes Mal seinen Senf dazu geben, beides zusammen ist nicht nur doppelt gemoppelt, sondern auch noch Blödsinn.
Dafür ist das hier, im nächsten Absatz, ein bisschen überraschend: „Weil Städte und Gemeinden die Heizkosten übernehmen würden, gingen die Bedürften oft verschwenderisch mit Energie um.“ Diese Formulierungen bedürften einer Korrektur, wenn man mir diesen Kalauer verzeihen will. Aber dann würde vermutlich die Politik wieder aufbranden …

13. Mai 2009

Ein latent spaltpilzbefallenes Thema verkehrlich angebunden

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 19:42

Vielleicht war es ein rabenschwarzer Tag, als die heutige Ausgabe entstand, und so mag dann auch der folgende Satz im Titelseiten-Kommentar entstanden sein: „Wer die rabenschwarzen Nachrichten der letzten Monate verfolgt hat …“ Aber vielleicht folgen dann ja die weißen Nachrichten? Zumindest gute, allerdings geht das auch schief: „… Bochum erfährt diese Anerkennung sich nicht allein aus Mitleid, sondern weil es … verkehrlich bestens angebunden ist …“

Im Kommentar auf der Seite 2 „kämen die Auswirkungen eines Kollapses den Erschütterungen eines schweren Erdbebens gleich.“ Irgendwie logisch, oder?

Und im Kommentar darunter hat Frau Merkel „für die Christdemokraten die Hauptverantwortung für das latent spaltpilzbefallene Thema Integration/Einbürgerung reklamiert.“ Als Spaltpilz bezeichnet man Personen, Ideen oder Konzepte, die eine Gruppe spalten können. Wie ein Thema von einem Spaltpilz befallen wird, und dann auch noch latent, also schlummernd, unerkannt, unterschwellig oder verborgen, werden wir heute nicht mehr klären können.

Und so ist es, glaube ich, verkehrlich … äh … verzeihlich, wenn wir für heute erst einmal Schluss machen.

12. Mai 2009

Die Politik, Mick Jaggers und Wim Wender

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:03

Wer ist eigentlich „die Politik“? Früher mal war das ein mehr oder weniger abstrakter Begriff, der etwas mit dem Verhalten von Menschen und Machthabern in einem Staat zu tun hatte. Seit neuestem wird aber Politik mehr und personifiziert. Laufend kann man davon lesen, dass die Politik etwas übersehen habe oder noch dies oder jenes tun müsse. Den vorläufigen Höhepunkt dieser Entwicklung lesen wir heute im Seite-2-Kommentar: „Die Politik musste lernen, wie wenig ein Rettungspaket über hunderte von Milliarden Euro nützt … “ Wie soll sie das tun? Müsste nicht hier nicht viel eher die Bundesregierung lernen (bei der Gelegenheit: das Rettungspaket war auch nicht „über“, sondern „von“), wie wenig ein Paket von Milliarden nützt? Zumindest sind es immer Politiker, die irgend etwas entscheiden oder tun, die etwas übersehen haben oder lernen müssen. „Die Politik“ kann da herzlich wenig tun und lernen kann sie schon gar nicht. Fragt sich nur, woher diese merkwürdige Personifizierung kommt. Ist es eine Mode, Wichtigtuerei, der Versuch der Verschleierung wahrer Verantwortlichkeiten oder schlicht und einfach Dummdeutsch?

Solche Fragen müssen wir uns glücklicherweise nicht stellen, wenn wir die kleine Headline von der Kulturseite lesen: „Jaggers wollte Wenders nicht“. Hier ist einfach nur ein „s“ zuviel. Vermutlich bei Wim Wender.

11. Mai 2009

Biederstifter und Brandmann

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 15:03

Zunächst einmal hat Karstadt auf der Titelseite „Nur ein Monat Zeit“, wie uns die Subheadline mitteilt. Und ich brauche mindestens einen Monat, um das zu verarbeiten.

Und mindestens noch einen Monat mehr, um mit dieser interessanten Figur von der Rhein-Ruhr-Seite fertig zu werden: „Kaum Nazitypen darunter, einiges Prekariat, und oben geben einige Männer in Anzügen die Biederstifter.“ Wer ist dieser Biederstifter? Zumindest kein Druckfehler, denn im übernächsten Absatz taucht er wieder auf, und jetzt sogar im Plural: „Es ist aber nur schwer erträglich, was die Biederstifter reden …“ Gebildete Menschen unter uns kennen natürlich Max Frischs Stück „Biedermann und die Brandstifter“. Aber ist das eine Erklärung für diese Zusammenziehung? Höchstens, wenn der Brandmann folgt.

9. Mai 2009

Es überrascht und tröstet

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:16

Die sprachliche Unsitte, notwenige Ergänzungen und Bezüge wegzulassen, finden wir heute gleich zweimal, und zwar im Seite-2-Kommentar: „Deshalb überrascht, mit welcher Vehemenz die Bürger … die Grundwerte von Staat und Nation hochhalten.“ Und im nächsten Absatz: „Es mag zudem trösten, dass die Finanzkrise manchen Reichen auch materiell wieder mehr Bescheidenheit lehrt.“
Wer ist hier überrascht? Wer wird getröstet? Ich habe mich darüber schon mehrfach echauffiert, und es scheint sich als neue Mode im Dummdeutschen zu etablieren: „Das gefällt nicht“, „es macht wütend“, „er kann bezwingen“. Ist das fehlender Mut, die Betroffenen zu benennen, oder will man so die eigene Wichtigkeit unterstreichen? Etwa so: „Ich bin so wichtig, dass das, was mir nicht gefällt, auch allen anderen nicht gefällt, deshalb gefällt es eben nicht.“ Oder: „Weil es mich überrascht, haben gefälligst alle überrascht zu sein, also überrascht es.“ So oder so ähnlich muss es wohl sein. Oh, was macht das wütend!
Da lese ich dann doch noch lieber so herrlich durcheinander purzelnde Sprachbilder wie das hier im folgenden Absatz: „Es wäre Spielerei, die nun seit 60 Jahren bewährte Säule des Staatswesens ohne Not in die politische Arena zu werfen.“ Das finde ich auch, denn man weiß ja nie, wer gerade so in der politischen Arena spielt und von einer solchen dicken Säule erschlagen werden könnte …

8. Mai 2009

An die eigene Sicht auf die Dinge glauben und die Bahn einbremsen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 19:37

Wer kennt nicht den saublöden neuen Slogan des RWE: „vorweg gehen“? Es kann niemand „vorweg“ gehen, man kann etwas vorweg nehmen, gegangen wird indes voraus. Im beste Falle vorneweg. Nur kann man dann dieses kleine alberne Buchstabenspiel mit dem „RWE“ im „vorweg“ natürlich vergessen. Und das sollte man ohnehin.
Aber ich schweife ab.
Zumindest aber scheint dieses ganze Durcheinander um „vor-“ oder „vorneweg“ so verwirrend zu sein, dass heute auf der Politik-Seite zu lesen ist: „Die schlechte Nachricht vornweg: …“ Und die gute Nachricht hinterher: Das ist nicht unbedingt falsch, aber gerade hier hätte man getrost „vorweg“ schreiben können, das wäre nicht nur richtig, sondern auch eleganter gewesen.
Dafür folgt ein paar Zeilen weiter ein etwas merkwürdiger Satz: „38 Prozent der Befragten gaben an, vor allem an ihre eigene Sicht auf die Dinge zu glauben …“ Ich habe da eine andere Sicht der Dinge, nur muss ich nicht an sie glauben. Schließlich glaube ich ja auch nicht an meine Meinung, ich habe sie einfach nur.
Auch andere haben Meinungen: „… 64, (Komma zu viel) beziehungsweise 65 Prozent finden, deutsche Feiertage förderten den sozialen Zusammenhalt. In anderen Ländern, wie Großbritannien, gehen die Ansichten in der Frage weit auseinander.“ Es ist schon etwas verwunderlich, dass sich die Briten Gedanken über deutsche Feiertage machen …
Doch „selbst die ewige Streitfrage nach Deutschkenntnissen löst sich in der Gallup-Umfrage in Wohlgefallen auf …“ So froh ich bin, dass es keine Streitfrage „über“ war, „nach“ ist hier leider auch fehl am Platze, da es bei einer Streitfrage um den Streit geht und nicht um eine Frage, die beantwortet werden soll. Aber da sie sich eh in Wohlgefallen auflöst, müssen wir uns da auch keinen weiteren Gedanken machen.

Und wenden uns dem Essener Lokalteil zu. Hier lesen wir: „Politiker bremsen Bahn AG ein.“ Da fragt man sich, wie die das machen. Früher wurden Autos eingefahren, das Einbremsen ist neu. Allerdings kann man immer noch erleben, dass man ausgebremst wird.

7. Mai 2009

Vorschläge über den internationalsten Konzern vergraulen Moskau

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 18:53

Die Rhein-Ruhr-Seite bemüht zunächst einmal wieder die Universalpräposition: „Und einmal entfacht, wird die Diskussion um die Stadt am Fluß heftig befeuert mit zahlreichen Vorschlägen über alternative Standorte für die Hochschule.“ Ich hätte da eher ein paar Vorschläge für besseres Deutsch.

Auch für die Wirtschafts-Seite, wo man Folgendes lesen kann: „Auslaufen der Atomenergie, wichtige Richtungsentscheidungen … , wachsende Widerstände … und ein miserables Image der Branche wegen starker Preiserhöhungen bei Gas und Strom – diese Gemengelage forderte einen ganzen Manager …“ Irgendwas muss die WAZ-Leute an diesem blödsinnigen Ausdruck faszinieren, weil er immer wieder vorkommt. Dabei hat er mit Grundstücken zu tun und absolut nichts mit einer Menge von politischen oder anderen Problemen, schon gar nicht mit einer Lage, die durch das Zusammenmengen verschiedener Probleme eintritt. Doch genau das scheint man bei der WAZ fest zu glauben und deshalb müssen wir immer wieder von einer Gemengelage lesen.
Da lesen wir doch viel lieber so etwas: „Seine geradlinige, sehr direkte Art ging aber schon mal nach hinten los.“ Ist zwar auch Humbug, weil nur Schüsse und im übertragenen Sinn allenfalls brisante Äußerungen nach hinten losgehen können, lässt sich aber viel lockerer überlesen.
Was man wiederum hiervon nicht sagen kann: „Seinen unternehmerisch wohl härtesten Kampf hatte Bernotat nicht bei seinen früheren Stationen … zu kämpfen, sondern 2006, als er sich anschickte … Eon zum internationalsten Energiekonzern der Welt zu machen.“ International – internationaler – am internationalsten. Und am Ende sogar am internationalsten in der Welt – wenn das keine Steigerung ist! Dagegen ist die UNO ja gar nichts.

Kein Wunder, dass es da zu internationalen Verstimmungen kommt: „Nato-Übung in Georgien vergrault Moskau“, lautet eine Headline auf der Politik-Seite. Was allerdings hieße, dass die Russen vertrieben oder verscheucht worden wären, also irgendwie weggemobbt. Davon kann man aber im eigentlichen Artikel nichts lesen. Allenfalls so etwas: „Bei einigen Nato-Partnern zeigt das russische Grollen bereits Wirkung.“ Und graulen oder grollen – ist denn der Unterschied wirklich so groß, dass man ihn bemerken könnte? Eigentlich schon!

6. Mai 2009

Strahlkraft entfalten, das Einfälle entstehen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 18:46

Doch zunächst haben wir es im Aufmacher mit noch schlimmeren Dingen zu tun: „Gewalt: Lehrer schlagen Alarm“, lautet die Headline. Das ist auch wirklich schlimm mit der Gewalt und dass jetzt Lehrer ungestraft auf den armen Alarm einschlagen, finde ich unmöglich.
Und es gibt noch eine überraschende Tatsache, dargelegt vom GEW-Landesvorsitzenden: „Es gibt jugendliche Gangs in Schulen, Waffen, Drogen.“ Wie kommen die da nur überall rein?
Wie auch immer, es gibt Schlimmeres: „Amokläufe wie der in Winnenden seien zwar selten, ‚aber das Spiel damit liegt nahe!'“ Welches Spiel? Wieso? Warum?

Es gibt wichtigere Fragen. Wie diese hier: „Welche Stadt erhält den ‚Gesundheitscampus‘, auf dem Gesundheitseinrichtungen konzentriert werden, die europaweite Strahlkraft entfalten sollen?“ Ach, nee! Strahlkraft, und die auch noch entfaltet! Konnte man nicht eine einfache Ausstrahlung nehmen?
Offenbar nicht, denn: „Dahinter steckt die Erfahrung des früheren Bundesforschungsministers, das bahnbrechende Einfälle oft entstehen, wenn sich Forscher und Praktiker im Alltag zwanglos begegnen können.“ Ein bahnbrechender Einfall wäre hier gewesen, ein Doppel-S zu verwenden.

5. Mai 2009

Sein großen Flügel kommentieren wir mal weg

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:11

„Sie lächelt alle Zweifel weg“, ist der Artikel über die Präsidentschaftskandidatin auf Seite 2 überschrieben. Da kann sich der SPD-Vorsitzende nicht lumpen lassen: „Müntefering kommentiert alles als alte Geschichte weg.“
Vielleicht sollten wir solche Sachen einfach als unbrauchbar weglesen, dass klappt aber leider nicht immer.
Vor allem, wenn jetzt noch ein zwei schöne Beziehungsfehler folgen: „Im ‚ZDF-Morgenmagazin‘ wiederholt sie auch ihre Warnung vor der Wut in der Bevölkerung, die wachsen könnte, wenn die Ungerechtigkeitsgefühle in der Krise größer würden.“ Demnach wächst die Bevölkerung, wenn die Ungerechtigkeitsgefühle größer werden. Das wäre doch was für Frau von der Leyen, oder?
Und der zweite: „Wenn jedoch alle Wahlleute von Union, FDP und Freien Wählern … Horst Köhler wählen, dann wäre er im ersten Wahlgang bestätigt. Er erfordert eine Mehrheit von 613 Stimmen unter den 1224 Delegierten.“ Der Köhler, nicht der Wahlgang. Oder ist es andersherum? Ach: Egal!

Denn interessanter ist da eine Formulierung im Artikel: „Schöner Wohnen in der Leichenhalle“ auf der Rhein-Ruhr-Seite. Hier heißt es: „Sein großen Flügel will er in der ehemaligen Kapelle aufstellen“. Da stellt sich mir nur noch die Frage: Wie finde ich dazu nur ein Schlusskommentar, ohne zu deklinieren? (Ganz einfach: Man muss nur den Schmerz in den Ohren ignorieren.)

4. Mai 2009

Wer ist denn lieber Fischer als Präsident?

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:08

Die ersten beiden Seiten heute haben es in sich: „NRW-SPD-Chefin Hannelore Kraft sprach vom ‚aufschreckenden Alarmzeichen …'“, ohne sich darüber zu wundern, dass ein Alarm in ungefähr 99 % aller Fälle aufschreckt.
Und im Seite-1-Kommentar wird zu einer merkwürdigen Passiv-Konstruktion gegriffen: „Es scheint, als werde nicht begriffen …“ Ist das irgendwie „modischer“, als einfach zu sagen: „Es scheint, als begreife niemand …“? Es wird nicht begriffen – das liegt irgendwo auf einem ähnlichen Level wie diese unsägliche Formulierung: „das gefällt nicht“. Oder: „das macht wütend“.
Am Ende des Artikels wird da sogar noch einer draufgesetzt: „Doch dass der Linksmob … ein langfristiges Ziel hat, den Staat zu übernehmen, ist nicht zu meinen.“ Dass so etwas noch Deutsch ist, ist nicht zu meinen. Dass es Dummdeutsch ist, wäre eher zu meinen. Das meine ich jedenfalls.

Eine ziemlich beknackte Formulierung finden wir auch nach dem Umblättern im nächsten Kommentar: „Von der SPD wird Schwans Bewerbung um das höchste Amt und Stimmen der Linken ohnehin mehr ertragen als getragen.“ Man kann eben nicht alles in einem Atemzug nennen, nur um ein paar Wörter einzusparen.
Ein paar Zeilen tiefer „entfaltet die Nachricht weitere Botschaften.“ Wer hätte das gedacht!
„Dennoch sind die Intrigen, die man der Branche fallweise unterstellen muss und selten nachweisen kann, nicht schön anzusehen.“ Das glaube ich gern, obwohl ich nicht weiß, wie man fallweise unterstellt.

Den Vogel abgeschossen hat aber eine Headline auf der Titelseite: „Steinmeier wollte lieber Fischer als Präsident“. Hätte es hier nicht eher heißen sollen, dass Steinmeier lieber Fischer sein wollte als Präsident? Ich z.B. wäre viel lieber Fischer als Präsident. Vielleicht aber auch Bäcker oder Journalist.
Doch da fällt mir ein: Steinmeier steht ja als Präsidentschaftskandidat gar nicht zur Debatte. Nur: Wenn er da lieber den Politiker Fischer haben wollte, dann als Präsidenten. Noch muss man im Deutschen deklinieren, auch wenn die WAZ das gern vergisst. Und in dem Fall steht der Wen-Fall. Denn als Wen wollte er den Fischer? Eben.

2. Mai 2009

Überbietungswettbewerb mit Folterinstrumenten

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 19:56

„Der Überbietungswettbewerb mit Folterinstrumenten, den sich Bsirske, Sommer und Co. gestern geleistet haben, wirkte gleichwohl ein wenig lächerlich“, schreibt die WAZ heute im Seite-2-Kommentar. Ich finde ihn eher etwas unverständlich, weiß man doch nicht, ob es es sich um einen Wettbewerb handelt, der mit Folterinstrumenten ausgetragen wird oder um einen Wettbewerb, der klären soll, wer die besten Folterinstrumente hat. Und wenn dass geklärt sein sollte, weiß man noch immer nicht, was ein „Überbietungswettbewerb“ ist. Zumal es das Wort bisher noch nicht gab und ein Wettbewerb in vielen Fällen damit zu tun hat, dass sich die Teilnehmer gegenseitig zu übertreffen suchen, was manche vielleicht für überbieten halten könnten. Letzteres findet allerdings eher in einer Versteigerung als in einem Wettbewerb statt.
Nachdem das also schon ungeklärt bleiben muss, verwirrt uns dieses hier noch ein bisschen mehr: „Diese Krise ist aber nicht zu bewältigen, indem der Berufsstand der Bosse am Pranger steht. Deutschland braucht gute Manager, um den Schlamassel zu bewältigen.“ Denn was ist das für ein Berufstand: „Bosse“? Und wenn es ihn gäbe, würde er nicht am Pranger stehen, sondern dorthin gestellt werden. Und einen Schlamassel bewältigt man auch nicht, sondern man wird da herausgezogen oder zieht jemanden heraus. Also wer steht hier wo und wer macht was?
Wir werden es nie erfahren und uns stattdessen mit folgendem Rätselwort beschäftigen müssen: „Aber soziale Verwerfungen herbeizureden mit dem Fingerzeig auf ‚die da oben‘, ist billigster Populismus und vergisst, dass unsere Marktwirtschaft der Sozialpartnerschaft einen Wohlfahrtstaat begründet.“
Sind schon die sozialen Verwerfungen so gut wie unmöglich herbeizureden, ist der Fingerzeig schon völlig fehl am Platze (weil es sich dabei um einen guten Tipp handelt), so gerät der Satz dann am Ende vollends aus der Kurve: Die Marktwirtschaft begründet der Sozialpartnerschaft einen Wohlfahrtstaat? (Der vielleicht auch besser ein Wohlfahrt-s-staat sein sollte.) Oder sollte es die Marktwirtschaft der Sozialpartnerschaft sein, die einen Wohlfahrtsstaat begründet? Alles eher Unsinn.
Vielleicht darf ich mal einen Fingerzeig geben: Bevor man einen Überbietungswettbewerb mit Phrasen startet, bei dem die Folterinstrumente am Pranger stehen, sollte man weniger herbeireden, sonst landet man in einem sprachlichen Schlamassel, den man nicht bewältigen kann und aus dem einen auch keiner mehr rauszieht.

1. Mai 2009

In 1000 Meter Tiefe Pfand umsetzen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:29

Was tut in den Ohren weh und steht heute im Aufmacher? Das hier: “ Überdies ist die ‚Zweite Stadt‘, ein ehrgeiziges Kunstprojekt in 1000 Meter Tiefe in den Schächten der ehemaligen Zeche Zollverein, noch nicht finanziert.“ Was ist so schwer daran, dass sich das Kunstprojekt in 1000 Metern Tiefe befindet?

„Dafür sieht er als seinen Job an, was er ist: arbeitslos“, steht auf der Rhein-Ruhr-Seite. Daraufhin sehe ich als meinen Job an, was ich jetzt bin: sprachlos.
Und so kann ich glücklicherweise auch nicht mehr kommentieren, was man ein paar Absätze später lesen muss: „… wenn es zum Monatsende doch mal knapp wird, geht der Vater Pfand umsetzen.“

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