WAZblog Waz man seinen Lesern eigentlich nicht zumuten sollte …

31. März 2009

Dass Volk hört die Musiken

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:56

Es gibt Nomen, die verfügen über keinen Plural, z.B. „Milch“, „Honig“ oder auch „Kindheit“, „Jugend“ und dergleichen (für Besserwisser: Man nennt dies „Singularetantum“). Trotzdem gibt es immer mal wieder mehr oder weniger verzweifelte Versuche, da dennoch einen Plural zu bilden: „Unsere Honige“ wirbt ein Lebensmittel-Hersteller, und läuft dann immer ein kalter Schauer den Rücken herunter, wenn ich so etwas hören oder lesen muss. „Essige und Öle“ kann man beispielsweise bei uns im City-Center kaufen. Brrrr! (Schauder!)
Heute gibt’s auf der Kultur-Seite einen ähnlichen Versuch: „Seine Film-Musiken begeisterten Generationen“ wird da zum Tode Maurice Jarres getitelt. Musik hat aber keinen Plural, und selbst, wenn man „Film“ voranstellt, wird da nichts draus. Sie tun einfach nur in den Ohren weh, die Musiken. Und warum kann man nicht einfach davon reden, dass seine Kompositionen Generationen von Film-Fans begeisterten?

Auf der Rückseite, ebenfalls im Kulturteil, ist dann die Rede vom „Volk, dass bei der königlichen Trauung Spalier steht“.
Tja, das Doppel-s erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Wo immer man ein „ß“ aufspürt, wird es heutzutage gnadenlos in „ss“ übergeführt. Konstruktionen wie „schliessen“, „Strasse“ oder „anmassen“ sind das traurige Ergebnis. Aber muss es jetzt auch noch das einfache „das“, den armen sächlichen Artikel, treffen? Das muss doch nicht sein!

Und so werde ich jetzt lieber meine Milche trinken, weil mich dass immer so schön beruhigt. Jedenfalls normalerweise.

30. März 2009

Komma-Regeln

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:01

… sind ja nicht ganz leicht. Aber muss das wirklich sein, in einer Ausgabe? Auf der Wirtschaftsseite: „‚Für sie ist es schwierig (Komma fehlt) den Hochschulmarkt zu durchblicken‘, weiß Richter.“ (Erweiterter Infinitiv mit „zu“, lernt man, glaube ich, in der Sechs).
Letzter Absatz des Artikels: „Warum eine Person ins Visier eines Personalvermittlers gerät (Komma fehlt) kann unterschiedliche Ursachen haben.“
Auf der Politik-Seite: „Eben hat er noch verlangt, ‚keine Minute zu verlieren, um den Sozialismus zu verwirklichen‘, den Spitzensteuersatz auf 80 Prozent anzuheben, um den ‚Ganoven das Geld wegzunehmen‘, (Komma falsch) und den Generalstreik als Mittel zur Durchsetzung sozialer Forderungen propagiert.“
Und schließlich auf der Rhein-Ruhr-Seite: „Auftrag der Kirche, erklärte dieser in seiner Rede, sei es (Komma fehlt) ‚Menschen zu helfen, Jesus kennen zu lernen.“ Und am Ende dieser wörtlichen Rede fehlen dann auch noch die Anführungsstriche (das ist hier jedoch nur begrenzt darstellbar).

Und im Artikel darunter fehlt es an Kenntnissen der richtigen Deklination: „Kölns Oberbürgermeister … übernimmt die politische Verantwortung für den Einsturz des Stadtarchivs am 3. März und der heftigen Kritik an seinem Krisenmanagement.“ Wofür übernimmt er die Verantwortung? Ganz klar: Für der heftigen Kritik.

Der könnte ich jetzt auch übernehmen, wenn ich mir den Kommentar auf Seite 2 anschaue. Hier kann man zunächst die folgende Formulierung genießen: „Die Gier, mit der sich die ehemaligen Chefs trotz Versagens die Millionen in die Tasche gesteckt haben, erlaubt es der Kanzlerin und anderen, endlich mal wieder ihrem Volk aus der Seele zu sprechen. Unanständig, unglaublich, schamlos.“ Also spricht die Kanzlerin dem Volk unanständig und schamlos aus der Seele?
Und sie hat noch mehr gesagt: „In der Krise dürfe der normale Maßstab nicht verloren gehen, sagte Merkel. Das kann man auch umgekehrt sehen.“ Und das hieße: Im normalen Maßstab darf die Krise nicht verloren gehen. Hm.
Das war natürlich nicht gemeint. Wohl aber das hier: „Ab Donnerstag versuchen 20 Staats- und Regierungschefs unter dem Protest zigtausender Globalisierungsgegner die Weltwirtschaft zu retten.“ Nun ist es ja so, dass man etwas unter Protest tut, wenn man es eigentlich nicht tun will, aber durch die Umstände dazu gezwungen ist. Das machen die Regierungschefs natürlich nicht. Die scheinen es ja eher gerne zu tun. Also werden sie in ihrem Tun allenfalls vom Protest der Globalisierungsgegner begleitet. Oder sie stehen unter dem Eindruck des Protestes. Und wer übernimmt jetzt die Verantwortung für der verunglückten Formulierung? Nein, nein, mir nicht!

28. März 2009

Der Mörder kommt in Handschellen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 19:36

Klingt wie ein Krimi-Titel, oder? Ist aber keiner. Sondern nur wieder der Versuch einer WAZ-Autorin, besonders – na, was: volksnah? – zu schreiben: „In der tiefen Dunkelheit dieser Tonne voll Ruhrgebiet kommt dem Kommissar die Erleuchtung – und der Mörder in Handschellen.“ Das ist nicht nur deswegen besonders dämlich ausgedrückt, weil hier das Verb „kommen“ für zwei nicht zusammen gehörende Sachverhalte benutzt wird, sondern auch, weil es für den zweiten Teil einfach völlig fehl am Platz ist: Der Mörder kommt eben nicht in Handschellen! Allenfalls legt man ihm welche an, nachher, wenn man ihn dingfest macht. Und dann kommt er ins Gefängnis, in Gottes Namen. Ich komme ja auch nicht in Hose, nicht mal dann nicht, wenn es sprachlich in dieselbe geht. Es kommt auch niemand „in Arbeit“, „in Vertrag“ oder „in Jogging-Anzug“. Allerdings komme ich, wenn ich so etwas lese, ganz schön in Wut!

Dagegen ist das „Volksverständnis für die Marktwirtschaft“, das laut Seite-1-Kommentar die Manager „auf dem Altar ihrer selbstsüchtigen Profitgier“ opfern, fast harmlos. Aber nur fast.

27. März 2009

Verpuffen oder verdampfen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 12:01

Während uns die Headline auf der Politik-Seite noch zuruft: „Damit die Hilfe nicht verpufft“, wird das Ganze im Artikel selbst ein bisschen eingedampft: „Wie kann diese Armut, dieses Unrecht bekämpft werden? Wie gelingt es, dass Hilfe nicht wie ein Tropfen auf dem heißen Stein verdampft? ‚Indem Strukturen verändert werden‘, sagt Jürgen Thiesbohnenkamp, der Vorstandsvorsitzende der Kindernothilfe.“ Das ist nicht nur unverständlich, sondern auch unsinnig, denn die Redensart vom Tropfen auf dem heißen Stein bedeutet, dass etwas viel zu klein, viel zu wenig ist, um tatsächlich etwas zu bewirken. Und wenn dem so wäre, dann würde auch eine Strukturveränderung nicht viel bringen. Und so verpufft und verdampft das gesamte Rumgemenschel auf dem heißen Stein der Semantik.
Ähnlich ergeht es dem folgenden Satz: „Die Gesellschaft in Bangladesch verstößt diese Mädchen, die Männer, die sie mit falschen Versprechen lockten, erst recht.“ Demnach verstößt die Gesellschaft nicht nur die Mädchen, sondern auch die Männer, und zwar erst recht. Und wer hat wen da gelockt? So, wie der Satz aufgebaut ist, waren es die Mädchen, die die Männer mit falschen Versprechungen umgarnten. So ist der Satz in das Gegenteil dessen verkehrt worden, was man ursprünglich aussagen wollte: Dass die armen Mädchen von der Gesellschaft verstoßen werden und von den Männern erst recht, nachdem sie von denen mit falschen Versprechungen gelockt wurden. Aber das kann man doch schreiben, oder? Zumindest, wenn man ein bisschen über Sprache, Personalpronomen und inhaltliche Bezüge nachdenkt …

26. März 2009

Auf- und abknüpfen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:54

„Knüpft ihn auf!“ – Diesen Aufruf hören wir bisweilen in Western-Filmen, wenn die aufgebrachte Menge einen vermeintlichen Verbrecher lynchen will. Danach wird er dann auch wohl wieder abgeknüpft.
Und nun wundern wir uns, wenn wir heute die Wirtschaftsseite lesen, „denn die ausländischen Kleinwagenbauer profitieren … vom Neuwagenboom und knüpfen der deutschen Branche so wichtige Marktanteile ab.“ Hm, vielleicht sollten die ausländischen Kleinwagenbauer den Deutschen lieber Marktanteile abknöpfen, um nicht in falschen Verdacht zu geraten …

25. März 2009

Wo ein Alter stand, ist eine Erklärung über

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:34

Auf der Seite 2 „bräuchten die Menschen“ – so wird der Bundespräsident zitiert – „mehr Informationen und Erklärungen über das, was abläuft“. Die Informationen über sind ja O.K., aber warum musste der Bundesköhler die Universalpräposition auch noch auf die Erklärungen anwenden? Denn Erklärungen gibt man zu dem ab, was abläuft, denn man kann schlecht „über“ etwas erklären …
Doch noch schöner ist der Ort dieser Rede: „Wo einst der Alter stand, wurde das Rednerpult aufgestellt…“ Wir rätseln. Welcher Alte hat dort gestanden? In der Kirche? Ach so, es war der Altar! Was doch so ein kleiner Vokal alles anrichten kann!

24. März 2009

Ein Chamäleon bekennt Farbe

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:53

„Dazu gehört eine Unschärfe in Sach- und Machtfragen, so dass FDP-Chef Guido Westerwelle anderntags irritiert notiert, dass sie sich bei ‚Will‘ ’schärfer mit der FDP auseinandergesetzt hat als mit den Sozialdemokraten'“, liest man heute auf der Politik-Seite über die Kanzlerin. Ah, ja: Eine Unschärfe macht die Auseinandersetzung schärfer. Das ist nur logisch.
Ist aber noch nicht alles, denn außerdem „verfüge (sie) über eine ‚unglaubliche Kraft‘ und über ein ‚hohes Maß an Uneitelkeit‘.“ Das muss ihr erst einmal einer nachmachen: Das hohe Maß an „Un“. Denn das ist fast so viel wie „viel nichts“, „kein Alles“ oder „immer nie“.
Aber Gott sei dank gibt es am Ende des Artikels „Klartext: Die SPD wird Merkel weiter angreifen, klare Kante anmahnen und verlangen, das Chamäleon möge endlich Farbe bekennen.“ Das ist doch mal was! Nicht nur die bekannt-bekloppte „klare Kante“, sondern auch ein armes Chamäleon, das Farbe bekennen soll. Womit wieder einmal zwei Bilder durcheinander purzeln: Das Chamäleon, das sich seiner Umgebung anpasst und seine Farbe entsprechend wechseln kann einerseits und die Farbe, die jemand bekennt und so seine Meinung offen äußert andererseits. Beides zusammen wird uns einfach zu bunt!

Auf der Seite 2 finden wir dann noch einen verunglückten Zungenbrecher, die „immer verheerenderen Prognosen“, welche Prognosen sind, die einfach immer verheerend sind, nicht zu verwechseln mit solchen, die immer schlimmer werden, das sind nämlich die immer verheerendereren. Ist nicht ganz einfach, zugegeben, und mir schwirrt inzwischen selbst der Kopf, zumal man sich fragt, ob man „verheerend“ überhaupt steigern kann. Aber wenn, dann kommt eben noch ein „rer“ dazu.

23. März 2009

Sich mit Kritik einen schlanken Fuß machen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:20

„Ah, gnä‘ Frau, dieser Schuh macht aber einen total schlanken Fuß!“ Diesen Satz kann man bisweilen beim Schuhkauf hören. Seit Neuestem wird er auch hin und wieder benutzt, wenn jemand ausdrücken will, dass er sich einen Luxusartikel geleistet hat, der ihm aber sehr gefällt. Doch welch verschlungene Gehirnpfade muss dieser Spruch betreten haben, um dann (heute auf der Titelseite) wie folgt bei unserer Kanzlerin zu münden: „Zweimal griff Merkel die FDP hart an, die … sich mit ihrer Kritik an der geplanten Enteignung der Hypo-Real-Estate-Bank ‚einen schlanken Fuß macht‘.“

21. März 2009

Schlechtest denkbar

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:01

Auf der Wirtschaftsseite bereitet sich Thyssen-Krupp „nach WAZ-Informationen auf das schlechtest denkbare Szenario vor, was die weitere wirtschaftliche Entwicklung angeht“. Ich glaube kaum, dass man ein Szenario schlecht, schlechter oder gar am schlechtesten denken kann und vermute eher, dass man sich auf das denkbar schlechteste Szenario einstellt. So aber kommt hier eher die schlechtest denkbare Formulierung dabei heraus.

20. März 2009

Doppelte Win-Win-Situation

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:16

Wenn von einem Arrangement oder Geschäft beide Seiten profitieren, so nennt man das eine Win-Win-Situation: Beide Partner gewinnen. Die WAZ setzt da noch einen drauf. Im Seite-1-Kommentar können wir lesen: „Für beide eine Win-Win-Situation.“ Demzufolge ein Win-Win-Win-Win.

Auf der Seite 2 schreibt der Chefredakteur, dass man den Papst kritisieren muss, „wegen des Bildes, das er malt von seiner Kirche“. Es mag ja sein, dass die Kirche wegen des Papstes kein gutes, ja geradezu ein schwaches Bild abgibt, wie die Redensart nahelegt, aber deswegen den Pontifex gleich zu einem Kunstmaler zu machen, ist reichlich übertrieben.

Auch die Kanzlerin übertreibt ja gern. Auf der Politikseite wird sie wie folgt zitiert: „Ich sage gerade in Bezug auf Steueroasen, dass es richtig und unabdingbar ist, Ross und Reiter mit Namen zu nennen.“ Dass unsere Regierungschefin nicht gerade eine rhetorische Leuchte ist, ist bekannt. Aber warum muss sie uns etwas in Bezug auf sagen, das dann auch noch unabdingbar ist, anstatt einfach nur notwendig oder wichtig, warum muss sie uns sagen, dass sie etwas sagt, und warum gibt sie sich nicht damit zufrieden, dass man Ross und Reiter nennt, was bereits bedeutet, Namen öffentlich zu machen?

19. März 2009

Brutalst grimmiger Blick auf Amok-Signale

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:49

Ach, hätte der brutalst mögliche Aufklärer doch bloß nie diese Äußerung von sich gegeben! Dann wäre uns vielleicht auch das hier (heute auf der Politik-Seite) erspart geblieben: „Soeben portraitierte das Schweizer Blatt ‚Blick am Abend‘ Peer Steinbrück (SPD) … mit brutalst grimmigem Blick …“ – mal abgesehen davon, dass es porträtieren heißen muss.

18. März 2009

Die neuen Fab-riken

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:16

Mehr war heute nicht, nur ein kleiner Trennfehler auf der Wirtschaftsseite. Vielleicht wird ja doch noch alles gut …

17. März 2009

Wir sind uns stets dem Genitiv bewusst

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 10:03

Was haben wir heute? Zunächst auf der Seite 2: „die Opposition von SPD und Grüne“ und im selben Artikel „die starke Vorverlegung der Kommunalwahl auf den 7. Juni“. Ob sich die Grünen über eine schwache Vorverlegung weniger geärgert hätten? Man weiß es nicht.

Auf der Rhein-Ruhr-Seite erfahren wir, dass der Fritzl-Prozess „im wesentlichen hinter verschlossenen Türen stattfindet“ und nicht im substantivierten Wesentlichen.

Die schönsten Sachen finden wir jedoch auf der Wirtschafts-Seite. Hier heißt es z.B.: „Dieser Wirtschaftskrise ist nichts Menschliches mehr fremd“. Mit dieser Redewendung beschreibt man normalerweise Menschen, die alle menschlichen Schwächen kennen. Wie das die Wirtschaftskrise hinkriegen soll, muss ein Geheimnis des Autors bleiben.
Er hält sich damit auch nicht weiter auf und schließt sofort mit dem folgenden Satz an: „Die Welle des Finanztsunami spült Dramen und Tragödien an die Oberfläche“ und verzichtet damit nicht nur auf ein notwendiges Genitiv-s, sondern macht auch die Doppelwelle – schließlich bedeutet „Tsunami“ bereits „große Hafen-Welle“. Und wenn die Welle der Welle auch noch Dramen an die Oberfläche spült, wen soll das nun noch schrecken?
Der Artikel endet, wie er begonnen hat und beglückt uns mit einem Satz beispielloser Schönheit: „Diesem Risiko ist sich auch Bischoff bewusst“. Grandios, nicht wahr? Und so wird uns allen deutlich: Auch bei der WAZ ist man sich stets dem Genitiv bewusst.
Ich gehe da noch einen Schritt weiter: Ich gedenke ihm sogar! Oder muss man heute sagen: Ich gedenke an ihm?

16. März 2009

Jenseits aller Schuldfragen Schauspieler zuschneiden

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:20

Auf der Seite 2 schlägt mal wieder die Universalpräposition über – pardon! – zu: „Enttäuschung über mangelnde Unterstützung“.

Und in einem weitere Artikel hat sich Horst Seehofer „an der Unruhe in der Union maßgeblich beteiligt…“ Nächstes Mal, so hoffen wir, beteiligt er sich an der Ruhe.

Auf der Politik-Seite gibt es Neues vom Jenseits: „Er stehe zu dem, was geschehen sei – jenseits aller Schuldfragen.“

Auf der Kulturseite schließlich hat Daniel Craig „die richtige Schneidigkeit für die Rolle“ (des 007), und weil wir schonmal beim Schneiden sind, war Connery „lange Zeit unzufrieden damit … nur auf diese Rolle zugeschnitten zu werden.“ Das überrascht uns ein wenig, denn bisher kannten wir nur Rollen, die Schauspielern auf den Leib geschnitten wurden. Offenbar geht es neuerdings auch andersherum. Vermutlich allerdings nur jenseits normaler Filme.

14. März 2009

Angst hastet über Flure und Vater trat Polizist

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 08:26

Ich nehme alles zurück, was ich im Zusammenhang mit der Amoklauf-Berichterstattung lobend über die Printmedien gesagt habe, denn heute „hastet die Angst über die Schulflure“.
Und auch sonst finden wir merkwürdige Formulierungen im Seite-1-Kommentar. „Trittbrettfahrer … tummeln sich jetzt ungeniert …“ heißt es da z.B., ohne dass wir erfahren, wo sie sich tummeln, was aber zu diesem Begriff schon irgendwie dazu gehört. Sonst fange ich auch an, mich zu tummeln.
Auch, dass wir „wieder einmal ohnmächtig zugeben müssen“ verwundert mich etwas, weil wir ja auch mächtig zugeben könnten und „dass es aber soviel verstörte Kinder gibt“, wird mir nicht, wie im Artikel anempfohlen, den Schlaf rauben.

Eher schon, wenn im Aufmacher auf der Titelseite steht: „Der Amoklauf von Winnenden … hat erschreckend viele Trittbrettfahrer animiert.“ Da der Satz da endet, erfahren wir nicht, wozu er sie animiert hat und müssen so davon ausgehen, dass es sich um animierte Figuren aus einem Trickfilm handelt.

Auf der Rhein-Ruhr-Seite verkündet eine dicke Headline: „Neuer Amoklauf verhindert“, und man fragt sich, wen oder was der nun verhindert hat, denn wenn er selbst verhindert worden wäre, dann hätte man einen „neuen Amoklauf verhindert“. Hm, ich gebe zu, das war jetzt ein bisschen kompliziert und für Überschriften ist das natürlich überhaupt nichts.
Aber dann kommt im Artikel noch der Spruch eines Bürgermeisters: „Ich bin froh, dass eine Katastrophe an uns vorbei gegangen ist.“ Warum freut der sich über eine Katastrophe? Hätte er gesagt: „Ich bin froh, dass ein Supermodel an uns vorbei gegangen ist“ – das hätte ich verstanden!

Auf der Wirtschaftsseite wird folgender tief schürfende Satz zur Kenntnis gegeben: „Während Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach einem Treffen mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft versuchte, einigermaßen den Pfad der ordnungspolitischen Tugend zu treffen…“ Einen Pfad zu treffen, anstatt ihn zu beschreiten, finde ich schon ziemlich schwierig. Nun soll es aber auch noch der der ordnungspolitischen Tugend sein! Das ist ja kaum zu schaffen. Und darum muss sie ihn ja auch nur einigermaßen treffen – wie beruhigend!
Und dann kommt ein Zitat unseres Außenministers, dass sogar die WAZ (welch feine Ironie!) als „verschwurbelt bezeichnet: „Es kann im Augenblick niemand ausschließen, welche Formen staatlicher Hilfe, wenn sie denn geleistet werden können, am Ende zur Verfügung stehen“. Jawohl, so ist das. Ich kann auch nie ausschließen, welche Wortverbindungen, sollten sie denn gesprochen werden, am Ende zur Verfügung stehen. Und dazu muss ich noch nicht einmal Politiker sein.

13. März 2009

Verknüpfung zu

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:28

Dass „durch die enge Verknüpfung zu mittelständischen Zulieferern“ irgend etwas bei Opel gefährdet wird, kann ich nicht durchgehen lassen und bestehe auf der korrekten Präposition. Denn verknüpft ist man nun einmal mit jemandem und nicht zu jemandem.

12. März 2009

Mitreißende Formulierungen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:22

Vielleicht sollte ich heute mal eine Lanze für die Printmedien im Allgemeinen und die WAZ im Besonderen brechen. Denn es ist der Tag des Amoklaufs in Winnenden und bei Ereignissen wie diesem flippen in den TV-Anstalten alle Reporter aus, was dann zu sprachlichen Amokläufen führt. So wird man Zeuge folgender Äußerungen:
„Was glauben Sie … äh … wird die Schulbehörde nun tun? Wird man die Schule schließen?“
„… damit nicht weitere Opfer vor die Waffen des Tatverdächtigen geraten“
„… mit Waffen bewaffnet“
„Es kann und darf nicht sein, dass auf so skrupellose und menschenverachtende Weise die Gefühle der trauernden Angehörigen mit Füßen getreten werden“
„… dass sich hier Stunden voll panischer Angst abgespielt haben müssen“
„Wir haben erschreckende Opfer gesehen“
„Es heißt sogar, dass der Täter hier noch um sich springen könnte“
Und schließlich: „Ein Meer von Fragen liegt offen da“ – und das kann ich nur bestätigen.

Bei der WAZ sind solche sprachlichen Entgleisungen erstaunlicherweise nicht zu finden. Die Berichterstattung zu dem Thema ist nahezu fehlerfrei, sieht man von einem kleinen Ausrutscher im Titelseiten-Kommentar ab: „Ist das wirklich möglich, dass er hier aufgewachsen ist, der Junge, der 15 Menschen erschoss, hier, zwischen gepflegten Vorgärten und blitzsauberem Bürgersteig?“ Entschuldigung, aber der Junge mag hier aufgewachsen sein, zwischen den Vorgärten und dem Bürgersteig (was ja auch schon ein bisschen gewöhnungsbedürftig wäre), hat aber nicht hier um sich geschossen, sondern in der ehemaligen Schule.

Das heißt aber nicht, dass ansonsten alles O.K. ist. Auf der Wirtschaftsseite befindet sich eine fette Headline: „Opel-Pleite würde 200 Lieferanten mitreißen“. Ein wirklich mitreißende Formulierung! Nur wüssten wir gern, wohin. Im Artikel erfahren wir es auch: „in den Abgrund“ nämlich. Was aber etwas anderes ist als mitreißend.
Danach spricht ein „Autoexperte“ und erklärt uns, „dass strategische Teile ausfallen“. Worunter ich mir allerdings nicht viel vorstellen kann: Was sind beim Auto oder bei Opel-Modellen strategische Teile? Die Räder? Der Motor?
Und auch das hier, was uns der Experte verkündet, verstehe ich nicht: „Jetzt wird das System betroffen“, spricht er und laut WAZ ist das eine „Analyse“.
Da wende ich mich etwas betroffen ab und lese als Nächstes: „Als ‚unverantwortbar‘ verurteilt Papke eine solche Aussage“, was ich aber eher unverantwortlich finde.

In einer kleinen Meldung daneben erfahren wir dann, dass „trotz höherem Umsatz … der Gewinn der Lufthansa 2008 gesunken“ ist, und ich verkneife mir (fast) den Hinweis darauf, dass der Gewinn trotz höheren Umsatzes gesunken ist, weil ich erst gestern auf den Genitiv nach trotz hingewiesen habe und hier eh niemand auf mich hört.

11. März 2009

Trotz allem Gemäkele würde der Drang erlischen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:14

Heute trotzen wir mal dem Genitiv. Dabei sei zugegeben: Früher wurde nach „trotz“ der Dativ benutzt. Doch das ist lange her und inzwischen auch vom Duden einkassiert.
Und nun muss gerade die WAZ, die ja sonst so gern bei jedem neuen Sprachunfug mitmacht, ausgerechnet hier auf der alten Form beharren – die heutzutage leider falsch ist. Im Kommentar auf Seite 2 müssen wir lesen, dass Deutschland: „… trotz allem Gemäkele … eines der besten Sozialsysteme …“ habe, obwohl unser Land allenfalls trotz allen Gemäkeles darüber verfügt.

Im anderen Kommentar auf derselben Seite „haben unsere Doktoren die Diagnose ausgerufen“ und es „war lange Zeit viel Hypochondrie im Spiel“, obwohl normalerweise Diagnosen gestellt werden und Hypochondrie – egal ob wenig oder viel – in diesem Zusammenhang eigentlich gar nichts zu suchen hat.

Eeine Gemengelage haben wir auch noch, und nicht zum ersten Mal. Im nebenstehenden Kommentar heißt es: „Es ist genau diese Gemengelage, die Dietmar Bartsch … fordern lässt … „
Ich weiß nicht, warum die WAZ-Schreiber diesen blödsinnigen Ausdruck so schön finden, dass sie ihn immer wieder benutzen. Eine Gemengelage hat was mit Bauvorhaben und dergleichen zu tun, nichts jedoch mit einer politischen, gesellschaftlichen oder sonstigen Lage, sei sie auch noch so verwirrend.

Auf der Rhein-Ruhr-Seite finden wir noch mehr Verwirrendes. Dort heißt es zunächst: „Beim Hautarzt gilt etwa ein Belastungs-EKG (15,94 Euro) als ‚Individuelle Gesundheitsleistung‘ (IGel)“ und ich habe mich sehr darüber gewundert, weil ich noch nie beim Hautarzt ein EKG habe machen lassen. Ein paar Zeilen weiter können wir jedoch erfahren, dass das Ganze jemand erklärt, der „Vorsitzender des Hattinger Hausärztenetzes“ ist. Daher müssen wir wohl davon ausgehen, dass wir unsere EKGs weiterhin beim Haus– und nicht beim Hautarzt machen lassen.

Auf der zweiten Rhein-Ruhr-Seite wird in einer fetten Headline der „U-Bahn-Bau ins Wasser gesetzt“, obwohl man gemeinhin etwas in den Sand setzt, wenn man große Fehler macht und das kann natürlich auch ein Schlag ins Wasser sein. Vielleicht sollten wir an dieser Stelle jedoch froh sein, dass nicht von einem Schlag in den Sand die Rede war.

Das absolute sprachliche Higlight finden wir heute jedoch auf der Wirtschfatsseite. Aber erst, nachdem man versucht hat, „Otto-Normal-Verbraucher durch den Anlage-Dschungel zu lavieren.“ Mit Lavieren bezeichnet man üblicherweise, dass sich jemand durchschlängelt, durchmogelt etc. Dass man jemand anderen nun durchschlängelt oder klug vorgeht oder dergleichen haut irgendwie nicht hin. Ein entsprechender Satz müsste dann heißen: „Wir versuchen, Otto mit Geschick Schwierigkeit zu überwinden“. Hört sich komisch an, nicht wahr?

Aber kommen wir zum angekündigten Highlight: „So würde der Drang rasch erlischen, Neulingen … Papiere anzudrehen“. (Glucks! Kicher!)
Da erlöscht mein Drang, die WAZ weiterzulesen.

Aber ich habe es trotzdem getan und bin auf einen interessanten Satz gestoßen. Im Essener Lokalteil schreibt ein Insider: „Pst, pst, ich kann das Folgende nur schreiben, weil Kollegen nie das lesen, was ein anderer Kollege hier verzapft.“
Das erklärt Vieles. Andererseits: Würde es etwas ändern? Warum nur mag ich das nicht glauben?

10. März 2009

Radebrechend herunterbrechen – am besten zu Ärzte

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:13

Reichlich Material heute, und es beginnt bereits auf Seite 2. Hier finden wir unter der Rubrik „Die anderen“ eine kleine Überschrift: „Süddeutsche Zeitung zu Ärzte“. Na klar, so ermittelt man den richtigen Fall: Zu wem oder was? Richtig, zu die Ärzte!

Zum Ausgleich gibt es dann eine wirklich interessante Neuigkeit auf der Politik-Seite: „Jedes zweite Kind wird in 20 Jahren arm sein“, verkündet uns eine Überschrift. Donnerwetter! Also sind 50 Prozent der heute lebenden Kinder in 20 Jahren arm? Das ist ja die Hälfte der Bevölkerung! Wirklich erschreckend! Doch bevor wir die Wirtschaftskrise auch dafür verantwortlich machen können, lesen wir im Artikel darunter, dass das gar nicht gemeint war: „In 20 Jahren jedoch könne die Zahl der Kinder auf 10 Millionen sinken, von denen die Hälfte in sozial schwachen Familien aufwachse“. Das ist zwar immer noch ein bisschen verschraubt formuliert, weil man ja nun denken könnte, dass ausschließlich die Zahl der Kinder gemeint ist, die in sozial schwachen Familien … aber langsam bekomme ich Kopfschmerzen.

Kommen wir zu einfacheren Dingen. Auf der Wirtschaftsseite werden wir fündig: „Die Krise trifft auch die Entwicklungsländer. Diese driften laut Weltbank in eine extreme Kreditklemme …“ Ich finde ja schon das Wort „Kreditklemme“ total bekloppst, aber bisher war damit gemeint, dass die Banken den Unternehmen keine Kredite mehr geben; warum nun auf einmal auch Länder in diese Klemme driften, muss man mir erst noch erklären.

Wenden wir uns daher der „Menschen“-Seite zu, wo wir Erstaunliches über den Dalei-Lama erfahren: „Sein Trick besteht meist darin, gut zuzuhören und dann radebrechend herunterzubrechen.“
Das ist ja ein Wahnsinnstrick! Gut zuhören! Wer kann das schon! Aber dann erst: Radebrechend herunterbrechen. Toller Trick! Aber was ist denn bitte „herunterbrechen“? Sich aus großer Höhe übergeben? Angesichts solcher Formulierungen kein Wunder! (Nur: Wie kotzt man radebrechend?)
Vielleicht hilft uns das Folgende weiter: „Trotz seines lustigen Englischs ist er ein hervorragender Rhetoriker: Als er vergangenes Jahr den spannungsgeladenen Bochumer Ratssaal betrat, blieb er vor einem Haufen Kameras stehen und machte schalkhafte Gesten über seinem kahlgeschorenen Kopf. Es dauerte einige Sekunden, bis der Saal verstand: Der Dalei Lama blickte hinter die Objektive und spielte auf den Dutt eines Kameramanns an. Die Spannung löste sich in Lachen.“ Aha, Rhetorik ist also neuerdings die Kunst des Gestenmachens. Äh … wenn die Gesten schalkhaft sind. Vor einem Haufen Kameras. Und wenn man hinter Objektive blickt. Machen Sie das bitte einmal nach, dann sind Sie Meister der Rhetorik! Reden müssen Sie dann gar nicht mehr.
Zumindest nicht, „… während China im Eiltempo Tibet übersiedelt.“ Was muss man sich darunter vorstellen? Fehlt hier vielleicht ein „nach“? Denn normalerweise übersiedelt man hier nach dort, von einem Ort zum anderen. Also war vielleicht gemeint, dass China nach Tibet übersiedelt? Blödsinn, wie soll das gehen?
Enden wir, wie wir angefangen haben, ohne „n“: „Vergangenes Jahr kam es vor den Olympischen Spiele in Peking zu einem Aufstand …“
Das soll reichen, denn mehr habe ich nicht zu sagen, zu Ärzte, zu arme Kinder, zu die Kreditklemme, zu das Übersiedeln und zu die Olympische Spiele, sonst muss ich am Ende noch herunterbrechen. Würg!

9. März 2009

Abgeschmackte Manager

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:38

Wenn ein Witz müde, schal oder unpassend ist, dann nennt man ihn abgeschmackt. Oder auch geschmacklos. Der Chefredakteur hat im Seite-2-Kommentar eine ganz neue Bedeutung gefunden: „Auf abgeschmackte Manager schimpfen oder besorgten Opelanern den staatlichen Retter zu versprechen oder Konjunktur ankurbeln, das ist SPD-Repertoire.“
Nun könnte man ja auch auf abgeschmackte Journalisten schimpfen, aber davon wollen wir an dieser Stelle einmal absehen.

7. März 2009

Ohnmacht am Gängelband des Unverständnisses

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:48

Ein Satz von wahrer Größe im Titelseiten-Kommentar: „Nun bekommen auch die Regierungen die Ohnmacht zu spüren, die die Opelaner jahrelang am Gängelband des amerikanischen Unverständnisses für den europäischen Automarkt zu ertragen hatten.“
Also wer? Also was? Moment mal: Das amerikanische Gängelband hat ein Unverständnis. Und das wiederum für den europäischen Markt. Aber wer hängt da jetzt dran? Die Opelaner? Oder die Ohnmacht? Oder die Ohnmacht der Opelaner?
Am Ende bekommen noch die Leser die Ohnmacht zu spüren, die das Gängelband der Unverständlichkeit solcher Formulierungen auf deutsche Ohren ausübt. Oder so.

6. März 2009

Das Heft des Handelns ist am Ende der Nerven angelangt

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 15:17

Im Artikel über den Einsturz des Kölner Stadtarchivs zunächst zwei schöne Trennfehler: „Um endlich … zu dem Trümmerberg vorzud-
(neue Zeile) ringen …“ und ein paar Zeilen tiefer: „… eins ihrer Hand-
(neue Zeile) ys ist geortet in den Trümmern.
Und dann folgt ein Satz des Oberbürgermeisters, der mit Leuten gesprochen hat, die „wirklich am Ende ihrer Nerven sind“. Das tut mir zwar leid, doch auch ein OB sollte wissen, dass die Leute allenfalls mit den Nerven am Ende sind.

Ein paar nette Formulierungen dann auch auf der Wirtschafts-Seite. Das beginnt noch vergleichsweise harmlos mit einem leicht schrägen Bild: „Bochum ist quasi die Herzkammer von Opel.“ Das Herz allein reicht da nicht mehr aus, es muss schon die Herzkammer sein, davon haben normale Menschen allerdings normalerweise vier.
Und danach wird’s dann noch schräger: „Vielleicht ist es aber auch so, dass die Regierung nach den voreiligen Hilfszusagen bemüht ist, das Heft des Handelns wieder in die Finger zu bekommen.“ Tja, das Heft des Handelns! Wie muss man sich das vorstellen? Ist das ein kleines Heftchen, so eine Art Vokabelheft, oder eher eine dicke Kladde? Und wer dann Handeln möchte, der schlägt nach: Seite 24, Absatz 3, und dort steht, wie man handelt, wenn man nicht mehr weiter weiß (das Handeln in Basaren und auf Märkten kommt allerdings erst im Anhang). Kein Wunder also, wenn Politiker sowas in die Finger bekommen wollen, denn das ist ja noch besser als die göttlichen Eingebungen, auf die die bayrische Landesregierung seit Jahren vergeblich wartet.
Die Sache hat nur den Nachteil, das es dieses Heft gar nicht gibt. Denn die Redensart meint etwas anderes: Wer das Heft in der Hand hat, der übt die Kontrolle aus. Weil er nämlich den Schwertgriff umfasst, und der war mit „Heft“ ursprünglich gemeint.

Und wenn ich nochmal was vom Heft des Handelns lese, egal ob das jemand in der Hand hat oder in die Finger kriegen will, dann bin ich am Ende meiner Nerven angelangt.

5. März 2009

Die Gunst der Stunde verstreichen lassen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 14:52

Das ist sicher nicht ganz einfach. Die WAZ schafft es aber: „Es zeugt von einem bemerkenswert großen Maß an gegenseitigem Respekt, dass auch alle politischen Gegner der Union die Gunst der Stunde für Attacken oder Rücktrittsforderungen verstreichen lassen“. Vermutlich haben sie nur die Stunde verstreichen lassen, denn die Gunst derselben nutzt man (bzw. lässt es bleiben).
Gegen Ende des Artikels noch eine weitere originelle Formulierung: „In genau diese Wunde sticht Ramelow immer wieder hinein“. Man kann mit Wunden ja eine ganze Menge machen: Den Finger hineinlegen, Salz rein streuen oder gar das Messer drin herumdrehen, wenn man es besonders brutal mag. Aber immer wieder in dieselbe Wunde stechen – das ist neu und die Vorstellung, dass da einer womöglich mit einem langen Degen immer wieder in dieselbe Wunde sticht, hat auch etwas Belustigendes, oder?

4. März 2009

Erpressung in Wildwestmanier

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 22:16

Eine Erpressung ist ja schon schlimm. Aber laut Kommentar auf Seite 2 geht es noch schlimmer: „Das ist Erpressung in Wildwestmanier“, heißt es da und das muss ja eine ganz besonders gemeine Erpressung sein.
Reicht nicht die Erpressung allein? Oder die Wildwestmanier? Klar: Beides zusammen ist schlimmer. Für die Sprache.

3. März 2009

Wir fallen uns in die Arme

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:29

Wenn man sich in die Arme fällt, dann hat man sich lieb. Was anderes ist es, wenn man jemandem in den Arm fällt – z.B. um zu verhindern, dass er was Schlimmes tut. Ein feiner, aber deutlicher Unterschied. Der im heutigen Kommentar leider total in die Binsen geht: „Es solle Spitzenmanager geben, die sich darüber wundern, dass man ihnen beim … gemeingefährlichen Zocken nicht längst in die Arme gefallen ist.“ Ich wundere mich weniger, weil ich mir nicht vorstellen kann, das irgendjemand die gemeingefährlichen Zocker so lieb hat, dass er ihnen in die Arme fällt.

2. März 2009

Fast fehlerfrei

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:44

Aber eben nur fast. Denn wenn man nix findet, ist meistens was über. Diese WAZ-Regel bewahrheitet sich auch heute. Und zwar schon auf der Titelseite. Dort verkündet eine fette Überschrift: „Unzufriedenheit über Opel-Konzept“. Die Universalpräposition hat wieder zugeschlagen und dann ist auf einmal die Unzufriedenheit mit dem Opelkonzept über.

Und außerdem haben wir noch ein paar interessante Formulierungen im Kommentar auf Seite 2: „Die allzu frühen Willensbekundungen … haben längst den Charakter von Festlegungen bekommen.“ Okay, das ist nicht besonders falsch, aber schon irgendwie schräg.
Oder das hier: „…keiner kann einfach zusehen, wie Werke, an denen tausende Beschäftigte hängen, den Bach runtergehen.“ Tut mir leid, aber ich stelle mir das immer bildlich vor: Tausende Beschäftigte hängen an Werken, die den Bach runter gehen! Das kann doch keiner wirklich schreiben! Oder klingt das nur in meinen Ohren komisch? Ich finde, da muss man einfach kichern, und so wird es dem Ernst der Lage nicht gerecht.
Und der Satz direkt danach: „Inzwischen aber hat sich die Kakofonie der politischen Unternehmensretter derart hochgedreht, dass ein Stopp zum Crash für die Kommunalwahlkämpfer im Lande NRW geriete.“ Eine Kakofonie ist ein Missklang und meinetwegen kann man das auch im übertragenen Sinne für die Missverständnisse und -stimmigkeiten in der Koalition benutzen, aber wie soll sich da irgendwas „hochdrehen“, und dann auch noch bei politischen Unternehmensrettern?
Und gegen Ende des Kommentars haben wir noch das „Risiko Nr. 2: Die Politik hat sich in die Position des Getriebenen begeben.“ Ein Getriebener, darauf hatte ich schonmal hingewiesen, ist jemand, der aus starkem inneren Antrieb handelt. Genau der ist hier aber – wie so oft – nicht gemeint, sondern wohl eher Politiker (warum werden die eigentlich in letzter Zeit dauernd als „die Politik“ bezeichnet?), die durch die Ereignisse zum Handeln gezwungen sein, anstatt selbst zu handeln. Die mögen getrieben sein, oder manch einer mag sie vor sich her treiben, damit sind sie aber noch längst keine Getriebenen.

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