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10. März 2009

Radebrechend herunterbrechen – am besten zu Ärzte

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:13

Reichlich Material heute, und es beginnt bereits auf Seite 2. Hier finden wir unter der Rubrik „Die anderen“ eine kleine Überschrift: „Süddeutsche Zeitung zu Ärzte“. Na klar, so ermittelt man den richtigen Fall: Zu wem oder was? Richtig, zu die Ärzte!

Zum Ausgleich gibt es dann eine wirklich interessante Neuigkeit auf der Politik-Seite: „Jedes zweite Kind wird in 20 Jahren arm sein“, verkündet uns eine Überschrift. Donnerwetter! Also sind 50 Prozent der heute lebenden Kinder in 20 Jahren arm? Das ist ja die Hälfte der Bevölkerung! Wirklich erschreckend! Doch bevor wir die Wirtschaftskrise auch dafür verantwortlich machen können, lesen wir im Artikel darunter, dass das gar nicht gemeint war: „In 20 Jahren jedoch könne die Zahl der Kinder auf 10 Millionen sinken, von denen die Hälfte in sozial schwachen Familien aufwachse“. Das ist zwar immer noch ein bisschen verschraubt formuliert, weil man ja nun denken könnte, dass ausschließlich die Zahl der Kinder gemeint ist, die in sozial schwachen Familien … aber langsam bekomme ich Kopfschmerzen.

Kommen wir zu einfacheren Dingen. Auf der Wirtschaftsseite werden wir fündig: „Die Krise trifft auch die Entwicklungsländer. Diese driften laut Weltbank in eine extreme Kreditklemme …“ Ich finde ja schon das Wort „Kreditklemme“ total bekloppst, aber bisher war damit gemeint, dass die Banken den Unternehmen keine Kredite mehr geben; warum nun auf einmal auch Länder in diese Klemme driften, muss man mir erst noch erklären.

Wenden wir uns daher der „Menschen“-Seite zu, wo wir Erstaunliches über den Dalei-Lama erfahren: „Sein Trick besteht meist darin, gut zuzuhören und dann radebrechend herunterzubrechen.“
Das ist ja ein Wahnsinnstrick! Gut zuhören! Wer kann das schon! Aber dann erst: Radebrechend herunterbrechen. Toller Trick! Aber was ist denn bitte „herunterbrechen“? Sich aus großer Höhe übergeben? Angesichts solcher Formulierungen kein Wunder! (Nur: Wie kotzt man radebrechend?)
Vielleicht hilft uns das Folgende weiter: „Trotz seines lustigen Englischs ist er ein hervorragender Rhetoriker: Als er vergangenes Jahr den spannungsgeladenen Bochumer Ratssaal betrat, blieb er vor einem Haufen Kameras stehen und machte schalkhafte Gesten über seinem kahlgeschorenen Kopf. Es dauerte einige Sekunden, bis der Saal verstand: Der Dalei Lama blickte hinter die Objektive und spielte auf den Dutt eines Kameramanns an. Die Spannung löste sich in Lachen.“ Aha, Rhetorik ist also neuerdings die Kunst des Gestenmachens. Äh … wenn die Gesten schalkhaft sind. Vor einem Haufen Kameras. Und wenn man hinter Objektive blickt. Machen Sie das bitte einmal nach, dann sind Sie Meister der Rhetorik! Reden müssen Sie dann gar nicht mehr.
Zumindest nicht, „… während China im Eiltempo Tibet übersiedelt.“ Was muss man sich darunter vorstellen? Fehlt hier vielleicht ein „nach“? Denn normalerweise übersiedelt man hier nach dort, von einem Ort zum anderen. Also war vielleicht gemeint, dass China nach Tibet übersiedelt? Blödsinn, wie soll das gehen?
Enden wir, wie wir angefangen haben, ohne „n“: „Vergangenes Jahr kam es vor den Olympischen Spiele in Peking zu einem Aufstand …“
Das soll reichen, denn mehr habe ich nicht zu sagen, zu Ärzte, zu arme Kinder, zu die Kreditklemme, zu das Übersiedeln und zu die Olympische Spiele, sonst muss ich am Ende noch herunterbrechen. Würg!

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