Waz man seinen Lesern so zumutet:

Mit warmer Hand

Mit fester Hand, harter Hand, leichter Hand, ja sogar von zarter Hand – das kennt man alles. Aber was ist das hier: „Beitz nimmt sich des Erbes (…) mit warmer Hand an“ (Montag, 18.3.2013, Titelseitenkommentar)? Diese Redewendung ist wohl in erster Linie auf den Sülz- und Schleimfaktor zurück zu führen …

Ungeachtet von Protesten

Wer achtet hier wen – bzw. nicht? „Ungeachtet von Protesten im In- und Ausland hat Ungarns Parlament umstrittene Änderungen des Grundgesetzes beschlossen“ (Dienstag, 12.3.2013, Titelseite).

Skepsis über spielt nach Solidarität für Welle gegen

Montag ist wohl der Tag der Präpositionen: „Skepsis über Energiewende wächst“ (Montag, 4.3.2013, Titelseite), „Solidarität für Opelaner“ (4.3., Rhein-Ruhr), „Betrugswelle gegen Senioren“ (4.3., Titelseite Lokalteil Essen). Den Vogel abgeschossen hat aber der Chefredakteur in seinem Kommentar auf Seite 2: „Und damit spielt das Großthema nach Deutschland.“ Das ist Unsinn, auch wenn man vom Gebrauch der Präposition mal absieht. Und weil es so schön war mit dem Spielen, gleich noch mal: „Die Debatte wird bis ins Kanzleramt spielen.“

Christdemo-Karten

Gibt es ein neues Kartenspiel? Das zumindest legt eine plakative Headline nahe: „Das Verfassungsgericht macht Druck.Aber konservative Christdemokarten sorgen sich um ihre Stammwähler …“ (Montag, 25. Februar 2013, Tagesthema).

Enger an die Kette legen

„NRW will seinen Verfassungsschutz neu ausrichten und dabei die V-Leute enger an die Kette legen“ (Mittwoch, 20.2.2013, Politik). Aha. Tja, wenn gerade kein Gürtel da ist, den man enger schnallen kann, warum dann nicht die Kette nehmen?

Email-Konten

„Nach vermehrten Hackerangriffen auf Universitäts-Email-Konten sollen rund 45000 Studierende und Mitarbeiter an der Ruhr-Uni Bochum ihr Passwort ändern“ (Mittwoch, 13.2.2013, „Rhein-Ruhr“, Meldung „Hackerangriffe …“). Wieder einmal haben wir es mit einem glänzenden Überzug zu tun anstatt mit elektronischen Briefen …

Ein Klotz, der auf die Füße fällt

„Schavan selbst konnte damals noch nicht ahnen, dass ihr der Satz einmal wie ein Klotz auf die eigenen Füße fällt“ (Mittwoch, 6. Februar 2013, Tagesthema). Zumal ein Klotz normalerweise am Bein hängt, während der Stein, den man erhoben hat … Aber lassen wir ruhig den Satz mal ein Klotz auf den Füßen sein.

In der Schublade verstauben

Warum tut man etwas in die Schublade? U.a. um es vor Schmutz und Staub zu schützen. Insofern scheint hier mal wieder etwas durcheinander gepurzelt zu sein: „… andere wollen seine scharfsinnigen Texte nicht in der Schublade verstauben sehen“ (Donnerstag, 31. Januar 2013, Politik). Schließlich kann man ja durchaus etwas oder jemanden in eine bestimmte Schublade stecken, wenn man ihn z.B. abqualifiziert. Oder Dinge können Staub ansetzen.

Wir brauchen keine Furcht haben

Das soll der Papst getwittert haben: „Wenn wir echte Christen sein wollen, brauchen wir keine Furcht haben, gegen den Strom zu schwimmen“ (Freitag, 25.1.2013, Seite 2, Glosse). Passte das „zu“ nicht mehr in die 140 Zeichen? Oder kann der Papst auch kein Deutsch mehr?

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„Wenn sogar der Bundestagspräsident, der gewiss kein verbal aus der Hüfte schießender Kriegstreiber ist, anmahnt, …“ (Montag, 21.1.2013, Seite 2, Kommentar). Sieh an! Ein Kriegstreiber, bzw. keiner, der aus der Hüfte schießt. Verbal oder non-verbal. Ein schönes Bild!

Im Wind stehen

Wo ist der ThyssenKrupp-Chef denn da hingeraten: „Gerhard Cromme steht im Wind“ (Donnerstag, 17. Januar 2013, Wirtschaft). Und vor allem: Was soll das bedeuten? Vielleicht, dass ihm der Wind ins Gesicht bläst, wie man vermuten könnte? Oder eher, dass er im Kreuzfeuer der Kritik steht? Aber vielleicht bläst ihm ja auch das besagte Kreuzfeuer ins Gesicht …

Alle Tassen im Schrank?

„Steinbrücks Kritikern möchte man zurufen: Lasst die Tassen im Schrank“ lässt sich der Chefredakteur im Kommentar (Montag, 7. Januar, Seite 2) vernehmen. Da kann man nur hoffen, dass er nicht irgendwann auf Leute trifft, die nicht mehr alle Kirchen im Dorf haben …

Des Schaffensprozess

Autsch! Hat sie das wirklich gesagt, die Charlotte Link? „Dadurch habe ich sehr konkrete Bilder, die mich während des ganzen Schaffensprozess begleiten“ (Mittwoch, 2.1.2013, Hören & Sehen).

Wer verschandelt die deutsche Sprache?

„SMS und Twitter“, wie die WAZ in einer fetten Titelseiten-Headline nahelegt? (Samstag, 22.12.2012) Oder eher so etwas hier:

„Weil die Pole schmilzen … “ (ebenfalls 22.12., WAZ-Spezial „Zukunft“)

„Sieben Mal werden wir noch wach“ (Montag, 17.12., Rhein-Ruhr)

„Befördert durch fähige Stadtoberhäupter, entstand in Essen … Architektur von zeitlosem Wert.“ (Dienstag, 18.12., Unterzeile im Essener Lokalteil)

„Mit der Reduzierung auf das Klientel auch nicht“ (Mittwoch, 19.12., Politik)

„Die 49-Jährige ist tot aufgefunden worden, aus bisher ungeklärten Gründen.“ (Donnerstag, 20.12., Rhein-Ruhr)

„Vom Glück (Komma!) eine Schule zu besuchen“ Headline im Essener Lokalteil, 22.12.)

Oder anders ausgedrückt: „Ja, die richtigen Worte zu finden, sie korrekt hintereinanderzusetzen und dann auch noch so zu schreiben wie das Wörterbuch, fällt jungen Menschen heute schwerer denn je. (…) Am Ende … sind wir es, die an den Standards einer Hochsprache festhalten müssen.“ (Kommentar: „Grenzen des Sprachverfalls“, ebenfalls 22.12., Titelseite)

Wie wahr!

Das Denken auf Schienen befördern

Jetzt wissen wir endlich, wie das geschieht, wenn etwas be- statt ge-fördert wird: „Schwierig wird es, (…) wenn verknöcherte Hierarchien Offenheit verhindern und ein Denken wie auf Schienen befördern“ (Mittwoch, 12.12.2012, Tagesthema). Denken wird also mit der guten alten Eisenbahn befördert! Da hätte man auch eher drauf kommen können!

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Ob das auch für die Deutsche Bank gilt? Denn „das Geldhaus hat die Pleite des Kirch-Imperiums laut Urteil befördert und muss nun hohen Schadenersatz leisten“ (Samstag, 15.12., Wirtschaft).

Kurze Zügel hinter der Fichte

Fette Headline auf der Politik-Seite: „Ministerin nimmt Unis an die kurzen Zügel“ (Montag, 3.12.12). Warum soll man sie auch an die kurze Leine legen, wenn’s der Zügel auch tut? Sonst müsste man vielleicht noch die Leine schleifen lassen. In diesem Sinne: „Zieh Zügel!“

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Bald ist es wohl nicht mehr aufzuhalten, das neue Sprachbild: „Die Partei des Wahl-Verlierers Mitt Romney fühlt sich von Obama hinter die Fichte geführt“. (Montag, 3.12.12, Politik-Seite II). Da kann man mal wieder sehen, wohin das führt, wenn alle nachplappern, was irgendwer aus Sprachdummheit vorgeschwätzt hat: Das Licht hat ausgedient, jetzt ist’s die Fichte. Und demnächst die Tanne? Da werden wir doch hinter die Pfanne geführt!

Eine Art Schweigespirale über Einsatz gelegt

„Weshalb sollte es den Ruhrgebietsmenschen interessieren, was 6982 Straßenkilometer weiter südöstlich jeden Tag so passiert … ?“ fragt der Chefredakteur im Kommentar auf Seite 1. Und gibt gleich die Antwort: „Weil eine Art Schweigespirale über den Afghanistan-Einsatz gelegt wurde.“ (Mittwoch, 28.11.2012, Titelseite). Das muss man erst mal nachmachen!

Ein Stück weit überfrachtet

Es gehört zu den schlimmsten Auswüchsen von Dummdeutsch, wird aber immer wieder gerne genommen, so auch am 24.11.: „Der Kanzlerkandidat versucht jetzt, das Schauspiel … ein Stück weit positiv zu besetzen“ (Rhein-Ruhr). Kann jemand erklären, wie das geschehen soll? Jemanden ein Stück weit begleiten mag ja noch angehen, aber ein Schauspiel ein Stück weit besetzen? Und dann noch positiv?

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Selbe Ausgabe, Titelseite: „Die Prüfung Tausender Daten … überfrachtet Steuerfahnder und Finanzbeamte“.

Skandal entfaltet sich scheibchenweise

Ist es zu glauben: „Während sich vor den Augen der erstaunten amerikanischen Öffentlichkeit scheibchenweise der saftigste Skandal in der Grauzone zwischen Geheimdiensten, Weißem Haus, Militär, Prominenz und außerehelichem Sex seit Bill Clintons Lewinsky-Affäre entfaltet, denkt Hollywood schon an Besetzungslisten für die filmische Verwertung.“ (Montag, 12.11.2012, Panorama). Was für ein Satz! Man möchte schier erstarren vor Ehrfurcht angesichts der Größe und Klarheit dieser Formulierung! Nicht nur, dass sich etwas scheibchenweise entfaltet, es ist außerdem ein saftigster Skandal, der das tut. Nicht zuletzt in einer Grauzone, die sich „zwischen“ einem Dienst, einem Ort, einer Institution, einer Personengruppe und außerehelichem Sex befindet. Wow!

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Einen Tag später wird da sogar noch einer draufgesetzt: „Wer mithält, bekommt einen Platz auf seinem Radarschirm“ (13.11., Panorama). Etwas weiter unten wird dann der „Skandal ins Rollen“ gebracht. Und der Artikel endet mit dem schönen Satz: “ … schon die Biografie nötigt vielen Kommentatoren Kniebeugen ab“. Warum nicht Liegestütze?

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„Schwarz gekleidet trat die Ur-Grüne nach zweitägigem Rückzug innerer vor die Presse“ (13.11., Tagesthema).

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„Ein Friedhof ist ein besonderer Ort. Einer, der seine Würde hat. An dem die Lebenden ihrer Toten gedenken. Ungestört und eingekehrt“ (13.11., Rhein-Ruhr).
Hm, einkehren tut man in Gaststätten, vielleicht ist hier „in sich gekehrt“ gemeint? Auch wenn man vielleicht innere Einkehr hält. Ja, die Sprache bietet viele Möglichkeiten. Man muss sie nur nutzen.

Das Heft des Handelns

… liegt in der Schublade, oder so. Zumindest taucht es mal wieder in der WAZ auf, diesmal im Lokalteil Essen: „Rat will Heft des Handelns behalten“ (Dienstag, 6.11.2012, Titelseite Essen).
Ich hab’s hier ja schon ein paarmal geschrieben, warum glaubt mir keiner? Das Heft in der Hand halten bedeutet, dass man den Schwertgriff in der Hand hält, oder meinetwegen ein Messer, welches man bis zum Heft irgendwo hineinstoßen kann. Aber ein Heft des Handelns (in dem vielleicht Anweisungen stehen, was man tun soll?) – das gibt es nicht!!! Oder anders: Es gibt kein Heft des Handelns!!! NIX HEFT DES HANDELNS DA SEIN! Raaaaaaaaa!!!

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Montag, 5.11.2012, Politikseite, Headline: „59-Jährigen soll KP-Chef und Präsident werden“.

Jobs befördern

Wohin bloß?
Fördern allein scheint heutzutage nicht mehr genug zu sein: „Obama nimmt … in Anspruch, seit Januar 2009 rund 5,2 Millionen neue Jobs befördert zu haben.“ (Samstag, 3.11.2012, Seite 2: Tagesthema). So klingt es doch gleich noch viel wichtiger. Die Vorsilbe „be“ muss her, um das Ganze zu adeln. Darum wird be-feuert, be-fördert, be-stärkt und be-flügelt, dass es eine Pracht ist! Leider vergisst man dabei, dass man Vorsilben nicht beliebig an jedem Wort be-festigen kann: Befördern ist etwas völlig anderes als fördern, wie auch be-festigen wenig mit dem Festigen (z.B. einer Beziehung) tun hat. Und auch die Deutungshoheit würde sich schwer wundern, ließe man sie zur Be-deutungshoheit und damit -losigkeit verkümmern.
So hat dann Be-fördern nun einmal etwas mit der Bewegung von Gegenständen zwischen Orten zu tun; im übertragenen Sinn auch mit Gehaltsstufen und Karriere.
Darum gibt es zwar eine „Förderstufe“ und ein „Fördergeld“. Eine „Beförderschule“ kennen wir aber nicht, und das „Beförderungsentgelt“ entrichten wir im Zug oder bei der Post.
Das alles be-stört den Beförderer leider nicht, und er be-kümmert sich da nicht darum, dünkt sich besonders klug und seine Worte für wohlgewählt, doch bedient er nur eine neue Dummdeutsch-Mode, eine be-sonders be-scheuerte zudem.

Die Fassade schmelzt

Manchmal möchte man ja seinen Augen nicht trauen – aber es steht da wirklich, in einer mindestens 60 Punkt großen, fetten Headline, und auch nach Zwinkern und Augenreiben will es nicht verschwinden: „Warum Deutschland Gold schmelzt“ (Mittwoch, 24.10., „Wirtschaft“). Da ist man versucht zu rufen. „Les dat oder sterb doch!“

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Und die Fassade? Die kann glitzern oder glänzen. Seit neuestem lässt man „sich jahrelang von der Fassade eines eitlen Selbstdarstellers blenden“. Naja. Aber Gott sei Dank ist das jetzt vorbei. Weil sie etwa bröckelt, wie das Sprachbild nahelegt? Nein: „Jetzt fällt die Fassade.“ (Samstag, 27.10., Titelseitenkommentar). Aber vielleicht schmelzt sie ja auch.

Das Urteil fiel gegen ein Kreditinstitut

… und da machte es „Bumm!“ und die Bank stürzte ein. Müssen wir also Urteile besser sichern, damit sie nicht mehr gegen Häuser fallen können? Oder sollte man sich vielleicht lieber Sätze wie diese verkneifen: „Erst fiel in Bamberg ein Urteil gegen ein dortiges Kreditinstitut …“(Montag, 8.10.2012, Titelseite)? Und sich daran erinnern, das Urteile zwar gefällt werden, deshalb aber noch lange nicht fallen müssen? Und den Gebrauch von Präpositionen sollte man vielleicht auch noch mal üben …

Sagen wird mal so

Oder sagen wir et mal so: Korrektur lesen hat eine gewisse Berechtigung (folgt).

Das Dach der Träumer des gemeinsamen Hauses, in dessen Keller der Problemberg wartet

Zum besseren Verständnis der gesamte Gedankengang in seiner fast poetisch zu nennenden Blumigkeit: „Anstatt erneut auf das Dach der Träumer zu steigen, ruft der Präsident Amerika zur freiwilligen Aufräumarbeit in den Keller des gemeinsamen Hauses, das an vielen Stellen einer hoch verschuldeten, windschiefen Bruchbude gleicht. Dort wartet ein Problemberg, der über Jahrzehnte gewachsen ist.“ (Samstag, 8.9.2012, Seite 2 – Tagesthema)

Der finale Todesschuss

Der werden sich die Erfinder des „finalen Rettungsschusses“ wohl ein bisschen wundern (folgt).