WAZblog Waz man seinen Lesern eigentlich nicht zumuten sollte …

1. Oktober 2009

Wenn es beeindruckt, gefällt es nicht

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 19:36

Denn wieder haben wir es mit dem Unsinn zu tun, auf notwendige Ergänzungen zu verzichten. „Aber die Energieleistung, Rückschläge, wegzustecken, beeindruckt.“ Mal abgesehen, vnder der Energieleistung, wer wird hier beeindruckt? Der Schreiber, wir alle oder Onkel Theobald?

13. August 2009

Es will nicht einleuchten, dass die Prüferin in die Gesamtnote eingeht

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:19

„Es will nicht einleuchten, warum der Minister die Kanzlei beauftragt hat“, so kommt der Seite-1-Kommentar wieder in bestem Mode-Sprech daher. Und mir will immer noch nicht einleuchten, dass man die Person(en), denen etwas einleuchten soll, einfach weglassen darf. Da mich aber schon an anderen Stellen darüber geärgert habe, will ich das heute nicht weiter vertiefen.

Stattdessen richten wir unser Augenmerk auf den folgenden Beziehungsfehler von der Rhein-Ruhr-Seite: „Frau D. behauptet, es seien Würmer im Essen, aber darum gibt die Prüferin nichts: ‚Übers Essen wird oft gemeckert, natürlich ist das immer subjektiv.‘ Und geht deshalb nicht in die Gesamtnote ein.“ Zweifellos ist es hier die Prüferin, die in die Gesamtnote eingeht (bzw. es nicht tut), ob es nun einleuchten will oder nicht.

9. Mai 2009

Es überrascht und tröstet

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:16

Die sprachliche Unsitte, notwenige Ergänzungen und Bezüge wegzulassen, finden wir heute gleich zweimal, und zwar im Seite-2-Kommentar: „Deshalb überrascht, mit welcher Vehemenz die Bürger … die Grundwerte von Staat und Nation hochhalten.“ Und im nächsten Absatz: „Es mag zudem trösten, dass die Finanzkrise manchen Reichen auch materiell wieder mehr Bescheidenheit lehrt.“
Wer ist hier überrascht? Wer wird getröstet? Ich habe mich darüber schon mehrfach echauffiert, und es scheint sich als neue Mode im Dummdeutschen zu etablieren: „Das gefällt nicht“, „es macht wütend“, „er kann bezwingen“. Ist das fehlender Mut, die Betroffenen zu benennen, oder will man so die eigene Wichtigkeit unterstreichen? Etwa so: „Ich bin so wichtig, dass das, was mir nicht gefällt, auch allen anderen nicht gefällt, deshalb gefällt es eben nicht.“ Oder: „Weil es mich überrascht, haben gefälligst alle überrascht zu sein, also überrascht es.“ So oder so ähnlich muss es wohl sein. Oh, was macht das wütend!
Da lese ich dann doch noch lieber so herrlich durcheinander purzelnde Sprachbilder wie das hier im folgenden Absatz: „Es wäre Spielerei, die nun seit 60 Jahren bewährte Säule des Staatswesens ohne Not in die politische Arena zu werfen.“ Das finde ich auch, denn man weiß ja nie, wer gerade so in der politischen Arena spielt und von einer solchen dicken Säule erschlagen werden könnte …

4. Mai 2009

Wer ist denn lieber Fischer als Präsident?

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:08

Die ersten beiden Seiten heute haben es in sich: „NRW-SPD-Chefin Hannelore Kraft sprach vom ‚aufschreckenden Alarmzeichen …'“, ohne sich darüber zu wundern, dass ein Alarm in ungefähr 99 % aller Fälle aufschreckt.
Und im Seite-1-Kommentar wird zu einer merkwürdigen Passiv-Konstruktion gegriffen: „Es scheint, als werde nicht begriffen …“ Ist das irgendwie „modischer“, als einfach zu sagen: „Es scheint, als begreife niemand …“? Es wird nicht begriffen – das liegt irgendwo auf einem ähnlichen Level wie diese unsägliche Formulierung: „das gefällt nicht“. Oder: „das macht wütend“.
Am Ende des Artikels wird da sogar noch einer draufgesetzt: „Doch dass der Linksmob … ein langfristiges Ziel hat, den Staat zu übernehmen, ist nicht zu meinen.“ Dass so etwas noch Deutsch ist, ist nicht zu meinen. Dass es Dummdeutsch ist, wäre eher zu meinen. Das meine ich jedenfalls.

Eine ziemlich beknackte Formulierung finden wir auch nach dem Umblättern im nächsten Kommentar: „Von der SPD wird Schwans Bewerbung um das höchste Amt und Stimmen der Linken ohnehin mehr ertragen als getragen.“ Man kann eben nicht alles in einem Atemzug nennen, nur um ein paar Wörter einzusparen.
Ein paar Zeilen tiefer „entfaltet die Nachricht weitere Botschaften.“ Wer hätte das gedacht!
„Dennoch sind die Intrigen, die man der Branche fallweise unterstellen muss und selten nachweisen kann, nicht schön anzusehen.“ Das glaube ich gern, obwohl ich nicht weiß, wie man fallweise unterstellt.

Den Vogel abgeschossen hat aber eine Headline auf der Titelseite: „Steinmeier wollte lieber Fischer als Präsident“. Hätte es hier nicht eher heißen sollen, dass Steinmeier lieber Fischer sein wollte als Präsident? Ich z.B. wäre viel lieber Fischer als Präsident. Vielleicht aber auch Bäcker oder Journalist.
Doch da fällt mir ein: Steinmeier steht ja als Präsidentschaftskandidat gar nicht zur Debatte. Nur: Wenn er da lieber den Politiker Fischer haben wollte, dann als Präsidenten. Noch muss man im Deutschen deklinieren, auch wenn die WAZ das gern vergisst. Und in dem Fall steht der Wen-Fall. Denn als Wen wollte er den Fischer? Eben.

18. April 2009

Untersuchungen über Menschenrechtsverletzungen machen einfach wütend und gehen über Würsten und Rotkohl

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:23

Das ist schwer, aber nicht unmöglich. So heißt es heute im Aufmacher: „Muggenthaler forderte eine unabhängige Untersuchung über alle Menschenrechtsverletzungen im so genannten Krieg gegen den Terror.“ Nun ist ja bekannt, dass die Universalpräposition immer wieder gerne genommen wird, aber in diesem Zusammenhang hat sie nun mal überhaupt gar nichts zu suchen. Denn eine Untersuchung aller Menschenrechtsverletzungen würde allemal ausreichen.

Aber selbstverständlich hat man uns auch heute wieder mehr zu bieten als eine verunglückte Präposition. Im nebenstehenden Seite-1-Kommentar befindet sich folgende interessante Formulierung: „Wir neigen dazu, das Netz als einen Haufen abstrakter Pixel zu sehen“. Ehrlich gesagt, kenne ich niemanden, der das tut. Weder als Haufen abstrakter noch als konkreter Pixel. „Aber Kinder werden entführt, gefoltert, gemordet, Familien zerstört, um diese Pixel zu kreieren“. So schrecklich das alles ist und es sogar sein mag, dass gemordet wird, aber wenn es sich um konkrete Personen statt abstrakter Pixel handelt, werden diese immer noch er-und nicht ge-mordet. Oder kann man sich ein Geständnis vorstellen, in welchem der Täter zugibt: „Jawohl, dann hab ich das Opfer gemordet“? Möglicherweise noch mit dem Zusatz: „Ich hab es mit dem Messer gestochen“. Oder andersherum: Wenn ein Täter ein Opfer ermordet hat, dann hat er zwar gemordet, aber nicht das Opfer. Alles unklar?
Am Ende des Kommentars haben wir es wieder mit der Unsitte zu tun, eine notwendige Ergänzung wegzulassen, um damit – ja was? – vielleicht eine Allgemeingültigkeit vorzutäuschen, die nicht gegeben ist: „… die Datenschützer, die von Zensur reden, machen einfach wütend“. Ja, wen machen die wütend? Den Autor? Den Leser? Mich jedenfalls nicht; mich macht wütend, dass hier etwas für alle als allgemein gültig behauptet wird – und das noch wider die Regeln der Sprache.

Dafür belustigt eher, müsste man ja jetzt schreiben, aber es belustigt mich, was man nach dem Umblättern im Kommentar des Chefredakteurs lesen kann: „Kohl sind einige herzzerreißende Hässlichkeiten zu verdanken, wie ein sternenhimmelgleich funkelndes Licht-Etwas über dem runden Konferenztisch, an dem bisweilen Journalisten mit ihm abends über Würsten und Rotkohl gingen, staunend, wie viel davon in den räuberisch schaufelnden Koloss hineinpasste.“ Also, das ist schon echt klasse formuliert, vor allem das mit dem räuberisch Schaufelnden, nur das mit den Würsten und dem Rotkohl verstehe ich nicht. Ich habe schon davon gehört, das jemand über Tisch und Bank ging, aber über Würsten? Hauptsache, möchte man fast sagen, sind sie nicht über Leichen gegangen, wer weiß, ob die dann womöglich noch als Haufen abstrakter Pixel gemordet worden wären. Das hätte nämlich ganz schön wütend gemacht!

11. Februar 2009

Über und über

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:48

Wieder mal die Universalpräposition, und diesmal besonders kreativ: „… die seit 13 Jahren als NRW-Datenschutzbeauftragte arbeitende frühere Richterin Bettina Sokol ist über das Ausmaß der Vorfälle schockiert“, heißt es auf der Seite 2. Und während ich noch von dieser Aussage schockiert bin, muss ich im selben Artikel lesen: „Zudem fehle eine Kennzeichnungspflicht über die Herkunft von Daten“.
Dass man eine Pflicht über etwas haben könnte, ist mir jetzt wirklich total neu, ich hätte eher gedacht, man habe die Pflicht, etwas zu tun oder zu lassen und im konkreten Fall die Herkunft von Daten zu kennzeichnen.
Und dass im weiteren Verlauf des Artikels Daten von Bürgern „ohne Anlass und im voraus“ erhoben werden, vermag mich kaum noch zu schockieren, weil sie nicht im Voraus erhoben wurden.

Vielmehr schockiert mich, was ich auf der Politik-Seite lesen muss. Und zwar nicht nur, dass die Union „Michael Glos … dort (Wirtschaftsministerium, d.Verf.) gegen dessen Willen eingewiesen hatte…“ sondern auch das Folgende: „Steinbrücks Kompetenz zweifeln auch politische Gegner intern nicht an, und rhetorisch kann der 62-Jährige bezwingen.“ Wen oder was kann er bezwingen? Was ist das nur für eine idiotische sprachliche Mode, die sich da wieder einmal zeigt? Es fing an mit: „Das gefällt nicht!“ Wem gefällt es nicht? Mir? Dir? Onkel Theobald? Und nun auch noch so was! Er kann bezwingen! Onkel Theobald kann verlassen. Ich kann bewältigen. Aber so’n Zeugs nicht mehr, tut mir leid!

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