WAZblog Waz man seinen Lesern eigentlich nicht zumuten sollte …

13. Oktober 2008

Befreiende Worte auf dem Ölteppich

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 21:06

Nach ein paar Tagen WAZ-Abstinenz (ich war einige Zeit im Ausland) überfällt mich die Bildersprache meiner Lieblingszeitung gleich wieder mit voller Wucht – und das schon auf der Titelseite. Nicht nur, dass „die televisionäre Verblödungsmaschinerie in dieser schalen Kölner Show ihren vorläufigen Höhepunkt erlebt“ oder „die kulturpessimistische Welt über die Galle des greisen Büchernörglers jubelt“, es wurde auch „ein reinrassiges Kulturgewächs ans Mikro“ geholt, „das nicht mehr viel zu verlieren hat“. Die schönste Erkenntnis ist aber die folgende: „Abende wie die Fernsehpreisgala sind Verabredungen auf dem Ölteppich eilfertiger Schmeicheleien.“
Ein Ölteppich entsteht normalerweise nach einem Tankerunfall auf dem Meer. Hier entsteht er aber durch Schmeicheleien. Das könnte ich noch verzeihen, wenn diese nicht auch noch eilfertig wären. Und dann kann man sich auch noch auf dem Teppich verabreden. Allerdings als Abend. Nein, als Abend wie. Und so gesehen, ist dann auch „eine Mutmaßung als Wermutstropfen gestattet“.

Im Kommentar auf der Seite 2 kann man dann „eines schweren Hitzschlags bezichtigt“ werden und pleitegehen, obwohl man zumindest nach der neuen Rechtschreibung hätte Pleite gehen müssen.
Das anschließende „Tohuwabohu vor einstürzenden Bankbauten“ will ich noch mal durchgehen lassen, obgleich man sich fragt, warum es nicht nach dem Einstürzen entsteht, aber dass „keine größere Kanone als die mögliche Verstaatlichung“ blieb, „um den Schrecken zu vertreiben“, leuchtet mir nicht wirklich ein. Denn wie soll man mit einer Kanone, mit der man ja sonst gerne auf Spatzen schießt, nun ausgerechnet Schrecken vertreiben?
Vielleicht, indem man den Versuch startet, „aus dem vermeintlichen Scheitern einer neoliberalen Idee politische Süppchen zu brauen“? Kann nicht klappen, weil man Süppchen kocht, während sich vielleicht irgendwas Schlimmes zusammen braut.

Da wundert es nicht, dass wir es auf der Seite 3 mit dem „Zorn des alten Mannes“ zu tun bekommen. Zumal sich MRR anschickte, „den schönen Schein einfach auszuknipsen, als schon mehr als die Hälfte der Aufzeichnung glimpflich über die Bühne gegangen war.“ Ich weiß nicht, wie man einen schönen Schein ausknipst und kenne allenfalls Leute, die glimpflich davon gekommen sind, oder Veranstaltungen, die über die Bühne gehen, aber nichts und niemanden, der glimpflich über die Bühne geht.
Wie auch immer. „,Blödsinn‘ sei all das hier gesehene“, müssen wir weiter lesen, ich vermute aber, dass MRR das Gesehene (Substantiv!) gemeint hat, Literaturpapst, der er ist. Und wenn er dann „hoch empört und in charakteristischer Manier ins Mikro … raunzt“, dann frage ich mich, warum er nicht tief empört ist. Vielleicht, weil seine befreienden Worte auf dem Ölteppich gebraut wurden?

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