„Ruhe und Gelassenheit, das ist die erste Führungsaufgabe“, steht im Kommentar auf Seite 2. Aber nein, das ist es nicht! Vielleicht ist allenfalls die Aufgabe, dergleichen herzustellen …
Wie auch immer – bei mir gelingt das nicht. Oder soll ich ruhig und gelassen bleiben, wenn ich Folgendes lesen muss (Seite 3: „Blumen für die Jubilare)“:
„… aber natürlich kann der Vorsitzende des Ortsvereins nicht fehlen heute abend, nicht in diesen Tagen, es ist ja auch nur ein Stellvertreter im Lande.“ Kann man das irgendwie verstehen? Es kommt aber noch schlimmer: „Und dann erinnert man sich als Reporter, dass in vergangenen Jahren SPD-Ortsvereine schon öfter recht still waren, wenn ganz oben in ihrer Partei krachend was umstürzte – das ist vielleicht Schweigen aus schleichender Gewöhnung. Aber dass sie Witze drüber machen?“ Versteht das jemand? Was ist „schleichende Gewöhnung“? Und überhaupt: Was ist eigentlich gemeint? Ein bisschen später dann noch ein Highlight: „Dann schweift er immer weiter aus in seinem gut sozialdemokratischen Rechenschaftsbericht …“ Schweift er nicht vielleicht eher ab? Oder ist er vielleicht ausschweifend? Warum sagt uns das keiner?
Hier beruhigt uns die WAZ: „Es gibt keine Fragen“. Um uns anschließend direkt wieder zu beunruhigen: „Der Bundesvorsitzende hat sich weggeputscht, die Personalzentrifuge dreht sich weiter …“ Dass mit dem „Wegputschen“ und dass man das nicht mit sich selbst kann, hatten wir gestern schon, und heute haben wir auch noch die Personalzentrifuge. Das Personalkarussell scheint nicht mehr ausreichend zu sein, aber warum die Zentrifuge hier nicht passt, mag jeder selbst nachlesen.
Und dann noch ein paar merkwürdige Kreise. Keine Kornkreise, aber mindestens genauso mysteriös: „… es gibt in unserer Partei Kreise, die wollen nicht geschlossen sein, …“ Irgendwie kann man das verstehen, ich wollte auch nicht geschlossen sein.
Der Artikel endet genauso schlimm, wie er begonnen hat: „Die drei jüngsten Teilnehmer sind schon eine Stunde weg.“ Wo sind die? So weit weg, wie man in einer Stunde fahren kann? Oder was? Wenn indes gemeint war, dass sie seit einer Stunde weg sind, dann hätte man genau das schreiben sollen … Ich jedenfalls bin hin und weg ob dieses kreativen Umgangs mit unserer Sprache.
Bitte umblättern. Auf der Politik-Seite zwei hochinteressante Artikel. In dem Beitrag „Wenn der Münte Agenda-Reden schwingt …“ finden wir „in Frankfurt viele entgeisterte Gesichter.“ Man kann entgeistert dreinschauen, vielleicht findet man sogar entgeisterte Häuser, nachdem ein Ghost-Buster da war. Aber Gesichter …
Vielleicht waren die deshalb so entgeistert, weil die SPD „Agenda-Architekt Steinmeier und ihren ,Moses‘ Müntefering als Krisenmanager einsetzt“. Moses? Bei der Seefahrt ist der „lütte Moses“ der Jüngste und meist auch irgendwie Doofste an Bord. Der 67-jährige Ex- und neue Vorsitzende?
Den Agenda Architekt Steinmeier“ (anstatt den Agenda-Architekten) will ich mir noch gefallen lassen (das sagt und schreibt ja heutzutage eh jeder), so weh das meinen Ohren auch tut. Aber wie im Artikel: „Getroffen, aber nicht gebrochen“ auf derselben Seite dekliniert wird, das geht nun wirklich nicht!! „Schon vor Monaten habe er die Entscheidung getroffen, Frank-Walter Steinmeier als Kanzlerkandidat zu benennen.“ Der Kandidat, des Kandidaten, dem Kandidaten, den Kandidaten. Demzufolge: „… als Kanzlerkandidaten zu benennen.“ Als wen oder was. Grmpflsssmm. Das tut so weh!
Da kann einem der „sturzhafte Rücktritt“ und der Blick der Sozialdemokraten, der „stramm auf die Zukunft gerichtet“ ist, kaum noch was anhaben.
Zum Abschluss noch eine schöne fette Headline auf der Wirtschafts-Seite: „FDP: Sparkassen an WestLB kein Tabu“. Ist das deutsch? Oder mal wieder eine falsch eingedeutschte Redewendung aus französischen Kochbüchern, also wie: „Salat an Bohne“? Hallo! Erde an WAZ: „Wir sind hi-hier!“