Wenn man jemandem einen guten Tipp gibt, dann gibt man ihm einen Fingerzeig. Und wenn gar noch höhere Wesen im Spiel sind, dann mag es sich gar um einen Fingerzeig Gottes handeln. Doch ist das offensichtlich nicht alles, denn „die Kommunalwahl gilt als wichtiger Fingerzeig für die Bundestagswahl“, zumindest laut WAZ-Titelseite.
Zugegeben, das war jetzt ganz schön pingelig, denn warum soll man den Fingerzeig nicht einfach mal umdeuten? Hm, vielleicht, weil eine Kommunalwahl kein Fingerzeig sein kann. Sie kann einen Anhaltspunkt geben oder eine Tendenz zeigen, vielleicht auch ein Stimmungsbarometer sein. Warum muss man bei dieser Vielfalt von sprachlichen Möglichkeiten auf einen nicht passenden Fingerzeig zurückgreifen?
Das Folgende ist es nicht minder pingelig: „Nach dem Rücktritt von OB Fritz Schramma (CDU) scheint die Erfolgsaussicht des gemeinsamen rot-grünen OB-Kandidaten Jürgen Roters gestiegen zu sein.“ Kann eine Erfolgsaussicht steigen? Eine Aussicht kann es schon mal nicht. Aber was machen wir nun mit der Erfolgsaussicht? Lassen wir sie steigen oder nicht? Je mehr ich darüber nachdenke: Besser nicht. Vielleicht sollte sie einfach nur größer werden.
Als nächstes kommt etwas vergleichsweise Einfaches: „Ein Sieg in der größten NRW-Stadt jedenfalls dürfte Symbolcharakter fürs ganze Land entfalten – und Sogwirkung auf Wähler ausüben.“ Natürlich kann man seinen Charakter entfalten (wenn man kann), aber mit dem Symbol davor wird das vergleichsweise schwierig: Etwas bekommt Symbolcharakter, es bekommt eine symbolhafte Bedeutung und hat es demzufolge nicht nötig, noch irgendetwas zu entfalten, geschweige denn einen Charakter. Und die ausgeübte Sogwirkung kann mann sich ohnehin schenken, weil man schreiben könnte, dass ein Sieg wie ein Sog wirkt. Das klingt dann zwar weniger hochtrabend, aber dafür ist es auch weniger – hochtrabend!
Im Seite-2-Kommentar müssen wir dann noch das Folgende lesen: „Seit Wochen zeigen Sozialdemokraten eine erhöhte Interviewbereitschaft, die sich zuletzt in Kritik an der Kanzlerin (Franz Müntefering) niederschlug …“ Tut mir leid, aber eine erhöhte Interviewbereitschaft schlägt sich in überhaupt nichts nieder, am wenigsten aber in Kritik. Das geht einfach nicht.
Und genauso wenig geht, „dass die SPD so früh in die Offensive strebt …“, denn man geht dort hinein, während man vielleicht nach Höherem strebt.
Und dass „… Politiker ihren Wählern das blanke Gefühl vermitteln …“, kann ich mir auch kaum vorstellen, mit der blanken Angst hätte ich da weniger Probleme.
Aber kommen wir endlich zu den Sohlen, die finden wir eine Seite weiter in einem Artikel über Kaugummi auf Bürgersteigen: „… so lange bleibt es kleben, hat Marcus Sonntag erforscht, (wenn es nicht entführt wird unter leisen Sohlen).“ Entschuldigung, man kann sich anschleichen oder sich zurückhaltend geben, dann kommt man auf leisen Sohlen; aber etwas oder jemanden unter leisen Sohlen entführen – das ist einfach Blödsinn!
Auch die „Fotos, die Ekel machen“, fallen unter diese Kategorie. Ekel empfinden wir, es ist ein Gefühl. Und das kann man nicht „machen“! Und Fotos vermögen dies noch weniger, sofern da eine Steigerung möglich ist.
Offenbar sind Steigerungen immer möglich, denn auf der „Menschen“-Seite „… verwandelt sich die Recklinghäuserin in eine aufgetakelte Muckermaus, die unterm Pantoffel eines cholerischen Gatten vom Leben hart geprüft wird.“ Da wir nicht wissen, was eine Muckermaus ist, sollte uns auch nicht stören, dass sie unterm Pantoffel geprüft wird, selbst dann nicht, wenn den der cholerische Ehemann trägt. Und wir sollten weder dem Bild des Mannes nachtrauern, der unterm Pantoffel steht, noch uns Gedanken über Prüfungen machen, die das Leben stellt. Das alles kann schließlich heutzutage wunderbar vermuddelt werden, oder?
Zum Schluss haben wir noch im Sportteil eine schöne Äußerung von Herrn Klinsmann: „Wir haben gegen Barcelona noch einiges zu reparieren“.
So gesehen, hat auch die WAZ gegen ihre Leser noch einiges zu reparieren, damit wir nicht unter der leisen Sohle des Pantoffels geprüft oder gar entführt werden. Ich meine: Hart geprüft werden wir doch sowieso, und zwar jeden Tag, wenn wir die WAZ aufschlagen.