Der Chefredakteur höchstselbst lässt sich herab, seinen Lesern die Welt zu erklären. Ein Essay, „ibergetitelt“ (wie mein Deutschlehrer zu sagen pflegte): „Geschichte ohne Ende“.
Aber was müssen wir da lesen? „Es gibt keine Gesetze der Geschichte (außer dieses).“ Ich habe bei besagtem Deutschlehrer gelernt, dass nach „außer“ der Dativ steht: „außer diesem„. Alles andere tut mir in den Ohren weh.
Doch damit nicht genug. Es gibt noch eine schönen Formulierung am Ende des Artikels: „Und Europa? Pflegt sein ergrünendes Lebensgefühl. Erschöpft sich im Kampf gegen den Klimawandel. Wirkt darüber hinaus seltsam hilflos. Und erstarrt. Wie die Maus vor der Katze.“
Nun möchte man fast mit „Radio Eriwan“ antworten: „Im Prinzip ein schönes Bild. Nur erstarrt nicht die Maus, sondern das Kaninchen. Und das nicht vor der Katze, sondern vor der Schlange.“ Die Schlange kann ja angeblich ihre Beutetiere hypnotisieren, so dass diese in eine Starre verfallen (und daher kommt jenes Sprichwort). Eine Katze vermag das allerdings nicht. Und deshalb haut die Maus schnellstens ab, wenn eine Katze hinter ihr her ist. Es gibt zwar auch ein „Katz-und-Maus-Spiel“, wenn die Katze eine gefangene Maus immer wieder laufen lässt, um sie anschließend wieder zu fangen, aber mit „Erstarren“ hat das nun einmal gar nix zu tun. Darum möge man doch beide Bilder bitte tunlichst auseinander halten! Gerade, wenn man Chefredakteur ist.
Gab es gestern noch die „auseinander klaffenden“ Gehälter, so ist es heute ein „auseinandergehender Trend“, ausgemacht übrigens von unserer Schulministerin, Frau Sommer. Und die muss es ja wissen. Zumal sie das Wörtchen „muss“ in ihrem Interview in jeder zweiten Antwort benutzt. Außerdem will sie Kinder so fördern, „das erste Unterschiede weg sein müssen„. Wie wäre es denn mal mit einer Sprachförderung für Schulminister?
Auf der Politik-Seite zeigt sich unsere Kanzlerin „,tief erschüttert‘ über den Anschlag“, nicht etwa von demselben (wieder einmal „über“ als Universalpräposition). Und im selben Artikel sagt der stellvertretende Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, die „permanente Ignoranz berechtigter Kritik“ an Defiziten des Einsatzes erweise sich als Bumerang. „Und das wird auf dem Rücken unserer Soldaten ausgetragen.“ Wenn man das mal aufdröseln will, dann würde das Folgendes heißen: Auf dem Rücken der Soldaten wird ein Bumerang ausgetragen, der daraus besteht, dass berechtigte Kritik an Defiziten des Einsatzes permanent ignorant ist. Aaaah-ja!
Nach einigen Tippfehlern, die u.a. für eine Geschlechtsumwandlung der SPD-Vorsitzenden sorgen: „NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und Opposionsführer Hannelore Kraft …“ (Subline auf der Politik-Seite), oder aber auch den Unterschied zwischen Singular und Plural aufheben: „… dass vor allem der Auskunftsdienst über Änderungen im Angebot informiert sind“ (Essener Lokalteil) finden wir dann noch eine recht hübsche Formulierung über Hillary Clinton auf einer weiteren Politik-Seite: „Niemand kann ihr vorwerfen, dass sie Barack Obama nur halbherzig unterstützt hat, dass ihre Rede von bösen Hintergedanken durchtrieben war …“ Durchtrieben ist ein Mensch, der raffiniert, gerissen, möglicherweise gar hinterhältig ist, eine Rede mag von bösen oder anderen Gedanken durchsetzt sein. Ansonsten wird die Absicht des Schreibers hintertrieben.
Wie gibt man in html die sogenannten ‚Anführungszeichen‘ unten ein?
Geht wahrscheinlich mit WordPress nicht.
Vielleicht meinte der Journalist, dass ihre (Clintons) Rede von bösen
Hintergedanken ‚durchrieben‘ war. Reibungsverluste. Kommen vor, wenn
die Hintergedanken zu dicht an den Vordergedanken vorbeigehen.
Ich kenne auch noch eine andere Bedeutung von ‚durchtrieben‘. Sie kommt
in einem Text namens „Die Unter-Tagebauern von Katernberg“ vor:
Als wir die Sau unter dem Dorf durchtrieben.
Kommentar by bientexter — 29. August 2008 @ 13:20