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2. April 2009

Unwucht lässt Gegenwind um die Ohren zischen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 19:59

Die „Welt kämpft gegen die Krise“, so titelt die WAZ heute, aber muss das denn gleich dazu führen, dass „Obama … versucht, die Wogen zwischen den krisengeplagten Industrienationen zu glätten“? Kann er nicht einfach nur Wogen glätten?
Und es kommt auch etwas schräg daher, wenn Obama „ohne Vorwurf hinzu(fügte), dass es auch in Europa eine Unwucht zwischen Kontrolle und Kapitalströmen gegeben habe.“ Denn wir kennen eine Unwucht bisher nur von Rädern und dergleichen, oder, wie bei Wikipedia nachzulesen, von „rotierenden Körpern, deren Masse nicht rotationssymmetrisch verteilt ist“. Wie das nun die Kapitalströme und die Kontrolle hinkriegen sollen, werden wir dann wohl nicht mehr erfahren.
Stattdessen müssen wir uns damit auseinandersetzen, dass „die Regierungsvertreter … darüber“ diskutieren, „den Finanzsektor transparenter und robuster zu machen, Steueroasen auszutrocknen und die Kontrolle über die Märkte zu stärken.“ Mal abgesehen davon, dass man hier getrost auf die Universalpräposition hätte verzichten können, da einen Kontrolle der Märkte sicher ausreichend gewesen wäre, stelle ich es mir ausgesprochen schwer vor, Oasen auszutrocknen, da wir sprachlich bisher nur über Erfahrungen verfügen, Sümpfe trocken zu legen. Aber wer weiß, vielleicht gehört das Austrocknen von Oasen demnächst auch zu den anerkannten Sprachbildern. Es steht zu befürchten.
Am Ende des Artikels kommen dann die Globalisierungsgegner noch einmal zum Zuge und „lieferten sich Rangeleien“. Wozu aber normalerweise noch jemand gehört. Sonst könnte ich mir jetzt auch mal schnell eine Rangelei liefern.

Und ich wüsste sogar, mit wem. Denn im Seite-1-Kommentar muss ich lesen, dass „Löw und seinem Team nach einer weiteren Enttäuschung ein scharfer Gegenwind um die Ohren gezischt“ ist. Ein scharfer Wind mag jemandem ins Gesicht blasen, dann hat er mit großem Widerstand zu rechnen, oder jemand hat viel um die Ohren, dann ist er vielleicht gestresst oder er hat viel zu tun, aber diese Kombination aus Gegenwind, Ohren und Zischen ist reichlich daneben.

Daneben finden wir übrigens auch eine Äußerung unseres Arbeitsministers, der laut WAZ „unter anderem die Schaffung von Lehrstellen für Altbewerber fördern und alle Auszubildende absichern“ will. Vielleicht sollte er lieber alle Auszubildenden absichern, aber ob er es dann hinkriegt, dass „auch in diesem Jahr jede und jeder Jugendliche einen Ausbildungsplatz“ erhält, ist eher fraglich. Es soll ja Jugendliche geben, die zur Schule gehen und daher gar keinen Ausbildungsplatz benötigen. Doch darüber kann ein Arbeitsminister im Eifer einer Rede schonmal hinwegsehen.

Auf der WAZ-Extra-Seite sind sehr viele Fotos und wenig Text. Trotzdem kann man dort einigen Unsinn unterbringen. Zunächst eine Ableitung der berüchtigten Koch-Rochade: „Was sie jetzt dazu treibt, ist der brutalst mögliche Bruch von Vertrauen“, und dann, als ob es nicht schon schlimm genug wäre, folgt der Satz: „Dies geschieht, weil Hasadeure maßlose Gier ausleben konnten, weil sie das beste denkbare Wirtschaftssystem bis über die Schwelle des weltweiten Desasters pervertieren konnten (Komma fehlt) ohne dass ihnen jemand Einhalt gebot.“ Da freut man sich fast, dass die Hasadeure keine maßvolle Gier auslebten. Aber wo finden wir die Schwelle des Desasters? Vielleicht in den geglätteten Wogen? Oder zischt uns da gar ein Gegenwind um die Ohren?

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