WAZblog Waz man seinen Lesern eigentlich nicht zumuten sollte …

16. Juni 2009

Mit einem Federstrich radieren

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 19:32

Fürs Schreiben (auf Papier) benutzt man beispielsweise einen Bleistift. Manchmal auch einen Kugelschreiber oder einen Füller. Bevor Letzterer erfunden wurde, nahm man die Feder. Zur Fehlerkorrektur kann man einen Radiergummi benutzen. Das funktioniert aber nur beim Bleistift. Bei der Feder musste man durchstreichen, und das nannte man einen Federstrich. Beide Vorgehen fanden ihren Eingang als Redewendung in die Sprache: So spricht man von „ausradieren“, wenn etwas vernichtet wird oder auch davon, dass etwas „mit einem Federstrich“ abgeschafft wird. So einfach lagen die Dinge bisher. Die WAZ wäre nicht die WAZ, wenn es ihr nicht gelänge, auch hier Verwirrung zu stiften. „Nokia radierte 2300 Jobs in Bochum mit einem einzigen Federstrich aus“, steht im Kommentar auf der Wirtschaftsseite. Möglicherweise werden als nächstes Stellen mit dem Radiergummi gestrichen.
Auch der Satz davor ist nicht schlecht: „Ein Werk wurde geschlossen, Einfacharbeit der Handy-Fertigung verlagert hin zu Billig-Löhnen in Rumänien.“ Fällt es schon schwer, etwas irgendwo hin zu verlagern, so fällt es noch schwerer, es hin zu Billig-Löhnen zu tun. Und was eine „Einfacharbeit“ ist, werden wir wohl auch nicht erfahren. Im Grunde ist also dieser ganze Satz kompletter Unsinn.
Und wo wir gerade bei Unsinn sind, „das ist die Kraft des Ruhrgebiets: Aufstehen, Mund abputzen, weitermachen.“ Nun wüsste man gern, warum sich jemand, der möglicherweise gerade hingefallen ist, ausgerechnet den Mund abputzen sollte. Denn wenn er ins Gras gebissen hätte, könnte er nicht aufstehen. Aber vielleicht gibt es ja auch Leute, die sich nach dem Essen den Hintern abwischen.

Mit Fremdwörtern bleibt’s schwierig: „Vis a‘ vis des alten Landtages, mit Blick auf dessen Park“ ist die originellste Schreibweise von vis-á-vis, die ich in der letzten Zeit gesehen habe.

Und auf der Politik-Seite, in einer Subline, gibt es eine originelle Zeichensetzung: „Ein Fall für den Rechnungshof, und andere Merkwürdigkeiten“.
Im zugehörigen Artikel kann man sich dann noch darüber wundern, dass „das mit viel Getöse 2005 in Kraft getretene Antikorruptionsgesetz vielfach seine Wirlung verfehlt…“

Schade, dass da keiner eine Feder dabei hatte, um das Ganze auszuradieren.

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