„Bislang sind wir immer noch haarscharf von einem Anschlag durch islamistische Terroristen verschont geblieben“, lesen wir heute im Kommentar auf der Titelseite. Dass man haarscharf am Ziel vorbeischießen kann, habe ich durchaus schon gehört, aber wie wird man entsprechend verschont? Vielleicht, indem „unsere ausgezeichneten Ermittler immer einen Schritt schneller sind als die hasserfüllten Islamisten“? Geht auch nicht, denn die Ermittler sollten den hasserfüllten Islamisten lieber einen Schritt voraus sein, oder, wenn sie weniger ausgezeichnet, dafür jedoch zu langsam sind, einen Schritt schneller gehen, um zumindest die Redewendungen haarscharf zu verschonen.
Dafür mögen die hasserfüllten Islamisten dann auch „Kontakt zu alten Personenbeziehungen suchen“, wie uns ein Staatssekretär im nebenstehenden Aufmacher wissen lässt. Wobei ich mich, pingelig wie ich bin, mal wieder frage, was eigentlich alte Personenbeziehungen sind und warum die … äh …, hasserfüllten Islamisten nicht einfach Kontakt zu alten Kumpels suchen. Oder alte Beziehungen wieder auffrischen bzw. aufleben lassen. Aber ich bin ja auch kein Staatssekretär.
Dann noch eine gleichwohl fette wie schmerzhafte Headline auf Seite 3: „Häftling klagte wegen Platzmangel“. Ich weiß ja, dass man heutzutage dem Dativ überall benutzt, weil es immer eine Gelegenheit gibt, ihm anzuwenden. Aber in dem Fall hätte eine Klage wegen Platzmangels bei mir immer noch die besseren Chancen, weil sie nicht so sehr in den Ohren schmerzt.
Schöne Trennungsfehler gibt es heute auch zu besichtigen: auf der Politik-Seite wird im Lukaschenko-Artikel „das kapitalistische Ausland gege- ißelt“ und in der Wirtschaft die „Par- olen“ von Bush, Obama und McCain getrennt.
Kommen wir zum Essener Lokalteil. Hier finden wir einen bisher unbekannten Autor, der „das Motiv in die Literatur eingeführt (hat): die menschlichen Abgründe hinter der glatten Fassade wohlanständiger Bürgerlichkeit“. Wenn Sie jetzt denken, es handele sich dabei um den berühmten Henryk Ibsen, dann liegen sie leider falsch. Laut WAZ heißt dieser Autor nämlich „Hendrik Ibsen“, und das muss ein bisher unbekannter Holländer sein …
Ist aber noch nix gegen den „Lupus“, der in Essen zum Wochenende immer mal sein sprachliches Unwesen treibt (geradezu wölfisch): Da hat zunächst „der Rauswurf von Michael Kaufmann … eine gewaltige Welle ausgelöst“. Welle von was? Danach übertrifft die „bundesweite negative Resonanz … alle Erwartungen“. OK, das ist jetzt nicht wirklich falsch, aber schräg, weil man normalerweise positive Erwartungen hat, die dann übertroffen werden. Doch dann gerät der Kommentar wirklich aus der Kurve: „Dass Berthold Beitz sich nun für den Verbleib von Michael Kaufmann ausspricht und Kurt Masur dem Kuratorium der Philharmonie beitreten will, bedeutet eine völlig neue Dimension innerhalb der peinlichen Debatte.“ Das ist doch komplett unverständlich! Was ist die neue Dimension? Und wieso ist sie innerhalb einer Debatte? Doch es wird noch schlimmer, wenn sich „die einst geschlossenen Lager … zu polarisieren (beginnen)“. Welches Lager polarisiert sich und wie muss man sich diese Polarisierung vorstellen? Zumal ja jetzt noch „die Alarmleuchten zu glühen beginnen“. Weil man nämlich „sehenden Auges … die Karre laufen (ließ)“. Nun mag ja die Karre im Dreck stecken, aus dem man sie rausziehen muss. Und ebenso bekannt ist die Redensart, wonach jemand sehenden Auges in sein Unglück rennt, die Kombination aus diesen beiden Sprachbildern führt die Karre aber leider sehenden Auges in den sprachlichen Dreck, aus dem sie keiner mehr rausziehen kann.
Und nun kommt leider auch noch das „Fazit: Kulturpolitik und Aufsichtsrat haben versagt, Kaufmann nicht … disziplinieren zu können.“ Da hat nun leider der Autor bei der doppelten Verneinung versagt, uns nicht richtig informieren zu können, denn sonst hätte er geschrieben, dass die genannten Institutionen dabei versagt haben, Herrn Kaufmann zu disziplinieren.