Interessante Wortneuschöpfung heute auf Seite 3, im Artikel über den Rücktritt von Evonik-Chef Werner Müller: „Den Atomausstieg hat Müller als Minister gedingelt …“ Nur – was ist damit gemeint? Hat vielleicht was mit „Ding“ zu tun oder auch mit „Dengeln“, was wiederum was mit Mähen zu tun hat. Nur: was hat das alles mit dem Atomausstieg zu tun?
Aber wenn wir bei der WAZ schon mal dabei sind, dann legen wir auch gleich richtig los: zunächst ist die Rede davon, den „Konzern börsenfein zu machen und aufs Parkett zu schieben“ zumal sich der Müller „nach dem Studium von Philosophie und Linguistik … auch gern selber reden hört.“ (Vorher nicht? Und wann genau hat das angefangen: direkt nach dem Studium?) Interessant sind auch die „Satzungen, die über Gremienvorbehalte seine Kreise stören“. Wieder frage ich mich, wie das gehen soll. Wie stören Satzungen über Gremienvorbehalte irgendjemandes Kreise?
Ganz zu schweigen von den „Hintergrundrunden“, in denen er „mit Journalisten sein Projekt Alpha für die Öffentlichkeit“ vorbereitete. Allerdings: „Von solchen Alleingängen getrieben, rumpelte Alpha über die Startlinie“.
Auch im Sportteil mal wieder grandiose Erkenntnisse: Den „Flug durch das Pekinger Vogelnest“ kann man ja vielleicht noch verzeihen, denn das Stadion heißt ja nunmal so – haha! – aber dass sich „Supermann I … mit Kyptonit gestärkt“ habe, muss jeden Comicfan entsetzen: schließlich ist Kryptonit das Einzige, was dem ansonsten unverwundbaren Superman etwas anhaben kann – also das genaue Gegenteil von „Stärkung“ (kleine Erläuterung für Nicht-Comicleser).
Anschließend finden wir einen klassischen Beziehungsfehler: Die Rede ist von Tobias Unger, welcher Bolt beim Warmlaufen beobachtet. „In Badehose und Jogginghose sei er gekommen … er habe eine Steigerung und seinen Probestart gemacht“ (Hä?) „und sei dann 9,92 Sekunden über 100 Meter getrabt.“ Und dann geht’s direkt weiter: „Für ihn sei das eine Riesenverarschung“. (Gemeint ist Unger, aber der Satz bezieht sich eindeutig auf Bolt.)
Danach noch ein schöner Tippfehler (bin mir mal wieder nicht sicher, ob es wirklich einer ist): „In Jamaika steht es mit dem Kampf gegen den Manipulation im Sport nicht zum Besten“.
Am Rande erwähnen sollte man vielleicht noch, dass sich Bolt „den Weg nach oben geebnet“ hat (also ist es jetzt eben oder oben?), aber deutlich besser ist dann noch die Nachricht, dass bei den Frauen „nur Läuferinnen von der 2,8 Millionen-Einwohner-Insel auf dem Podium“ standen. Wo standen die, bitte? Nein, nicht auf dem Siegertreppchen oder auf dem Podest. Und wenn uns das richtige Wort nicht einfällt, dann nehmen wir einfach das nächstbeste Wort mit „P“. Podium hin – Podest her, das merkt doch eh keiner!
Da „krempelt sich vermutlich der Magen um“, wie im Kommentar eine Spalte daneben zu lesen ist. Dabei wäre der fast fehlerfrei nach Hause gebracht worden, wenn man einfach nur die übliche, wenn auch wenig originelle Formulierung genommen hätte, wonach sich der Magen nun mal umdreht. Aber das war wohl wieder nicht blumig oder kräftig genug, da musste dann das „Krempeln“ her.
Man kann sich die Ärmel aufkrempeln, man kann auch ein Leben oder die Gesellschaft umkrempeln, aber den Magen? Und der auch noch sich selbst?
Zum Abschluss unserer heutigen Blütenlese noch eine kurze Nachricht in voller Länge. Oder besser: Eine Nicht-Nachricht. Wäre ich jetzt WAZ-Journalist, würde ich wahrscheinlich „Nichtricht“ schreiben, haha. Hier ist sie:
„LKA sprengte Pikrinsäure
Essen. Der Kampfmittelräumdienst des Landeskriminalamts hat getrocknete Pikrinsäure aus einer Essener Apotheke gesprengt. Wie die Polizei mitteilte, rückte das LKA wenige Stunden nach dem Hinweis der Apotheke an. In der Apotheke werden dringend benötigte Arzneien für ein Krankenhaus hergestellt. Die Beamten hoben am Dienstag auf einem angrenzenden Grüngelände eine Grube aus und sprengten die Substanz.“
Soweit die Meldung auf der Seite Rhein-Ruhr. Wer kann mir erklären, was da passiert ist? Hat das irgend jemand verstanden? Ist da draußen wer? Hallo? Manchmal fühle ich mich so allein …