WAZblog Waz man seinen Lesern eigentlich nicht zumuten sollte …

19. Juni 2009

Gegen etwas siegen, für alles wappnen, auf die Trommel hauen und bei Tische sitzen

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 19:54

Komisch, sonst nehmen sie so gern „über“. Und wenn es mal angebracht wäre, dann benutzen sie „gegen“. So heute im Seite-2-Kommentar: „Es siegte die praktische Vernunft gegen die Sorge, dass einen Hintertür für die Sterbehilfe geöffnet wird.“

Mit den Präpositionen geht es heute ohnehin ein bisschen durcheinander: „Beschäftigte und Kunden des Traditionshauses müssen sich für alles wappnen“, so steht es im Wirtschaftskommentar, dabei wäre hier nun wieder die Präposition von der Seite 2 angebracht gewesen, denn man wappnet sich gegen etwas.

So würde man sich auch bestimmt gern gegen bestimmte Formulierungen wappnen, denn nach dem Umblättern „haut Verdi auf die Trommel.“ Wirklich schade, dass Verdi nicht auf die Pauke haut oder die Öffentlichkeit aus dem Schlaf trommelt, denn dann wären die Redensarten wieder einigermaßen sortiert.
Egal, Hauptsache: laut, denkt da der durchschnittliche WAZ-Redakteur und schreibt weiter: „Damit sitzt ein Mann mit grünem Parteibuch als stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsgremiums bei Tische …“ Bei Tische sitzen hat etwas mit Essen zu tun, denn sonst würde man einfach mit am Tisch sitzen; und das Ganze hatten wir schon einmal, was mich in der Auffassung bestärkt, dass WAZ-Autoren gern von einander abschreiben.

28. Mai 2009

Die Spekulation schlug auf, nachdem sich die Dinge kompliziert haben

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:57

Man glaubt es nicht, aber „Mittwoch früh schlug im Opel-Aufsichtsrat die Spekulation auf …“ wie man auf der Wirtschaftsseite lesen kann. Man kann eine Seite in einem Buch aufschlagen, ggf auch ein Ei, meinetwegen mögen sogar irgendwelche skurrilen Typen irgendwo aufschlagen – die Spekulation kann höchstens eingeschlagen sein, vielleicht sogar wie eine Bombe.
Ein paar Absätze weiter ist „Bemerkenswert: Der chinesische Autobauer BAIC, der sich überraschend noch am Vortag als Interessent gemeldet hat, sitzt nicht bei Tische.“ Vielleicht war am Tisch kein Platz mehr? Oder ist den Autoren dieses Artikels vielleicht plötzlich der Struwwelpeter bzw. der Zappelphilipp in den Sinn gekommen? „Ob der Philipp heute still wohl bei Tische sitzen will“, heißt es dort, und wenn man als Kind mit solchen Versen gequält wurde, kann es durchaus sein, dass man im späteren Journalistenleben plötzlich mit solchen Erinnerungen konfrontiert wird. Doch anstatt das auf diese Weise zu bearbeiten, sollte vielleicht doch lieber um professionelle Hilfe nachsuchen.

Muss ich vielleicht auch, wenn ich weiter solches Denglisch lesen muss wie auf der Kulturseite: „Man muss später nicht mal seinen Namen erinnern.“ Hallo? Wir leben in Deutschland! Und da muss man sich an einen Namen erinnern! Hier können wir nicht einfach etwas erinnern, das kann man nur in englischsprachigen Ländern. Im Deutschen müssen wir uns, ich mich, er/sie/es und auch man sich an etwas erinnern. Bitte erinnert das beim nächsten Mal!
Und bei der Gelegenheit auch daran, dass wir ein Genitiv-S benötigen. Nun gut, bei der kleinen Überschrift im Kasten neben dem Artikel gibt es schon ein „s“: „Wenders Entdeckung“. Aber dann muss man für das weggelassene Genitiv-S wenigstens einen Apostroph setzen. Apostroph! Nehmen wir doch sonst immer so gern! Und hier könnte man ihn einmal völlig zu Recht und im Einklang mit der Rechtschreibung einsetzen! Wenders‘ Entdeckung! Geht doch! Oder hat’s weh getan?

Da tut doch weher, was auf der Seite „Gesellschaft“ über den italienischen Staatschefs zu lesen ist: „Und seit diesem Interview sind Tage vergangen, in denen sich die Dinge für den Regierungschef noch mehr kompliziert haben“. Entweder haben sich die die Dinge verkompliziert oder sie sind komplizierter geworden.
Aber möglicherweise ist ja gerade eine Spekulation aufgeschlagen und hat die Dinge kompliziert, so dass man das alles bei Tische nicht mehr erinnern kann …

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