WAZblog Waz man seinen Lesern eigentlich nicht zumuten sollte …

20. Dezember 2008

Asymmetrische Gefahren

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 18:19

Tja, was sind “asymmetrische Gefahren”, von denen wir im Kommentar auf Seite 2 lesen müssen? Wohl das Gegenteil von symmetrischen. Aber werden wir dadurch schlauer? Also: Symmetrische Gefahren kommen vermutlich von beiden Seiten, also symmetrisch. Demzufolge die asymmetrischen nur von einer. Und sind sie dann schlimmer? Kann eigentlich nicht sein…
Vielleicht werden wir klüger, wenn wir uns das Ganze mal im Zusammengang anschauen: „Gerade die Piraterie am Golf von Aden … führt deutlich vor Augen, welche asymmetrische Gefahren die Welt bedrohen.“ Es wird nicht klarer, denn jetzt müssen wir auch noch die Piraterie damit vermuddeln, die uns das alles vor Augen führt. Und auch noch deutlich. Tut mir leid, aber mir wird hier nichts deutlich. Und erst recht nicht vor Augen geführt.
Dabei schien ein paar Zeilen zuvor alles noch so einfach, denn „gegen den Einsatz … lassen sich im Grundsatz keine Argumente einwenden.“ Obwohl ich hier auch wieder meckern muss. Denn (mal abgesehen vom „im Grundsatz“:) wenn man Argumente hat, dann lassen sie sich auch einwenden. Nur wenn man keine hat, kann man nichts einwenden. Also ist es entweder so, dass sich nichts einwenden lässt oder aber, dass sich keine Argumente finden lassen.
Und all das „strapaziert das Selbstverständnis vieler Deutscher in schwer erträglicher Weise“. Das ist schlimm! Warum konnte es nicht in leicht erträglicher Weise strapaziert werden?

Auf der Wirtschaftsseite haben wir’s wieder mit den Schirmen: „Über 50 Milliarden in WestLB-Schirm“, heißt es in einer Headline. Ein völlig neuer Artikel in der Produktpalette, dieser WestLB-Schirm, weil hier sogar Milliarden hineinpassen! Andererseits scheint er nur eine Weiterentwicklung zu sein, denn er ist „der zweite Risikoschirm für die WestLB“. Und damit „ähnlich wie beim ersten Rettungsschirm“, wie wir ein paar Zeilen später erfahren.
Bin echt gespannt, welche Schirme im Rahmen der Finanzkrise noch erfunden werden. Bisher hatten wir zunächst den Sicherheitsschirm, aus dem wurde der Rettungsschirm (nebst Banken-Rettungsschirm und WestLB-Schirm), nun gibt es schon den Risikoschirm, nur die von mir vorgeschlagenen Panik– und Klimaschirme hat noch keiner erfunden.
Dafür erfährt man aber endlich, wozu diese Dinger gut sind: „So sagte Andreas Pinkwart (FDP), die Abschirmung dieser Papiere sei Sache des … Bundes“. Allerdings ging es bei dieser Äußerung darum, bestimmte Papiere abzusichern, abschirmen ist leider wieder etwas ganz anderes: Personen z.B. kann man abschirmen, damit keiner an sie herankommt. Wer wollte also Papiere abschirmen? (Außer einem Pinkwart, vielleicht.)

12. Dezember 2008

Drohungen im öffentlichen Raum und der Klimakredit

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 23:49

Was macht man mit einem Fazit? Man zieht es. Jedenfalls normalerweise. Nicht so bei der WAZ. Im Kommentar auf der Titelseite wird folgendermaßen damit umgegangen: „Die soziale Herkunft ist entscheidend, lautet das Fazit, das über all diese Pisa-Vera-Iglu-Studien gelegt werden kann.“ Von jetzt ab also wird ein Fazit nicht mehr gezogen, sondern drüber gelegt.

Und was machen wir mit Geschichten? Wir lesen sie oder lassen sie uns erzählen. Was machen Geschichten mit uns? Sie beeindrucken uns, lassen uns kalt, rühren uns an, ergreifen uns und dergleichen. Die WAZ findet im Kommentar eine ganz neue Variante: „In den Augen des Zuschauers wird das Schicksal Ewerts zur Geschichte. Die mag einen aus Betroffenheit angehen oder abstoßen.“ Das müsste ich eigentlich in meinen aktiven Sprachschatz übernehmen: „Ey, deine Geschichte geht mich jetzt echt an. Aus Betroffenheit oder so.“ Aber glücklicherweise geht mich das nichts an.
Um so mehr das Folgende: „Es laufen jeden Tag barbarischere Bilder im Fernsehen: Spektakulär inszenierte Tode in Spielfilmen, die zu Nachahmungen anregen könnten.“ Wer weiß, nachher werde ich noch von Toden zur Nachahmung angeregt. Oder von Spielfilmen.

Auf der Seite 2 spricht aber auch der Bundesumweltminister, und hoffentlich regt er nicht zur Nachahmung an: „Wer mit faulen Krediten handelt, verliert am Ende Billionen Euro und Dollar. Und der faulste Kredit, mit dem wir weltweit handeln, ist der Klimakredit.” Toll, Gabriel! Super den Bogen geschlagen von der Finanzkrise zum Klimawandel! Ich wüsste da noch ein paar schöne Wörter, die man zusammenpappen kann, um nichtvorhandene Zusammenhänge herzustellen: Wie wäre es denn mit „Finanzwandel“, „Krediterwärmung“, oder – ja, jetzt hab ich’s! – das wird Furore machen: Der Klimaschirm!

Wo wir gerade bei Politikern sind: Der Seehofer kann laut WAZ (Politik-Seite) auch was Tolles: „Danach stellte er die Drohung in den öffentlichen Raum…“ Das muss ihm erst mal einer nachmachen, denn der öffentliche Raum ist eine ziemlich klar definierte Gegend in Städten und Gemeinden. Da hinein Drohungen zu stellen, ist gar nicht so einfach. Aber vielleicht stellte er seine Drohungen auch einfach nur in den Raum, wie es die Redensart empfehlen würde, selbst dann, wenn er es öffentlich tat.
Doch Seehofer kann noch mehr: „Zeitgleich biss der CSU-Chef in einem Zeitungsinterview zu, in dem er die Kanzlerin zu einem größeren Konjunkturpaket zu nötigen suchte…“ Neben den vielen „zus“ interessiert mich dabei, ob er zubiss, indem er zu nötigen suchte, oder ob er in dem Interview zubiss.

Aber auch andere Politiker können was. Unser Ministerpräsident zum Beispiel: „Rüttgers könnte auch Bundeskanzler“, verrät uns eine fette Headline. Nach meinem Dafürhalten fehlt jetzt noch ein Verb. „Sein“ fiele mir da ein, oder auch „spielen“. Ja, selbst „beißen“ oder „anmalen“ würde ich billigend in Kauf nehmen, ginge doch bloß der Satz sinnvoll zu Ende. Aber nichts dergleichen. Selbst im laufenden Text gibt es keine Aufklärung: „Er könnte auch Bundespräsident oder Bundeskanzler.“ Ja, sagt man denn so was heutzutage? Dann könnte ich glatt Journalist!

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