WAZblog Waz man seinen Lesern eigentlich nicht zumuten sollte …

28. September 2009

Unüberhörbares Grummeln vorläufig herunterschlucken

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 20:38

… und anschließend wieder hochwürgen? Nach überstandenen Wahlen scheinen Journalisten immer gern besonders blumig zu schreiben. Das beginnt heute schon auf der Titelseite. Allerdings erst nach einem kleinen Rechtschreibfehler incl. Deppenleerzeichen: „‚Ein Weiter so kann es nicht geben‘ hieß es in der Parteizentrale.“ Demnach kann es so ein Weiter nicht geben. Wenn ein „Weiter-So“ gemeint gewesen wäre, hätte man es auch so schreiben müssen.
Gegen Ende des Artikels erfahren wir dann, dass Grüne und Linke „nach ersten Analysen massiv in die sozialdemokratische Wählerschaft eingebrochen“ sind. Aber mit dem Einbrechen ist das so eine Sache. Denn auch, wenn z.B. die deutschen Exporte wegen der Krise eingebrochen sind oder die Aktienkurse im DAX, muss das für die Wählerschaft nicht unbedingt stimmen. Und selbst, wenn wir das verzeihen wollten, so ist ja laut WAZ nicht die Wählerschaft eingebrochen, sondern die Grünen und die Linken, und zwar in dieselbe. Und das ist ein noch größerer Blödsinn.

Doch ist das erst der Anfang. Nach dem Umblättern ist es den Linken „offenkundig gelungen, von links nachhaltig in die sozialdemokratische Stammwählerschaft einzubrechen, während von rechts eine sozialpolitisch zuletzt sehr moderate Union nagt.“ Auch nicht schlecht.

Auf der Politik-Seite geht indes „das Ergebnis wie eine gewaltige Welle auf die Wartenden in der CDU-Zentrale nieder“, was normalerweise einem Gewitter vorbehalten bleibt, während eine Welle eher bricht.
Soll man das kritisieren? Nein, man macht es besser wie diese hier: „Potenzielle Herausforderer und Kritiker schlucken ihr unüberhörbares Grummeln über den erneuten Aderlass der Union vorläufig herunter …“ Das ist fein.

Im Artikel darunter lesen wir vom Aufstieg des Parlamentarischen Geschäftsführers der Unionsfraktion zum Kanzleramtsminister: „Der 44-Jährige würde dort den Faden von Thomas de Maizière aufnehmen …“ den er dort verloren hat? Oder welcher Faden ist gemeint? Vielleicht der, mit dem man den Pullover de Maizières aufribbeln kann? Nein, jetzt ist es klar: Den der rollenden Köpfe vom 9. September!

9. September 2009

Da rollten die führenden Köpfe

Filed under: Allgemeines — msteinmen @ 19:59

Heute wird es recht blumig, denn die Kommentatoren und Leitartikler von der Seite 2 bemühen sich wieder einmal um eine besonders bildreiche Sprache. Und wie so oft, geht es auch diesmal schief.

So lesen wir im Kommentar: „General Motors behält die Stieftochter Opel und verzichtet kühl auf die Milliarden-Mitgift, die Berlin ausschließlich dem Zulieferer Magna mit auf die Brautschau gegeben hat.“
Moment mal! Da scheint ein kleines bisschen durcheinander geraten zu sein. Wer bringt normalerweise die Mitgift? Richtig: die Braut! Also die Tochter, selbst wenn sie die Stieftochter ist. Und wer geht auf Brautschau? Auch richtig: der Bräutigam! Also ein wirklich treffendes Bild! Nur ist es im vorliegenden Fall dann wohl eher so, dass die (Stief-)Mutter der Braut während der Bräutigamschau auf die Mitgift des Bräutigams verzichtet. Aber der Rest stimmt.

Was man von folgender Formulierung aus dem nebenstehenden Artikel nicht sagen kann: „Fast deckungsgleich rollten die führenden Köpfe der großen Koalition… “ Was ist denn da passiert? fragt man sich unwillkürlich. Werden führenden Koalitionäre rausgeschmissen? Doch Halt! Der Satz geht ja weiter: „… ihre roten Afghanistan-Fäden aus…“ Wird aber dadurch auch nicht viel besser. Denn so schön es ist, wenn man in einer Rede einen roten Faden erkennen kann, so schwierig ist es, ihn deckungsgleich auszurollen, und von einem „Afghanistan-Faden“ hat man ohnehin noch nie gehört.
Fast ebenso selten hat man davon gehört, dass eine Rede „voll mit Lob und Preis für Merkel getränkt war“, wie man im nächsten Absatz lesen kann. Vielleicht war die Rede ja mit Lobpreisungen voll, aber selbst dann ist das mit dem Tränken so eine Sache.
Wie auch übrigens die Behauptung, „dass die Bundeswehr in Afghanistan … die Sicherheit in Deutschland befördere“, denn wenn schon, dann müsste es heißen, dass die Bundeswehr die Sicherheit von Afghanistan nach Deutschland befördere. Aber angesichts der jüngsten Vorkommnisse wäre uns wohl lieber, wenn sie dort bliebe – wenngleich ich fürchte, dass der Satz so gar nicht gemeint war.

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